Ein Beitrag zum Reformationsjubiläum
Martin Luther & Thomas Münzer oder: Die Einführung der Buchhaltung
TUTTLINGEN (sz) - 1517 bis 2017: 500 Jahre Reformation. Als Beitrag zu diesem bedeutenden Jubiläum bringt die Stadthalle Tuttlingen am Mittwoch, 22. November, um 20 Uhr das Schauspiel „Martin Luther & Thomas Münzer oder: Die Einführung der Buchhaltung“auf die Bühne. Im Mittelpunkt des 1970 in Basel uraufgeführten Dokudramas stehen die Mechanismen der Macht.
In spannenden Handlungssträngen werden die Lebensstationen Martin Luthers denen der Entscheidungsträger der Epoche (Kaiser, Papst, Kurfürsten) gegenübergestellt, die Luthers Lehre für ihre wirtschaftlichen und machtpolitischen Ziele missbrauchen. Drahtzieher im Hintergrund ist Jakob Fugger, in dessen Bankgeschäfte alle eher mehr als weniger verstrickt sind .
Es geht also um die Verflechtungen von Kirchengeschichte, Politik und Wirtschaftsgeschichte zur Zeit der Reformation, um Bankenkrisen, Staatsbankrotte und um den jede Solidarität ausschließenden modernen Kapitalismus der Wirtschaftswelt.
Am Beginn der Geschichte der Neuzeit, in den Jahren 1514 bis 1525, ist die Welt von Grund auf in Bewegung geraten. Die Reformation hat die Welt verändert. Zu den bestimmenden Figuren der Epoche gehören Martin Luther, Thomas Münzer, Jakob Fugger, Bischof Albrecht von Brandenburg und Kurfürst Friedrich von Sachsen, allesamt Menschen im Netz der Macht.
Es geht um die Verflechtungen von Kirchengeschichte, Politik und Wirtschaftsgeschichte zur Zeit der Reformation. Die Auswirkungen beschränken sich nicht nur auf das theologische Denken, sondern gehen weit über den kirchlichen Raum hinaus, betreffen ebenso Wissenschaft, Kultur, Bildung, Musik, Kunst, Justiz, Wirtschaft, Sprache und Schulwesen. Kaum ein Lebensbereich wurde – nicht nur in Deutschland – durch die von der Reformation ausgehenden Impulse verändert.
Im Reformationsjahr 2017, 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag in Wittenberg, nähern sich die Schauspielbühnen in Stuttgart (Altes Schauspielhaus) und das Euro-Studio Landgraf mit der gemeinsamen Produktion des Dieter-Forte-Stücks zwei deutschen Protagonisten der Reformationsbewegung an: Martin Luther und Thomas Münzer.
Seit seiner Uraufführung 1970 in Basel hat dieses große dokumentarische Theaterstück mehr als vierzig Inszenierungen in zehn Ländern erlebt. In „Martin Luther…“collagiert Forte Originaltexte, montiert fiktive Texte in authentische Szenen und Situationen und beleuchtet die historische Rolle des großen Reformators Luther unter den Aspekten von Herrschaftsstruktur, Manipulation und Machtmissbrauch. Heraus kommt ein sehr heutiges und immer noch aktuelles Porträt der Reformationszeit, deren Mechanismen erschreckend an unsere Gegenwart erinnern – oder wie Forte es formuliert: „Die Verkleidungen wechseln, die Machtstrukturen bleiben die gleichen“.