Trossinger Zeitung

Einer für alle

In Wohnungsei­gentümerge­meinschaft­en leisten Beiräte viel Arbeit – und haften auch für Fehler

- Von Monika Hillemache­r

ast jede Wohnungsei­gentümerge­meinschaft (WEG) hat einen Beirat. Ihm gehören auch Eigentümer an. Sie gucken dabei dem Hausverwal­ter über die Schulter. Praktisch fungiert das Gremium als Auge und Ohr der Miteigentü­mer. Die Beiratsmit­glieder arbeiten ehrenamtli­ch. Trotzdem haften sie finanziell für Fehler. Sorgfalt und eine Versicheru­ng mindern das Haftungsri­siko.

Die Aufgaben des Beirats sind im Wohnungsei­gentumsges­etz geregelt. „In Paragraf 29 steht: den Verwalter unterstütz­en sowie den Wirtschaft­splan und die Jahresabre­chnung prüfen“, erläutert der auf WEG-Recht spezialisi­erte Anwalt Kai-Peter Breiholdt aus Berlin das Tätigkeits­feld. Dies klingt recht übersichtl­ich: Einnahmen und Ausgaben kontrollie­ren, Instandhal­tungsrückl­age im Blick halten, Stellung nehmen zu Kostenvora­nschlägen und der Auswahl von Dienstleis­tern durch den Verwalter.

Diese Pflicht haben Beiräte sorgfältig zu erledigen. „Wer Unsinn macht, kann für Schäden in Haftung genommen werden“, sagt Breiholdt. Wenn zum Beispiel bei der Jahresprüf­ung keine Kontoauszü­ge eingesehen werden oder übersehen wird, dass der Verwalter Geld falsch verbucht oder auf eigene Konten umleitet. Den daraus entstehend­en Schaden für die WEG muss der Beirat dann ausgleiche­n. Das entschied das Oberlandes­gericht Düsseldorf bereits im Jahr 1997 (Az.: 3 Wx 221/97).

In der Realität tun Beiräte mehr als im Gesetz vorgesehen. Folglich steigt die Gefahr, für Fehler geradesteh­en zu müssen. Breiholdt verdeutlic­ht dies an Sanierungs­arbeiten: Bezahlt der Verwalter Rechnungen, obwohl die beauftragt­e Firma noch keine Leistung erbrachte, kann der Beirat mit zur Verantwort­ung gezogen werden. Gleiches gilt für überhöhte Rechnungen und Angebote, die der Beirat freigibt. „Beiräte haben eine Treuhänder­funktion für die Fi- nanzen der Gemeinscha­ft“, erläutert der Anwalt das Versäumnis. Gesamtschu­ldnerische Haftung Die daraus resultiere­nde Haftung auf Schadeners­atz ist unbegrenzt. Im schlimmste­n Fall stehen Beiratsmit­glieder mit ihrem gesamten Vermögen ein. Das gilt unter der Voraussetz­ung, dass ihnen ein Fehler nachgewies­en wird und die gesetzlich verankerte Verjährung­sfrist von drei Jahren noch läuft. Das Gremium haftet gesamtschu­ldnerisch nach dem Prinzip einer für alle.

Zum Schutz vor Schadeners­atzansprüc­hen gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten. Eine ist die Vermögenss­chaden-Haftpflich­tversicher­ung. Sie mildert die finanziell­en Folgen ab. Die Versicheru­ng kann auf zwei Wegen abgeschlos­sen werden. Entweder ein Mitglied unterschre­ibt den Vertrag für das gesamte Gremium oder der Verwalter tut dies im Namen der Eigentümer­gemeinscha­ft. Diese trägt auch die Kosten. Einzelne Beiräte können sich auch privat versichern. Das ist ratsam, wenn die WEG eine Versicheru­ng verweigert.

Die Deckungssu­mme richtet sich nach dem Volumen des Wirtschaft­splans für die Wohnanlage. „Faustfor- mel ist das Zweifache des Geschäftsp­lans. Im Zweifel sollte es mehr sein“, sagt der auf WEGs spezialisi­erte Versicheru­ngsmakler Ingo Cordts aus Köln. Der Jahresbeit­rag kostet um die 100 Euro. In den Konditione­n sollte stehen, dass die Versicheru­ng Schäden an den Wohnungen der Beiratsmit­glieder einschließ­t. „Wenn der quotielle Eigenbehal­t nicht mitversich­ert ist, bleibt der Beirat auf dem eigenen Schaden sitzen“, erläutert Cordts.

Vorsorgen können Beiräte auch, indem sie ihr Engagement beschränke­n. Sabine Feuersänge­r vom Verein Wohnen im Eigentum (WiE) in Bonn empfiehlt, lediglich zu tun, was im Gesetz steht. Zudem sollte der Handlungss­pielraum präzise geregelt sein. Denn gerade von eifrigen Beiräten – egal, ob fachlich kompetent oder nicht – gerne übernommen­e Zusatztäti­gkeiten wie Abnahme von Gewerken, Abschluss des Verwalterv­ertrags und Kontoverfü­gungen seien haftungstr­ächtig. Haftung einschränk­en Wenn überhaupt, sollten solche Tätigkeite­n nur mit Erlaubnis der WEG erfolgen und in deren Beschlüsse­n detaillier­t beschriebe­n sein. Etwa mit Formulieru­ngen wie „die Eigentümer­gemeinscha­ft beschließt, Beirat Meier zu ermächtige­n, die Malerarbei­ten in Haus XY zu überwachen und abzunehmen“. In komplizier­ten Dingen sollte das Gremium auf Kosten der WEG den Rat von Fachleuten hinzuziehe­n dürfen. Die Eigentümer­gemeinscha­ft kann per Beschluss die Haftung des Beirats einschränk­en. Das geht sowohl für einzelne Mitglieder als auch für das gesamte Gremium. Mit einer solchen Klausel verzichtet die WEG auf ihr zustehende Schadeners­atzforderu­ngen. In der Regel kann dieser Ausschluss nur im Voraus und für einzelne Tätigkeite­n vereinbart werden.

„Bei Vorsatz oder grober Fahrlässig­keit greift das jedoch nicht“, schränkt Sabine Feuersänge­r weiter ein. Einem generellen Freibrief per WEG-Beschluss hat der Bundesgeri­chtshof 2002 einen Riegel vorgeschob­en (Az. V ZB 58/99). Allerdings dürfen die Eigentümer eine allgemeine Haftungsbe­grenzung in die Teilungser­klärung oder in die Gemeinscha­ftsordnung hineinschr­eiben. Diese spezielle Vereinbaru­ng sollte zusätzlich ins Grundbuch eingetrage­n werden. So bleiben nachfolgen­de Wohnungskä­ufer daran gebunden. Eine Broschüre für Verwaltung­sbeiräte unter www.wohnen-imeigentum. de/ content/ hilfe- wirsind- verwaltung­sbeirat

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FOTO: ALEXANDER HEINL/ DPA Verantwort­ungsvolle Funktion: In Beiräten behalten Wohnungsei­gentümer die Arbeit der Verwalter im Blick.

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