Strengere Regeln für Kaffeefahrten
Bundesratsinitiative will Verkaufsverbote prüfen, um Abzocke zu verhindern
BERLIN (dpa) - Mit dem Reisebus zum schönen Ausflugsziel – für viele Senioren eine willkommene Abwechslung. Doch oft ist so ein Tagesausflug mit Verkaufsveranstaltungen verbunden, bei denen die Käufer unter Druck gesetzt und übers Ohr gehauen werden. Was an vermeintlichen Schnäppchen angeboten wird, reicht von Decken über Matratzen und Kochtöpfen bis zu Medikamenten und angeblichen Wunderheilmitteln. Viele Veranstalter locken auch mit Geschenk- und Gewinnversprechen. Jetzt ergreift der Bundesrat erneut eine Initiative, um der verbreiteten Abzocke einen Riegel vorzuschieben.
Jahr für Jahr nehmen Schätzungen zufolge bis zu fünf Millionen Menschen an solchen Kaffeefahrten teil. Doch zu oft geht es dabei nicht seriös zu. „Die Verletzlichkeit der Teilnehmer wird mit aggressiven und irreführenden Verkaufsmethoden zu ihrem finanziellen Nachteil ausgenutzt“, heißt es in einem Gesetzentwurf, den Bayern erarbeitet hat. Verletzlichkeit soll heißen, dass es gerade vielen älteren Menschen schwerer fällt, sich gegen Überrumpelung zu wappnen.
Der Bundesrat hatte deshalb schon 2015 einen Vorstoß unternommen und den Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Doch das Parlament befasste sich dann nicht damit, sodass der Entwurf mit Ende der Wahlperiode hinfällig wurde. Am Freitag beschloss die Länderkammer also einen zweiten Anlauf und schickte den Entwurf noch mal auf die Reise, damit sich das Parlament endlich damit auseinandersetzt. Konkret geht es den Ländern darum, das rechtliche Instrumentarium zu schärfen. Schärfere Gesetze geplant Da sind vor allem Verkaufsverbote: Für Finanzprodukte, die oft komplex sind, eine sorgfältige Beratung erfordern und dass man auch mal eine Nacht darüber schläft. Für Nahrungsergänzungsmittel, die gerade Älteren aufgeschwatzt werden können. Für Medizinprodukte, zu denen auch Geräte wie Heizdecken oder Rotlichtlampen gehören. Für Pauschalreisen, die teils knifflige Zusatzkosten enthalten können. Verschärft werden sollen nach Vorstellung der Länder auch Regeln für das amtliche Anzeigen solcher Verkaufstouren und die Bußgelder.
Polizei und Verbraucherschützer warnen immer wieder vor betrügerischen Kaffeefahrten, bei denen Verkäufer Reisenden Geld aus der Tasche ziehen wollen. Eine besonders dreiste Abzocke versuchten Betrüger 2016: Sie lockten fünf ältere Damen und Herren aus der Schweiz mit einem Gewinnversprechen und Geschenken zu einer Fahrt nach Rheinfelden in Deutschland. Bei einem Mittagessen wurde eine 83-Jährige als Hauptgewinnerin eines Preisausschreibens genannt. Um den Gewinn von 480 000 Schweizer Franken (440 000 Euro) zu erhalten, sollte sie eine Gewinnsteuer in Höhe von 25 000 Schweizer Franken zahlen. Die Seniorin fuhr mit den Betrügern wieder über die Grenze zurück in die Schweiz, um den Betrag abzuheben. Die Bankangestellte wurde misstrauisch und verständigte die Polizei.
Auch angebliche medizinische Spezialgeräte werden immer wieder verkauft. Das Spiel mit dem Glauben an medizinische Wunder beendete die Polizei zumindest einmal, nämlich 2015, bei einer Kaffeefahrt in einer Gaststätte in Schönebeck (Sachsen-Anhalt). Dort waren Matratzenauflagen mit angeblicher Heilwirkung für mehrere Hundert Euro pro Stück angeboten worden.