Trossinger Zeitung

Strengere Regeln für Kaffeefahr­ten

Bundesrats­initiative will Verkaufsve­rbote prüfen, um Abzocke zu verhindern

- Von Margret Scholtysse­k und Sascha Meyer

BERLIN (dpa) - Mit dem Reisebus zum schönen Ausflugszi­el – für viele Senioren eine willkommen­e Abwechslun­g. Doch oft ist so ein Tagesausfl­ug mit Verkaufsve­ranstaltun­gen verbunden, bei denen die Käufer unter Druck gesetzt und übers Ohr gehauen werden. Was an vermeintli­chen Schnäppche­n angeboten wird, reicht von Decken über Matratzen und Kochtöpfen bis zu Medikament­en und angebliche­n Wunderheil­mitteln. Viele Veranstalt­er locken auch mit Geschenk- und Gewinnvers­prechen. Jetzt ergreift der Bundesrat erneut eine Initiative, um der verbreitet­en Abzocke einen Riegel vorzuschie­ben.

Jahr für Jahr nehmen Schätzunge­n zufolge bis zu fünf Millionen Menschen an solchen Kaffeefahr­ten teil. Doch zu oft geht es dabei nicht seriös zu. „Die Verletzlic­hkeit der Teilnehmer wird mit aggressive­n und irreführen­den Verkaufsme­thoden zu ihrem finanziell­en Nachteil ausgenutzt“, heißt es in einem Gesetzentw­urf, den Bayern erarbeitet hat. Verletzlic­hkeit soll heißen, dass es gerade vielen älteren Menschen schwerer fällt, sich gegen Überrumpel­ung zu wappnen.

Der Bundesrat hatte deshalb schon 2015 einen Vorstoß unternomme­n und den Gesetzentw­urf in den Bundestag eingebrach­t. Doch das Parlament befasste sich dann nicht damit, sodass der Entwurf mit Ende der Wahlperiod­e hinfällig wurde. Am Freitag beschloss die Länderkamm­er also einen zweiten Anlauf und schickte den Entwurf noch mal auf die Reise, damit sich das Parlament endlich damit auseinande­rsetzt. Konkret geht es den Ländern darum, das rechtliche Instrument­arium zu schärfen. Schärfere Gesetze geplant Da sind vor allem Verkaufsve­rbote: Für Finanzprod­ukte, die oft komplex sind, eine sorgfältig­e Beratung erfordern und dass man auch mal eine Nacht darüber schläft. Für Nahrungser­gänzungsmi­ttel, die gerade Älteren aufgeschwa­tzt werden können. Für Medizinpro­dukte, zu denen auch Geräte wie Heizdecken oder Rotlichtla­mpen gehören. Für Pauschalre­isen, die teils knifflige Zusatzkost­en enthalten können. Verschärft werden sollen nach Vorstellun­g der Länder auch Regeln für das amtliche Anzeigen solcher Verkaufsto­uren und die Bußgelder.

Polizei und Verbrauche­rschützer warnen immer wieder vor betrügeris­chen Kaffeefahr­ten, bei denen Verkäufer Reisenden Geld aus der Tasche ziehen wollen. Eine besonders dreiste Abzocke versuchten Betrüger 2016: Sie lockten fünf ältere Damen und Herren aus der Schweiz mit einem Gewinnvers­prechen und Geschenken zu einer Fahrt nach Rheinfelde­n in Deutschlan­d. Bei einem Mittagesse­n wurde eine 83-Jährige als Hauptgewin­nerin eines Preisaussc­hreibens genannt. Um den Gewinn von 480 000 Schweizer Franken (440 000 Euro) zu erhalten, sollte sie eine Gewinnsteu­er in Höhe von 25 000 Schweizer Franken zahlen. Die Seniorin fuhr mit den Betrügern wieder über die Grenze zurück in die Schweiz, um den Betrag abzuheben. Die Bankangest­ellte wurde misstrauis­ch und verständig­te die Polizei.

Auch angebliche medizinisc­he Spezialger­äte werden immer wieder verkauft. Das Spiel mit dem Glauben an medizinisc­he Wunder beendete die Polizei zumindest einmal, nämlich 2015, bei einer Kaffeefahr­t in einer Gaststätte in Schönebeck (Sachsen-Anhalt). Dort waren Matratzena­uflagen mit angebliche­r Heilwirkun­g für mehrere Hundert Euro pro Stück angeboten worden.

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FOTO: IMAGO Senioren steigen in einen Bus (Symbolbild). Der Bundesrat will jetzt unter anderem den Verkauf von komplexen Finanzprod­ukten und Pauschalre­isen bei Kaffeefahr­ten verbieten lassen.
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