Polizei sucht mit neuem Terror-Detektor nach Gefährdern
Hunderte Akten von jungen Flüchtlingen werden erneut überprüft – Bereits mehrere Verdächtige entdeckt
STUTTGART (lsw) - Bei der Suche nach islamistischen Gefährdern setzt die Polizei in Baden-Württemberg auf ein neues Analyseinstrument. Damit werden alte Fälle nochmals untersucht. Es geht um junge Asylbewerber, die schwere Straftaten begangen haben. Mit dem neuen Instrument konnten bereits mehrere potenzielle Gefährder entdeckt werden. Wie viele es genau waren, wollte Landeskriminaldirektor Klaus Ziwey in Stuttgart nicht verraten.
Seit ein paar Monaten können die Beamten den Fragebogen namens „Radar-iTE“einsetzen, den die Universität Konstanz mitentwickelt hat. Laut Ziwey mit Erfolg – es wurden bereits Verdächtige ermittelt, die mit den herkömlichen Methoden nicht erkannt worden sind Lehren aus Anschlägen gezogen Insgesamt gebe es eine hohe zweistellige Zahl an Gefährdern im Land, sagte er. Sie im Blickfeld zu haben, sei eine schwierige Aufgabe. Müssen diese rund um die Uhr überwacht werden, stößt die Polizei unter Umständen an ihre Grenzen. Denn dazu braucht sie sehr viel Personal.
Das neue System „Radar-iTE“wird personenbezogen eingesetzt. Es kann immer dann zum Zuge kommen, wenn eine Mindestmenge an Informationen über einen Menschen vorliegt. „Radar“soll die Bewertung des Gefahrenpotenzials objektivieren und den Blick auf solche Gefährder schärfen, von denen ein besonders hohes Risiko ausgeht.
Hintergrund des Vorgehens seien die Anschläge in Würzburg und Ansbach im Jahr 2016 gewesen, sagte Ziwey. Diese wurden von Verdächtigen aus Syrien oder Afghanistan verübt. „Diese waren zwar allgemeinpolizeilich, nicht jedoch staatsschutzspezifisch in Erscheinung getreten.“Seit gut einem Jahr würden nun schrittweise mehrere Hundert zumeist alte Fälle überprüft. „Dabei stehen massive Gewalttaten im Fokus.“Es werde jede Akte noch einmal in die Hand genommen, um ein mögliches Dunkelfeld zu erhellen. „Die Verhinderung eines Anschlags ist unser oberstes Ziel“, so Ziwey.
Der Fragebogen „Radar-Ite“wurde vom Bundeskriminalamt und der Arbeitsgruppe Forensische Psychologie der Universität Konstanz entwickelt. Das neue Bewertungssystem wird ergänzend zu bestehenden Analysesystemen eingesetzt, wie der Landeskriminaldirektor erläuterte. Bei dem Instrument geht es vor allem um abfragbare Informationen, die sich auf beobachtbares Verhalten beziehen und nicht etwa um Merkmale wie die Gesinnung oder Religiösität eines Verdächtigen. Drei Risikostufen Da steht dann beispielsweise im Fokus, wie oft eine Person und wo sie im Ausland war oder ob sie polizeilich in Erscheinung getreten ist. Das System ist inzwischen in allen Bundesländern eingeführt. In welchen es eingesetzt wird, war dem BKA nicht bekannt.
Die Informationen, die ausgewertet werden, können auch aus öffentlich zugänglichen Quellen wie sozialen Netzwerken stammen. Angaben zu den Fragen, anhand derer die Beamten vorgehen, machen die Behörden nicht. Mithilfe des Instruments werden die mutmaßlichen Islamisten in drei Risikostufen eingeteilt.
Mit welchen Mitteln die Ermittler dann mit den Gefährdern umgehen sollen, gibt die neue Methode nicht vor. Die Erkenntnisse fließen in die konkreten Planungen für den weiteren Umgang mit Verdächtigen ein.