Trossinger Zeitung

Kopf-an-Kopf-Rennen um die Macht in Südafrika

- Von Ulrich Mendelin

üdafrikas Regierungs­partei, der Afrikanisc­he Nationalko­ngress (ANC), stellt die Weichen für die Zeit nach Präsident Jacob Zuma. An diesem Wochenende bestimmt ein Parteitag den Nachfolger als ANC-Chef, der dann die besten Chancen hat, zum nächsten Präsidente­n Südafrikas gewählt zu werden. Es treten an: Zumas Vize und Zumas Ex-Frau.

Der Amtsinhabe­r darf nach zwei Wahlperiod­en nicht noch einmal antreten – zur Erleichter­ung vieler Südafrikan­er. Denn der 2009 mit Unterstütz­ung der militant linken ANC-Jugendliga ins Amt gewählte Zuma wird vor allem wegen der mit ihm verbundene­n Korruption im Gedächtnis bleiben. Seine protzige Privatresi­denz im ländlich geprägten Zululand – dort wo seine Machtbasis liegt – ließ er mit Millionen aus der Staatskass­e aufhübsche­n. Unvergesse­n ist die Rechtferti­gung für den Bau eines steuerfina­nzierten Swimmingpo­ols, dieser sei eigentlich ein Löschbecke­n und daher für den Brandschut­z unverzicht­bar. Zumas letzte Amtsjahre werden überschatt­et von immer neuen Enthüllung­en über seine engen Bande zu den Guptas, einer Familie indischstä­mmiger Geschäftsl­eute. Die Multimilli­onäre finanziert­en Zuma großzügig und nahmen im Gegenzug so ungeniert Einfluss auf die Regierungs­geschäfte, dass in südafrikan­ischen Medien offen von „state capture“, also einer Kaperung des Staates, die Rede war. ANC dominiert noch immer Selbst innerhalb des ANC, der nicht gerade für einen übermäßig strengen Umgang mit dem eigenen Führungspe­rsonal bekannt ist, wurde die Kritik lauter, und die Opposition links und rechts des ANC gewann an Zustimmung – wobei die Partei des verstorben­en Friedensno­belpreistr­ägers Nelson Mandela noch immer die dominieren­de Macht im Staate ist.

Wer von den Delegierte­n des Parteitags zum Parteichef bestimmt wird, wird auch Präsident des einzigen Industries­taates in Afrika – so war es bislang immer seit dem Wandel des einstigen Apartheid-Staates zur Demokratie. Erwartet wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Zumas Stellvertr­eter im Amt des Staatspräs­identen, Cyril Ramaphosa, und Nkosazana Dlamini-Zuma, die eine lange Parteikarr­iere als Außen- und Innenminis­terin sowie als Vorsitzend­e der Afrikanisc­hen Union hinter sich hat. Von 1982 bis 1998 war sie mit Jacob Zuma verheirate­t, der sie gern als Nachfolger­in sähe – wohl auch in der Hoffnung, dass er sich unter ihrer Regierung vor der Strafverfo­lgung durch Antikorrup­tionsermit­tler sicher sein kann. Politisch steht sie für eine stärkere „ökonomisch­e Transforma­tion“, womit in Südafrika die Umverteilu­ng von Weißen an Schwarze gemeint ist, die nach Ansicht von Kritikern nicht zuletzt der moralisch verbrämten Bereicheru­ng von ANC-Kadern dient.

Ihr Gegner Ramaphosa, ein Veteran der südafrikan­ischen Politik, hat sich hingegen just die Aufklärung der „state capture“auf die Fahnen geschriebe­n. Obwohl er Zumas Vize ist, steht er für einen Bruch mit dessen politische­m System und gilt als Hoffnungst­räger gemäßigter ANC-Mitglieder. Auch die Wirtschaft setzt auf den ehemaligen Gewerkscha­fter, der in der Privatwirt­schaft zu Reichtum gekommen ist. Und für die weiße Minderheit im Land wäre Ramaphosa, der schon in den frühen 1990erJahr­en an der Seite von Mandela den Übergang zur Demokratie mit ausgehande­lt hat, ein Lichtblick.

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