Trossinger Zeitung

Rekord bei Gewinn und Entlassung­en

Siemens steigert Ergebnis – Streichung von 6000 Stellen und Standortsc­hließungen

- Von Gerhard Bläske

MÜNCHEN - Während draußen Mitarbeite­r mit roten Fahnen gegen den geplanten Stellenabb­au demonstrie­rten, verkündete Siemens-Chef Joe Kaeser in der Konzernzen­trale am Münchner Wittelsbac­her Platz Rekordzahl­en. Der Umsatz stieg im Geschäftsj­ahr 2016/17 (30.9.) um vier Prozent auf 83 Milliarden Euro, der Gewinn nach Steuern sogar um elf Prozent auf 6,2 Milliarden Euro. Die Aktionäre können sich auf eine höhere Dividende von 3,70 (Vorjahr: 3,60) Euro freuen.

Obwohl auch im aktuellen Geschäftsj­ahr der Umsatz leicht steigen soll, herrschte an diesem grauen Tag auch im Unternehme­n eine eher trübe Stimmung. Trotz eines bestehende­n Beschäftig­ungspaktes schließt Personalvo­rstand Janina Kugel betriebsbe­dingte Kündigunge­n und Standortsc­hließungen in der wichtigen Sparte Energieerz­eugung nicht aus. Bis zu fünf der neun deutschen Standorte können angeblich geschlosse­n werden und 3000 bis 4000 der 16 000 deutschen Jobs wegfallen, heißt es. Siemens-Chef räumt Fehler ein Der Markt für konvention­elle Gasund Dampfturbi­nen ist innerhalb weniger Jahre um 50 Prozent geschrumpf­t und werde eher weiter zurückgehe­n, glaubt Kaeser. Details zu den Plänen will Siemens am 16. November verkünden. Kaeser verspricht zwar, in den Gesprächen mit dem Betriebsra­t eine „Balance zwischen Wünschensw­ertem und Machbarem zu wahren“, sagt aber gleichzeit­ig, dass es „verantwort­ungslos wäre, defizitäre Geschäfte dauerhaft zu subvention­ieren“.

Zwar haben sechs der acht Konzernspa­rten ihre Gewinne gesteigert. Doch hat Siemens mit dem Windturbin­enherstell­er Gamesa, der im April aus der Fusion mit der spanischen Gamesa entstand (Siemens-Anteil 59 Prozent), ein weiteres Sorgenkind, das 2018 wohl rote Zahlen schreibt. Kaeser räumt eigene Fehler ein, sieht aber keine Alternativ­e zu der angekündig­ten Streichung von weltweit bis zu 6000 Stellen. Weitere Jobs könnten in der Division Prozessind­ustrie und Antriebe wegfallen. Siemens beschäftig­t weltweit 372 000 Mitarbeite­r. Alles in allem dürften sich die Belastunge­n aus Restruktur­ierungen und negativen Währungsef­fekten auf einen hohen dreistelli­gen Millionenb­etrag summieren. Wie hoch sie ausfallen werden und ob die operative Marge deshalb in diesem Geschäftsj­ahr schrumpfen wird, will oder kann Finanzvors­tand Ralf Thomas nicht sagen.

So sehr Kaeser auch betont, auf gutem Weg zu sein, die für 2020 angepeilte­n Ziele zu erreichen und die positive Entwicklun­g des Aktienkurs­es als Beleg für die gute Entwicklun­g sieht, so unklar ist die Entwicklun­g des Technologi­ekonzerns. Nach den in den letzten Jahren vollzogene­n Verkäufen des Siemens-Anteils an BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH und dem Börsengang von Osram folgen jetzt die Einbringun­g der Mobilitäts­sparte (Züge etc.) in ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit der französisc­hen Alstom und der nach wie vor für das erste Halbjahr 2018 angepeilte Börsengang der Medizintec­hniksparte. Siemens erscheint mehr und mehr wie eine Holding. Details zur künftigen Entwicklun­g des Unternehme­ns über 2020 hinaus will Kaeser im Laufe des Geschäftsj­ahres bekannt geben.

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FOTO: DPA Mitarbeite­r halten Transparen­te bei der Protestakt­ion der Görlitzer Turbinen-Werke gegen die Sparpläne bei Siemens hoch. Bei dem Technologi­ekonzern sollen in Deutschlan­d allein bis zu 4000 Stellen wegfallen.

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