Trossinger Zeitung

Hoffnungst­räger bis Saisonende

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anchmal sind das Leben und der Sport wie ein Märchen. Da werden Allianzen gebildet, da wird sich gegen vermeintli­ch finstere Mächte verbündet. Ein Held kommt aus dem Nichts, steigt wie Phönix aus der Asche und bringt die Wende. Doch anders als in so vielen schönen Geschichte­n, gibt es generell im Leben und auch im Fußball nicht immer ein glückliche­s Ende.

Auch wenn BVB-Boss Hans-Joachim Watzke noch bis zuletzt auf ein solches gehofft hatte. Über Wochen hinweg stand er mit Nibelungen­treue zu seinem Trainer Peter Bosz. Tiefpunkt nach Tiefpunkt wurde durchschri­tten, Aki und Peter stärkten sich den Rücken – auch notgedrung­en. Denn nach dem unschönen Aus von Ex-Trainer Thomas Tuchel sollte doch endlich wieder Eintracht und echte Liebe im Pott regieren. Stattdesse­n gab es nun doch die Scheidung – wenn auch im Guten. Was bis hierhin noch ganz den Gesetzen des Marktes folgt, wird mit der Ernennung des Nachfolger­s von einem Märchen schon beinahe zur Groteske. Denn um den BVB – acht sieglose Bundesliga­spiele in Serie – wieder in die Spur zu bringen und den Spielern Selbstvert­rauen einzutrich­tern, übernimmt Peter Stöger – seines Zeichens vor einer Woche beim 1. FC Köln entlassen. Er schaffte mit dem FC ganze 14 Spiele ohne Sieg. Und auch wenn man immer nach dem Optimum streben sollte, kann es nicht diese Bilanz sein, die die BVB-Bosse überzeugt hat. „Sie haben mich bestimmt nicht geholt, weil ich mit Köln in dieser Saison nur drei Punkte geholt habe“, nimmt es Stöger dann auch selbst mit Galgenhumo­r. Was auf den ersten Blick eigentümli­ch erscheint, ist dennoch gar nicht so abwegig: Immerhin verdiente sich Stöger in Köln zuvor vier Jahre lang einige Meriten, gilt als Kommunikat­or, Emotionsty­p und Menschenfä­nger, nach dem sich die BVB-Fans seit dem Abgang von Jürgen Klopp so sehr sehnen. Da es schon länger Kontakt zwischen beiden Seiten gegeben haben soll, ist dieser Schritt nur konsequent. Dass Watzke und Sportdirek­tor Michael Zorc Stöger aber nur mit einem Vertrag bis Saisonende ausstatten, führt all die schönen langfristi­gen Planungen ad absurdum. Bleibt nur zu hoffen, dass der Plan trotz allem aufgeht und Watzke sich nicht zur bösen Hexe des Westens entwickelt – zum Wohle des Vereins und der Bundesliga.

Ganz gelassen können sich das Spektakel-König Uli Hoeneß und sein Stammhalte­r Karl-Heinz Rummenigge von der Münchner Tribüne aus anschauen. Unter Jupp Heynckes gewinnen die Bayern nun auch wieder ihre dreckigen Spiele, feiern die Herbstmeis­terschaft und wohl am Ende auch mehr – und das ganze mit einer Rentnertru­ppe. Denn nicht nur Trainer-Comebacker Heynckes und Retro-Mannschaft­sarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt sorgen für frischen Wind. Die Bayern können es sich sogar leisten, Torwart-Rentner Tom Starke in die Kiste zu stellen, der dann auch noch eine fehlerfrei Leistung abliefert. Im Prinzip war die Sache schon gegessen“, witzelte Starke, der den verletzten Sven Ulreich vertrat. Er hatte sogar schon einen neuen Job als Torwartkoo­rdinator im Nachwuchsl­eistungsze­ntrum der Bayern angefangen. „Er sieht aus wie 50 und ist fit wie mit 28“, sagte sein Mitspieler Javi Martínez über den 36-Jährigen, über den man wohl auch in ferner Zukunft sagen könnte: Und wenn Er nicht gestorben ist, dann hält er noch heute.

Eine ähnliche unendliche Geschichte spinnt sich seit Jahren um Mehmet Scholl. Zwar möchte man den Zauberfuß a.D. nicht pauschal als Hofnarren titulieren, doch treiben seine Kommentare meist erheiternd­e Stilblüten. „Die Tedescos, die Wolfs – sie sprießen aus dem Boden und der deutsche Fußball wird sein blaues Wunder erleben“, meinte der 47-Jährige zur Trainer-Generation ohne Profi-Erfahrung. Doch eben jene melden sich zu Wort und auch sonst bekommt Straßenkic­ker Scholl, der auch gegen die Talenteaus­bildung lederte, nun volle Breitseite. „Mein erster Eindruck war, an seiner Stelle wäre ich lieber mit dem Lada nochmal durch die Stadt gefahren, bevor ich so ein Zeug erzähle“, so Schalkes Sportvorst­and Christian Heidel pointiert.

In Wolfsburg gibt es dagegen Unstimmigk­eiten zwischen Trainer Martin Schmidt und seinem getreuen Sturm-Ritter Mario Gomez. Dieser kritisiert­e Kyriakos Papadopoul­os vom HSV: „Der liegt wie ein sterbender Schwan am Boden. Wenn er einen Schlag gegen den Rücken bekommt, fasst er sich ans Ohr. Kriegt er einen Schlag gegen den Kopf, hält er sich das Knie.“Schmidt hat da eine etwas andere Sicht auf die Dinge und meint: „Papadopoul­os ist ein Innenverte­idiger, den jede Mannschaft gerne hätte. Das Duell gegen Gomez hat er gewonnen.“Das Märchenbuc­h der Bundesliga ist eben unerschöpf­lich.

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FOTO: DPA Tom Starke (re.) ist zurück.

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