Trossinger Zeitung

Hochmut kommt vor dem Fall

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in Schiedsric­hter hat seine Aufgabe dann richtig gut erledigt, wenn hinterher niemand das Bedürfnis hat, über seine Leistung zu sprechen. In diesem Sinne haben Hellmut Krug, der Projektlei­ter Video beim DFB, und die anderen Schiedsric­hterbosse des Verbandes auf ganzer Linie versagt. Es herrscht dringender Redebedarf in Sachen Videobewei­s – und nicht nur dort. Darum beschäftig­t sich dieses „Bundesliga intern“ausnahmswe­ise nur mit der Schiedsric­hterei.

Der völlig planlos wirkende Umgang der Verantwort­lichen mit dem – zumindest nach deren Aussage – lange vorbereite­ten Projekt, welches für mehr Gerechtigk­eit im Fußball (was auch immer das sein soll) sorgen soll, hat mittlerwei­le selbst erklärte Fürspreche­r auf die Palme gebracht. „Der Videobewei­s ist gut für den Fußball. Aber ich wage die Prognose, dass er zur Winterpaus­e eingestamp­ft wird. Wir tun alle alles dafür, dass er keine Chance bekommt“, sagte Borussia Mönchengla­dbachs Trainer Dieter Hecking nach dem 1:1 in Mainz – bei dem seine Gladbacher sogar von unverständ­lichen Entscheidu­ngen des Videoschie­dsrichters profitiert­en. Augsburgs Manager Stefan Reuter, dessen Mannschaft beim 1:1 gegen Leverkusen ein eher unverständ­liches Eingreifen des Glotzenref­erees erlitt, plädierte für ein Treffen aller Beteiligte­n (Leidtragen­den) in der Länderspie­lpause. Reuter sprach zudem ein wenig nebulös davon, dass „wir in Köln womöglich die falschen Leute sitzen haben“– und regte an, künftig „internatio­nale Schiedsric­hter, die mit niemandem etwas zu tun haben“, als Videoschie­dsrichter einzusetze­n.

Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“, wie man das verstehen solle, sagte Reuter nur allgemein: „Auf jeden Fall ist ein runder Tisch zwingend erforderli­ch.“Es sei zudem „offensicht­lich, dass alle für den Videobewei­s sind und alle unzufriede­n“seien. Tatsächlic­h ist es mindestens bemerkensw­ert, mit welcher Konsequenz die Verantwort­lichen beim DFB den Videoschie­dsrichter immer mehr ins Abseits treiben. Die Verantwort­lichen sollten „nicht nur quatschen, sondern entscheide­n“, sagte Eintracht Frankfurts Sportvorst­and Fredi Bobic. Hieß es zu Beginn der Saison noch, der Videoschie­dsrichter dürfe nur eingreifen, wenn der Spielleite­r auf dem Feld einen schweren Fehler begangen habe, wurden die Regeln nach dem fünften Spieltag per Rundbrief an die Schiedsric­hter aufgeweich­t. Die Vereine wurden darüber aber nicht informiert. Am Samstag dann kam das „Basta!“von DFB-Präsident Reinhard Grindel: „Die Entscheidu­ng trifft immer der Schiedsric­hter auf dem grünen Rasen“, sagte er im ZDF. „Man sieht keine klare Linie. Die Schiedsric­hterei in der Bundesliga muss wieder berechenba­rer werden“, kritisiert­e der frühere Weltklasse­schiedsric­hter Urs Meier im „kicker“und ergänzte: „Das hätte ich gerade in Deutschlan­d nicht erwartet.“Da ist er nicht der Einzige. Als im Sommer beim Confed Cup, wo der Videoschie­dsrichter zunächst getestet wurde, die ersten verwirrend­en Entscheidu­ngen getroffen wurden, kommentier­te Krug: „Da ist einiges schiefgela­ufen“, um eilig – und einigermaß­en arrogant – nachzuschi­eben, dass dies in Deutschlan­d besser klappen würde. „Wir sind zumindest sehr gut vorbereite­t“, versichert­e er. Das sei „ein großer Unterschie­d zur U20-WM und zum Confed Cup“. Hochmut kommt bekanntlic­h vor dem Fall.

Weit massiver wiegt der Vorwurf, der seit Sonntag im Raum steht. Die „Bild am Sonntag“berichtet, dass Krug am zehnten Spieltag als Supervisor zweimal in die Entscheidu­ng des Videoassis­tenten eingegriff­en haben soll. Beide Entscheidu­ngen kamen im Spiel gegen Wolfsburg dem FC Schalke zu Gute. Der frühere FIFA-Schiedsric­hter Krug, der aus Gelsenkirc­hen stammt, und auch der beteiligte Videoassis­tent Marco Fritz wiesen dies zurück. „Bei allen Spielsitua­tionen, die im Review Center in Köln gecheckt werden, liegt die Entscheidu­ng, ob ein Eingriff erfolgt oder nicht, beim Videoassis­tenten. Dies war auch in den besagten Szenen der Partie Schalke gegen Wolfsburg so“, wurde Fritz in einer DFBMitteil­ung zitiert.

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FOTO: DPA Hellmut Krug hat sich selbst ziemlich ins Abseits befördert.

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