Der Tag der Einheit
Kanzlerin Merkel wird beim CSU-Parteitag in Nürnberg mit viel Beifall empfangen
NÜRNBERG - Die Kellnerin im Foyer der Nürnberger Messe ist entzückt. „Die Kanzlerin, die Kanzlerin“, ruft sie voller Freude, als Angela Merkel die Halle betritt. „Stellen Sie sich vor, Sie würden Putin sehen, das wäre für Sie auch etwas Besonderes“, sagt die junge Frau, die halb Russin, halb Bulgarin ist und in Deutschland studiert. Merkel bekommt von dem begeisterten Empfang nichts mit, sie rauscht an der Seite von CSU-Chef Horst Seehofer in einem Pulk von Kameraleuten an dem Ausschank vorbei.
Der CSU-Parteitag – spätestens seit der unvergessenen Demütigung durch Seehofer vor zwei Jahren ist dies für die Kanzlerin keine reine Wohlfühlveranstaltung mehr. Wie ein Schulmädchen kanzelte sie der bayerische Ministerpräsident 2015 in München wegen ihrer Flüchtlingspolitik 13 Minuten lang ab. Merkel stand da wie ein begossener Pudel, der für sie vorgesehene Blumenstrauß blieb am Ende liegen. Um sich solche Schmach zu ersparen, blieb sie 2016 dem Parteitag fern, das Ende einer jahrzehntelangen Tradition schien gekommen.
Doch dieses Mal ist alles anders: Stehende Ovationen, als Merkel die Bühne des Parteitags betritt. Minutenlang wird geklatscht – fast scheint es so, als habe so mancher Delegierte das Gefühl, etwas gutmachen zu müssen nach der Vorstellung vor zwei Jahren. „Da haben wir sie wirklich schlecht behandelt, ich habe mich geschämt“, sagt ein CSU-Politiker aus dem Allgäu. Aber die politische Großwetterlage in Deutschland hat sich seither bekanntlich verändert, auch für die Christsozialen. Bei der Bundestagswahl schnitten sie mit dem schlechtesten Ergebnis seit 1949 ab, darauf folgten Wochen des Machtkampfes um das Ministerpräsidentenamt. Die selbstbewussten Bayern steckten in der Selbstfindungskrise. Doch damit soll nun Schluss sein, so die demonstrative Botschaft in Nürnberg.
„Jetzt müssen wir durchstarten“, fordert CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. „Wir wollen regieren und wir sind bereit, Politik zu gestalten.“Und deshalb wird die Einheit der Union, die Geschlossenheit in der Partei, das Ende aller Feindseligkeiten, schlicht eine neue große Harmonie beschworen. „Lieber Horst“„Ob Sie es glauben oder nicht, ich freue mich richtig, wieder auf einem CSU-Parteitag zu sein“, sagt eine sehr aufgeräumte Kanzlerin zu Beginn ihrer Parteitagsrede. Die vergangenen zwei Jahre seien für CDU und CSU keine einfache Zeit gewesen. Aber jetzt habe die Union ein „in sich schlüssiges Konzept“, das sicherstelle, „dass wir in Zukunft Zuwanderung ordnen und steuern können“. Auch ihr jahrelanger Gegenspieler in der Flüchtlingspolitik, der „liebe Horst“, signalisiert der Kanzlerin deutlich, dass die Gräben der Vergangenheit zugeschüttet seien. Auch er freue sich, „ob du es glaubst oder nicht“, dass die „liebe Angela“wieder in alter Tradition zum CSU-Parteitag gekommen sei. Die Pfeiler der neuen Bundesregierung in Berlin – da stehen sie in offensiver Eintracht auf der Bühne.
Aber auch der etwas widerwillige Koalitionspartner in spe wird von der Kanzlerin mit warmen Worten bedacht. „Großen Respekt“habe sie vor den Sozialdemokraten, die sich an diesem Freitag offiziell für den Beginn von Sondierungsgesprächen ausgesprochen haben. Auf Deutschland laste eine Riesenverantwortung, eine stabile Regierung zu bilden, sagt Merkel, die direkt vom EU-Gipfel in Brüssel nach Nürnberg gereist ist. Europa sei ohne ein starkes Deutschland und eine starke deutsch-französische Zusammenarbeit nicht denkbar.
Aber auch das wird bei ihrer Rede klar: In trockenen Tüchern ist die Große Koalition noch lange nicht. Die von der SPD geforderte Bürgerversicherung lehnt Merkel ab. Das Gesundheitssystem werde nicht besser, nur weil man gesetzliche und private Krankenkasse zusammenlege. Damit trifft die Kanzlerin auch einen Nerv der CSU-Basis: „Die Bürgerversicherung ist neben dem Familiennachzug für Flüchtlinge ein wirklich schwieriges Thema“, sagt der Westallgäuer Landtagsabgeordnete Eberhard Rotter, der aber dennoch darauf hofft, sich mit der SPD einigen zu können.
Schon fast auffallend an diesem ersten Tag in Nürnberg: Markus Söder, der neue starke Mann in Bayern, bleibt im Schatten des amtierenden Ministerpräsidenten – noch. Fünf Jahre hat der ehrgeizige Franke darauf gewartet, seinen Hut als SeehoferNachfolger in den Ring werfen zu können. Da spielte der eine Tag mehr oder weniger offensichtlich auch keine Rolle mehr.
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