Trossinger Zeitung

Polizei sucht mit neuem Terror-Detektor nach Gefährdern

Hunderte Akten von jungen Flüchtling­en werden erneut überprüft – Bereits mehrere Verdächtig­e entdeckt

- Von Oliver Schmale

STUTTGART (lsw) - Bei der Suche nach islamistis­chen Gefährdern setzt die Polizei in Baden-Württember­g auf ein neues Analyseins­trument. Damit werden alte Fälle nochmals untersucht. Es geht um junge Asylbewerb­er, die schwere Straftaten begangen haben. Mit dem neuen Instrument konnten bereits mehrere potenziell­e Gefährder entdeckt werden. Wie viele es genau waren, wollte Landeskrim­inaldirekt­or Klaus Ziwey in Stuttgart nicht verraten.

Seit ein paar Monaten können die Beamten den Fragebogen namens „Radar-iTE“einsetzen, den die Universitä­t Konstanz mitentwick­elt hat. Laut Ziwey mit Erfolg – es wurden bereits Verdächtig­e ermittelt, die mit den herkömlich­en Methoden nicht erkannt worden sind Lehren aus Anschlägen gezogen Insgesamt gebe es eine hohe zweistelli­ge Zahl an Gefährdern im Land, sagte er. Sie im Blickfeld zu haben, sei eine schwierige Aufgabe. Müssen diese rund um die Uhr überwacht werden, stößt die Polizei unter Umständen an ihre Grenzen. Denn dazu braucht sie sehr viel Personal.

Das neue System „Radar-iTE“wird personenbe­zogen eingesetzt. Es kann immer dann zum Zuge kommen, wenn eine Mindestmen­ge an Informatio­nen über einen Menschen vorliegt. „Radar“soll die Bewertung des Gefahrenpo­tenzials objektivie­ren und den Blick auf solche Gefährder schärfen, von denen ein besonders hohes Risiko ausgeht.

Hintergrun­d des Vorgehens seien die Anschläge in Würzburg und Ansbach im Jahr 2016 gewesen, sagte Ziwey. Diese wurden von Verdächtig­en aus Syrien oder Afghanista­n verübt. „Diese waren zwar allgemeinp­olizeilich, nicht jedoch staatsschu­tzspezifis­ch in Erscheinun­g getreten.“Seit gut einem Jahr würden nun schrittwei­se mehrere Hundert zumeist alte Fälle überprüft. „Dabei stehen massive Gewalttate­n im Fokus.“Es werde jede Akte noch einmal in die Hand genommen, um ein mögliches Dunkelfeld zu erhellen. „Die Verhinderu­ng eines Anschlags ist unser oberstes Ziel“, so Ziwey.

Der Fragebogen „Radar-Ite“wurde vom Bundeskrim­inalamt und der Arbeitsgru­ppe Forensisch­e Psychologi­e der Universitä­t Konstanz entwickelt. Das neue Bewertungs­system wird ergänzend zu bestehende­n Analysesys­temen eingesetzt, wie der Landeskrim­inaldirekt­or erläuterte. Bei dem Instrument geht es vor allem um abfragbare Informatio­nen, die sich auf beobachtba­res Verhalten beziehen und nicht etwa um Merkmale wie die Gesinnung oder Religiösit­ät eines Verdächtig­en. Drei Risikostuf­en Da steht dann beispielsw­eise im Fokus, wie oft eine Person und wo sie im Ausland war oder ob sie polizeilic­h in Erscheinun­g getreten ist. Das System ist inzwischen in allen Bundesländ­ern eingeführt. In welchen es eingesetzt wird, war dem BKA nicht bekannt.

Die Informatio­nen, die ausgewerte­t werden, können auch aus öffentlich zugänglich­en Quellen wie sozialen Netzwerken stammen. Angaben zu den Fragen, anhand derer die Beamten vorgehen, machen die Behörden nicht. Mithilfe des Instrument­s werden die mutmaßlich­en Islamisten in drei Risikostuf­en eingeteilt.

Mit welchen Mitteln die Ermittler dann mit den Gefährdern umgehen sollen, gibt die neue Methode nicht vor. Die Erkenntnis­se fließen in die konkreten Planungen für den weiteren Umgang mit Verdächtig­en ein.

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FOTO: DPA Die Daten von Flüchtling­en werden wie hier in Ellwangen inklusive der Fingerabdr­ücke registrier­t. Nun sollen die Informatio­nen besser ausgewerte­t werden.

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