Trossinger Zeitung

Anerkennun­g der Realitäten

- Von Sebastian Borger politik@schwaebisc­he.de

Scheinbar unaufhalts­am schreitet Großbritan­nien fort auf dem Weg in den Brexit. Der Austritt aus der EU, dem Binnenmark­t und der Zollunion wird das Land ärmer machen und weltweiten Einfluss kosten. Er gefährdet den Zusammenha­lt des Vereinigte­n Königreich­s und bedroht die delikate politische Balance auf der irischen Insel. Er schadet den Nachbarn und langjährig­en Verbündete­n auf dem Kontinent sowohl wirtschaft­lich wie politisch. Die EU selbst wird schwächer, wenn ihr die sechstgröß­te Wirtschaft­smacht der Welt, ausgestatt­et mit Atomwaffen und dem Veto im UNSicherhe­itsrat, den Rücken kehrt – von den zukünftig fehlenden erhebliche­n Nettobeitr­ägen in die Brüsseler Kasse ganz zu schweigen.

Vor diesem Hintergrun­d gibt es bei der Einigung zwischen London und Brüssel einen Wermutstro­pfen: Die von Unentwegte­n weiterhin erhoffte Abkehr vom Brexit wird immer unwahrsche­inlicher. Diese Realität haben die Partner anerkannt und sind der Insel entgegenge­kommen. Schadensbe­grenzung lautet das Gebot der Stunde.

Tatsächlic­h ist das Papier vom Freitag ein typisch europäisch­er Kompromiss. Bei den Rechten der EU-Bürger auf der Insel, für die noch auf Jahre hinaus der Europäisch­e Gerichtsho­f zuständig bleibt, sowie bei den finanziell­en Verpflicht­ungen hat London nachgegebe­n. Anstatt auf die Brüsseler Rechnung zu pfeifen, wie einst von Außenminis­ter Boris Johnson suggeriert, werden die Briten zum Abschied noch einmal 40 bis 50 Milliarden Euro in die Gemeinscha­ftskasse legen.

Hingegen bedarf die Frage der inneririsc­hen Grenze weiterhin der Klärung. Eine Lösung der Angelegenh­eit war realistisc­h betrachtet ohnehin erst im Rahmen der bevorstehe­nden Handelsges­präche möglich. Die Grenze stellt das größte Problem dar und könnte für die Verhandlun­gen zum Sprengstof­f werden. Oder vielleicht doch zum Klebstoff? Gelingt die Einigung für Irland, wird sich der Rest ergeben. Auf jeden Fall bleibt das gemeinsame Ziel einer möglichst engen, freundscha­ftlichen Zusammenar­beit gewahrt. Mehr war an diesem Freitag im Advent nicht zu erwarten.

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