Gleiches Problem, andere Mannschaft
Die Ära Peter Bosz endet beim BVB nach 163 Tagen – Ex-Köln-Coach Stöger übernimmt
DORTMUND (SID/falx) - Für Borussia Dortmund wurde Peter Stöger zum fliegenden Österreicher: „Ich bin am Samstag von Köln nach Wien geflogen. Am Abend hat es einen Anruf der Borussia gegeben. So bin ich Sonntagfrüh wieder zurückgeflogen. Ich war nur 30 Minuten bei meiner Mutter, aber sie hat sich trotzdem gefreut“, sagte der neue Chefcoach des DFB-Pokalsiegers bei seiner Vorstellung als Nachfolger des nach nur 163 Tagen beurlaubten Peter Bosz gewohnt launig.
Durch Stögers Verpflichtung landete der BVB einen ungewöhnlichen Überraschungscoup. Doch ist der Trainerwechsel nach dem neuerlichen Tiefschlag durch die 1:2-Heimpleite gegen Abstiegskandidat Werder Bremen, die freilich spielerisch überzeugten, nur die Spitze einer ungewöhnlichen Entwicklung. Bosz, furios beim BVB gestartet und von Fans und Verantwortlichen bereits gefeiert, schaffte es nicht, den rasanten Abwärtssturz der letzten Wochen aufzuhalten. Der BVB ist nach acht Spielen ohne Sieg von Platz eins auf acht gefallen.
Nun soll es Stöger richten, der seinerseits gerade erst vor einer Woche beim 1. FC Köln entlassen wurde – nach eines noch rasanteren Abwärtssturzes. Statt Kaffeeklatsch in der Heimat stehen nun für ihn in Dortmund nun Krisengespräche auf dem Programm. Und da kann er gleich an seine kürzlich gemachten Erfahrungen in der Domstadt anknüpfen. Denn Dortmunds Problemlage dürfte Stöger nur allzu vertraut sein. Wie Bosz in Dortmund hatte auch er in Köln vergeblich versucht, eine kaum noch erklärbare Negativserie nach zuvor viereinhalb Jahren erfolgreicher Arbeit zu bremsen und umzukehren.
„Es wird darum gehen, über die aktuellen Probleme zu sprechen. Wir wollen etwas Empathie in die Gruppe bringen“, beschrieb Stöger am Sonntag seine Pläne beim BVB. Doch auch in Dortmund gab es gleich zum Auftakt den ersten kleinen Dämpfer: das für Sonntagnachmittag angesetzte Training konnte aufgrund der hohen Schneedecke nicht stattfinden. Bereits am Dienstag (20.30/Sky) geht es gegen Mainz. Nicht viel Zeit, um die Trendwende einzuleiten.
Dass er dafür von den Verantwortlichen nur mit einem Vertrag bis Saisonende ausgestattet wurde, hat laut BVB-Boss Hans-Joachim Watzke diverse Gründe: „Wir haben ja lange keine Erfahrung mehr damit, mitten in einer Saison einen Trainer zu wechseln. In Stein gemeißelt ist aber gar nichts. Für beide Seiten war wichtig, sich zunächst bis zum 30. Juni zueinander zu bekennen“, sagte Watzke. Rund um den Borsigplatz kursierten allerdings schon vor Stögers Präsentation Spekulationen, dass der BVB zur neuen Saison Julian Nagelsmann aus Hoffenheim nach Dortmund locken will.
Stöger, der schon im Sommer mit den Dortmundern über ein Engagement gesprochen hatte, aber von Köln keine Freigabe erhielt, kann laut eigener Aussage jedoch gut mit seiner Rolle als Zeitarbeiter leben: „Ich brauche keinen Rentenvertrag. Ich möchte bis zum Sommer etwas aufbauen.“Die ungewöhnlich kurze Zeit von nur sieben Tagen zur Besinnung nach seinem Abschied in Köln bereitet Stöger zudem kein Kopfzerbrechen. „Es ist ja nicht so, dass ich ausgebrannt oder leer gewesen wäre.“
Zur Entlassung von Bosz bestand für Watzke und BVB-Sportdirektor Michael Zorc keine Alternative mehr. Zu konzeptlos, zu ideenlos und zu ratlos agierte der BVB, als dass eine nochmalige Verlängerung der Galgenfrist für Bosz vorstellbar gewesen wäre. Die Trennung von dem 54-Jährigen nach einem laut Watzke „sehr emotionalen und sehr stilvollen Gespräch“wenige Stunden nach dem Abpfiff war nur folgerichtig.
Die Analyse von BVB-Kapitän Marcel Schmelzer deutete an, dass die Probleme beim BVB gravierend sind: „Seit Wochen sage ich, wir sollen nicht nur reden, sondern endlich Taten folgen lassen. Dann treten wir so auf. Wahnsinn!“, sagte er in zunehmend verzweifelter Tonlage bei Sky: „Ich verstehe nicht, wie solch eine Leistung in so einem Spiel passieren kann. Das war richtig kacke.“
Watzkes Auftrag an Stöger ist daher so simpel wie eindeutig: „Er soll jetzt erst einmal Punkte holen. Das ist das entscheidende Thema.“