Trossinger Zeitung

Teilhabege­setz: Landkreis ist vorbereite­t

Behinderte­nhilfe wurde in Tuttlingen schon vor Jahren von Sozialhilf­e abgetrennt

- Von Matthias Jansen

TUTTLINGEN - Mit dem Bundesteil­habegesetz (BTHG) wird Menschen mit Behinderun­gen ein selbstbest­immteres Leben ermöglicht. Für die Landkreise bedeuten die Regularien – die Mittel für die Einglieder­ungshilfe werden aus der Sozialhilf­e ausgeglied­ert – eine große Herausford­erung. Die Tuttlinger Verwaltung ist auf die sozialpoli­tische Reform aber vorbereite­t.

Vor vier Jahren wurde in Tuttlingen die Behinderte­nhilfe bereits aus der Sozialhilf­e herausgelö­st und dem Amt für Familie, Kinder und Jugend zugeordnet. „Der Schritt war richtig“, sagt Sozialdeze­rnent Bernd Mager, der sich wegen des bürokratis­chen Mehraufwan­ds durch das BTHG zunächst einmal keine Sorgen macht. „Das Jugendamt hat bereits große Erfahrunge­n mit der Einzelhilf­eplanung. Wir müssen die Vorgänge nicht komplett neu denken, sondern wis- sen, wie man die Fälle angeht“, sagt Mager. Deshalb sieht der Landkreis auch erst einmal von der Einstellun­g von zusätzlich­em Personal ab. Einglieder­ungshilfe größter Ausgabenbl­ock im Sozialbere­ich Das BTHG ist auf die Person ausgericht­et und ermittelt den ganzen Bedarf. „Was ist das Beste für den behinderte­n Menschen“, ist die Frage, die bei Hilfeplank­onferenzen vorrangig zu beantworte­n sei, sagt Mager. Im Gegensatz zur vorherigen Lösung, als ein Anbieter für eine gewisse Summe die Betreuung und Versorgung des behinderte­n Menschen übernahm, kann der Leistungse­mpfänger nun durch die modulhafte Planung auch selbst Hilfe einkaufen. Dadurch werde die Teilhabe und Selbstverw­irklichung verbessert, allerdings würden auch die Kosten und das Personal erhöht.

Mit 22 Millionen Euro ist die Einglieder­ungshilfe schon jetzt der größte Ausgabenbl­ock im Sozialbere­ich des Landkreise­s Tuttlingen. Weil die Lebenserwa­rtung der behinderte­n Menschen steigt und die Anzahl der psychisch behinderte­n Menschen zunimmt, wachsen seit Jahren die Ausgaben. In den vergangene­n Jahren gab es eine Steigerung von vier bis fünf Prozent im Jahr. Dies ist für Landrat Stefan Bär zunächst nicht das Problem. Schließlic­h gehe es um das Wohl der behinderte­n Menschen.

Was für Ärger sorgt, ist die Frage, wie hoch die Kosten der Reform sein werden und wie sie aufgeteilt werden. In der Vorlage zum Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend mahnt der Landkreis, dass die Dynamik durch das BTHG die Kostenentw­icklung deutlich verstärken werde. Allein im Jahr 2018 plant der Landkreis mit Mehrausgab­en von 300 000 Euro. Und, so Mager, die Reform werde erst in den folgenden Jahren greifen.

Die Schätzunge­n der Kosten von Bund, Land und dem Kommunalve­rband für Jugend und Soziales BadenWürtt­emberg (KVJS) gehen weit auseinande­r. Während das Land mit neun Millionen Euro rechnet, sieht der KVJS Mehrkosten in Höhe von 68 (2018) und 99,5 Millionen Euro (2019). Die Landkreise haben in einer gemeinsame­n Resolution das Land aufgeforde­rt, alle Mehrkosten zu übernehmen. Auf Einsicht, sei man bisher nicht gestoßen, sagte Bär im Ausschuss. Bisher, meinte Tuttlingen­s Landrat, habe das Sozialmini­sterium erklärt, erst ab 2020 finanziell einspringe­n zu wollen.

„Da sehe ich einen Brocken auf uns zukommen“, meinte Bernhard Schnee (CDU). Man müsse dem Land deutlich machen, dass bei der Finanzieru­ng nachgearbe­itet werden müsse. Dies, sagte Bär, sei nicht so leicht. Es werde verhandelt. „Aber den Rest zahlen wir.“ ANZEIGE

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FOTO: HELMUT ABEL/ DPA Die Anzahl der Motorradun­fälle ist 2017 im Vergleich zum Vorjahr angestiege­n.

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