Kretschmann begrüßt Grünen-Schwenk
Baden-Württembergs Regierungschef verteidigt Rückzieher beim Klimaschutz
STUTTGART/BERLIN - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist erleichtert über die Gesprächsbereitschaft seiner Partei in der Klimapolitik. „Man muss auch Kompromisse machen – jeder muss auch mal nachgeben, sonst kommen wir in den Verhandlungen nicht voran“, sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart über die Jamaika-Sondierungsgespräche in Berlin. Grünen-Chef Cem Özdemir hatte zuvor signalisiert, dass seine Partei nicht länger auf den Termin 2030 für das Ende des Verbrennungsmotors beharren werde – das hatte Kretschmann schon lange gefordert. Auch beim Kohleausstieg zeigten die Grünen Entgegenkommen. Es sei Zeit, „Brücken zu bauen, damit wir vorankommen“, sagte Kretschmann. Er nehme bei den Sondierungen zwischen Grünen, Union und der FDP bei allen Beteiligten „einen konstruktiven Willen wahr, auch voranzukommen“.
Kretschmann war ohnehin dagegen gewesen, sich für das Verbot von Verbrennungsmotoren auf ein konkretes Jahr festzulegen – damit konnte er sich in seiner Partei aber bisher nicht durchsetzen. Seine bisherige Haltung wiederholte Kretschmann nun. Es gebe nur etwa 45 000 E-Autos in Deutschland, aber 45 Millionen Wagen mit Verbrennungsmotoren. Wegen der geringen Zahl der Stromer sei es „nicht der richtige Zeitpunkt, um eine so weitgehende ordnungspolitische Ansage zu machen“.
Die Ravensburger Grünen-Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger, Unterhändlerin bei den Sondierungen, wies aber darauf hin, dass man grüne Positionen nicht aufgegeben habe. „Wir haben nichts einfach so abgeräumt, sondern in den Sondierungen unsere Hand zu einem möglichen Kompromiss ausgestreckt“, sagte Brugger der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Jamaika-Verhandler haben die Gespräche intensiviert. Schon am Freitag wollen sie erste Ergebnisse haben. Bis Ende kommender Woche sollen die Sondierungen komplett abgeschlossen sein. Die CDU will sie bei ihrer Vorstandsklausur am 16./17. November besprechen, die Grünen am 25. November auf ihrem Parteitag.
MÜNCHEN (KNA) - Die Münchner Politikwissenschaftlerin Ursula Münch vermisst eine verbindende Vision für eine Jamaika-Koalition in Berlin. Aus ihrer Sicht wäre die Bekämpfung von Fluchtursachen eine mögliche Priorität, auf die sich Union, Grüne und FDP einigen könnten, sagte Münch beim „Gesellschaftspolitischen Forum“des Landeskomitees der Katholiken in Bayern. Als ein Problem der Sondierungsgespräche benannte Münch einen „Absolutismus im Denken“. Dieser rühre daher, dass die beteiligten Parteien eine „unheimlich einfordernde Wählerschaft“hätten. Als ein weiteres Risiko markierte die Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, dass es sich bei Jamaika um ein „westdeutsches Format“handle. Die Partner liefen Gefahr, nur Politik für ihre eigene Klientel zu machen, was die Gegenkräfte im Osten Deutschlands weiter verstärken würde.
Kretschmann will im Dienst elektrisch fahren
STUTTGART (lsw) - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann will einem Zeitungsbericht zufolge im kommenden Jahr auf einen Dienstwagen mit ElektroAntrieb umsteigen. „Wir arbeiten daran, dass der Ministerpräsident künftig ein Battery Electric Vehicle aus Baden-Württemberg nutzen kann, denn das Hybrid-Auto, das er derzeit benutzt, ist wegen der vergleichsweise geringen elektrischen Reichweite nur eine Übergangstechnologie“, sagte ein Sprecher des Staatsministeriums der Online-Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die Landesregierung hatte im Sommer einen Strategiedialog mit den Autobauern initiiert. Kretschmann hatte zum Auftakt gesagt: „Die Automobilwirtschaft erlebt gerade den tiefsten Umbruch ihrer Geschichte.“Für Baden-Württemberg als wichtiger Standort der Automobilindustrie stehe dabei viel auf dem Spiel. Zweck des Strategiedialogs ist es, über moderne Verkehrskonzepte zu beraten. Dabei geht es auch um Elektromobilität.