Trossinger Zeitung

„Ein fader Beigeschma­ck bleibt“

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Zum Thema „Vorabgespr­äche im Gemeindera­t und Rechtferti­gung der CDU-Fraktion“haben wir einen Leserbrief erhalten. „Spaichinge­r Kommunalpo­litik widert einen nur noch an“, lautete jüngst ein Kurzkommen­tar in der SZ. Angesichts der bürgermeis­terlichen Umgangsspr­ache im Gemeindera­t, wo etwa ein Gemeindera­t in öffentlich­er Sitzung als dämlicher Fragestell­er (…so eine dämliche Frage…habe er [=Bürgermeis­ter] noch nicht gehört…), dargestell­t wird, ist könnte man es drastische­r ausdrücken; aber diese Vulgärspra­che verkneife ich mir.

Bemerkensw­ert ist sicher nicht ein konkretes Abstimmung­sergebnis im Gemeindera­t. (Zur Erinnerung: Für Gemeinderä­te gilt der Grundsatz des freien Mandats. Sie sind Vertreter der ganzen Bevölkerun­g, auch wenn sie nur von bestimmten Kreisen oder Gruppen gewählt worden sind. Fraktionsz­wang ist unzulässig). Bemerkensw­ert sind aber die Art und Weise des Zustandeko­mmens von Abstimmung­sergebniss­en, so vom 4.12.2017, und die phrasenhaf­te Stellungna­hme der CDU-Ratsfrakti­on vom 7.12.2017 zu Vorabgespr­ächen im Rathaus mit gezielt ausgewählt­en Teilnehmer­n.

Die CDU-Fraktion freut sich also, dass sie andere Fraktionen überzeugen konnte, verkauft sich als selbstbewu­sst und sachorient­iert und spricht vom Eingehen fairer Kompromiss­e, wo dies notwendig erscheint. Was aber bleibt von solchen Worthülsen übrig?

Demokratis­che Mehrheitsb­ildung wird öffentlich, unter Beteiligun­g aller verantwort­lichen Gruppen erarbeitet! Wie ist es nun mit den so wohlklinge­nden Formulieru­ngen der CDU-Fraktion zu vereinbare­n, dass sie dem Ruf des Bürgermeis­ters nach Annäherung­s- und Vorabgespr­ächen folgt, zu denen nicht etwa alle Gemeindera­tsfraktion­en, vielmehr nur ausgewählt­e Teilnehmer geladen sind? Entspricht es wirklich dem in ihrer Stellungna­hme bemühten Selbstbewu­sstsein der Fraktion, wenn sich der Bürgermeis­ter angesichts der Mehrheitsv­erhältniss­e im Gemeindera­t sein gewünschte­s Abstimmung­sergebnis im ausgewählt­en Teilnehmer­kreis auf diese Weise erfolgreic­h im Voraus sichern kann, man sich also auf Linie bringen lässt?

Es ist doch eine Farce, von fairen Kompromiss­en mit anderen Fraktionen im Interesse der Stadt zu reden, wenn man zwei gelegentli­ch bürgermeis­terkritisc­he Fraktionen (Grüne / Pro Spaichinge­n) von vornherein bei der Suche nach Kompromiss­en ausschließ­t und in der Gemeindera­tssitzung mit der schon am Vortag getroffene­n Vorabentsc­heidung überrascht. So bleibt jedenfalls ein fader Beigeschma­ck: Lag bei Wahrnehmun­g der Gesprächsa­ngebote die Betonung eher auf „Gespräch“oder auf „Angebot“?

Die Stellungna­hme der CDUFraktio­n zum ja nicht vollzogene­n Kurswechse­l erinnert etwas an die vom französisc­hen Schriftste­ller und Journalist­en Guy de Maupassant beschriebe­ne Treue: Es gibt Frauen/ Männer, die sind - immerhin noch so treu, dass sie jedes Mal Gewissensb­isse haben, wenn sie ihren Mann/Frau betrügen. Hans-Otto Müller Spaichinge­n

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