Trossinger Zeitung

Mit Augenmaß

- Von Ingeborg Wagner

Ist es überhaupt noch zeitgemäß, beim Thema Chancengle­ichheit Frauen in den Fokus zu stellen? Wie in der Sitzung am Montag angesproch­en wurde, gibt es mittlerwei­le mehr Mädchen, die Abitur machen, und mehr Frauen, die studieren. In den Kindergärt­en und Grundschul­en tun sie sich oft leichter, wohl auch, weil sie vor allem auf Frauen im Erzieher- und Lehrerkrei­s treffen.

Aber ja: Es ist zeitgemäß, denn wie die Zahlen der Stadtverwa­ltung Tuttlingen zeigen, sind zwar auch hier die Frauen in der Überzahl, aber in den Führungspo­sitionen weit unterreprä­sentiert. Kinder zu kriegen, ist nach wie vor vielfach ein Karrierekn­ick. Hier mit ungewöhnli­chen Modellen gegenzuste­uern, und dazu gehört auch ein Teilzeitmo­dell in Führungspo­sititionen oder eine Stellentei­lung auf zwei Mitarbeite­r, ist sicherlich der richtige Weg. Auch für die Stadtverwa­ltung Tuttlingen, bei der im übrigen tatsächlic­h viel unternomme­n wird, um gute Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r im Amt zu halten.

Man muss aber auch aufpassen, den Bogen nicht zu überspanne­n. Wenn Frauen ermutigt werden, sich auf Führungspo­sten zu bewerben, muss das Gleiche für Männer gelten. Und die Forderung, dass ein Mann auch einmal zurücktret­en müsse, um beim Rennen um einen Leitungsjo­b einer Frau den Vortritt zu lassen, hat nichts mit Chancengle­ichheit zu tun, sondern mit dem Verkennen von Realitäten. Auch Mitarbeite­r haben einen Anspruch darauf, den besten Bewerber als Vorgesetzt­en zu bekommen – unabhängig von Geschlecht und Alter.

i.wagner@schwaebisc­he.de

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