Titanic bereitet eiskalte Schauer
Musikverein Gosheim und die Jugendkapelle überzeugen beim Weihnachtskonzert
GOSHEIM - Kletus Cologna, der ideenreiche Dirigent des Musikvereins Gosheim, ist immer für eine Überraschung gut: Diesmal kredenzte er dem Publikum mit seiner rund 60köpfigen Mannschaft beim traditionellen Weihnachtskonzert in der Jurahalle die dramatische Fantasie „Titanic“als Highlight von höchstem Niveau. Dann zeigten sich die Nachwuchstalente der Jugendkapelle von ihrer Schokoladenseite.
Zum wiederholten Male wollten sie ihr Konzert ganz allein – also ohne Gastkapellen als „Stuhlkonzert“– bestreiten, erklärt Musikerchef Bruno Weber bei seiner Begrüßung. Die jüngsten Musikanten der Anfängergruppe haben mit Leiterin Rita Alber eine Menge Spaß an quicklebendigen Disney-Märschen und einer kunterbunten Disney-Weltreise, während die Älteren mit Jugenddirigentin Sabine Alber mit einer Legende aus den schottischen Highlands glänzen. Beim zweiten Stück lässt die Jugendkapelle die ältere Generation im Saal in Jugenderinnerungen schwelgen. Mit Bigband-Sound in schönem Gesamtklang geben die Jungmusiker mit ihren tollen Drummern Tanzmelodien zum Besten. Simon Müller, Timo Gaspar, Maike Hermle und Bibiana Mauch führen durchs Programm.
Auf der ansprechend dekorierten Bühne der Jurahalle findet das große Hauptorchester kaum Platz. Cologna muss sich zwischen Notenständern und Instrumenten hindurchquetschen und darf sich auf seinem „moosbewachsenen“Podest keine ausschweifenden Dirigierbewegungen erlauben, um nicht von der Bühne zu fallen. Er nimmt’s mit Humor und hebt den Taktstock zu „Jubilee Fanfare“von Franco Cesarini. Das gesamte Programm befinde sich quasi „unter einer Schweizer Kuhglocke“, erklärt der Ex-Vorsitzende Jürgen Weber als charmanter Moderator. Denn drei der vier Komponisten seien Schweizer; ein Werk trage einen schweizerisch geprägten Titel – darum also.
Bevor die Musiker ihr Vorzeigestück „Titanic“auf die Bühne zaubern dürfen, macht Cologna mit den Zuhörern ein kleines EinführungsSeminar. „Das Ur-Werk des Schweizer Komponisten Stephan Jaeggi ist ein heikles Stück, bei dem der Teufel im Detail steckt“, meint er vorweg und gibt zu, dass sowohl das Stück als auch er dem Orchester eine Menge Probenarbeit abverlangt hätten. An kurzen, prägnanten Motiven zeigt der Dirigent auf, was im anschließenden Zusammenspiel aller Register den Zuhörer an programmatischer Dichtung über eine der größten Katastrophen der Seefahrt, bei der im Jahr 1912 1514 der über 2200 Passagiere ertrunken waren, erwarten würde: Die Schiffsmotoren beginnen zu brummen, in überschäumender Feststimmung läuft die RMS Titanic zur Jungfernfahrt aus, sanfte Unterhaltung an Bord, eine sehnsuchtsvolle Melodie der Oboe, die Dramatik steigert sich, in einem Wahnsinns-Fortissimo kollidiert das Passagierschiff mit dem Eisberg, ungestüme Trompetensignale, Panik. Der Choral „Näher mein Gott zu dir“erklingt so schön, dass sogar den Zuhörern in der Festhalle ein Schauer über den Rücken rieselt. Dann sinkt das Riesenschiff. Käpt’n Cologna verlässt sein Schiff aber nicht, er rettet sich und steigt zu seinen Frauen und Männern in den „Glacier Express“, um mit dem langsamsten Schnellzug der Welt die Schweizer Bergwelt zwischen St. Moritz und Zermatt zu genießen. Aufwärmen in Afrika Wer inzwischen bei so viel Eiswelten friert, kann sich im letzten Werk „Jambo Afrika“schnell aufwärmen. Vom Sonnenaufgang in der Serengeti führt Komponist Mario Bürki seine Zuhörer zu den wilden Tieren am Lake Manyara. Da pfeift, knallt und kreischt es – und die Musikanten singen den Jambo-Song, wenn sie nicht gerade in ihre Instrumente blasen müssen. Für die Perkussionisten ist das Ganze ein Freudenfest. Nach drei Zugaben ist zwar das Konzert zu Ende, aber die meisten Leute feiern gut gelaunt weiter. EIN BERICHT ÜBER DIE EHRUNGEN FOLGT.