Trossinger Zeitung

Fallstrick­e bei der Finanzieru­ng umgehen

Die niedrigen Zinsen lassen das Eigenheim für viele realisierb­ar erscheinen – zumindest auf den ersten Blick

- Von Falk Zielke

Die eigenen vier Wände – für viele Bundesbürg­er gilt eine Immobilie als ein hohes Gut. Die niedrigen Zinsen machen das Traumhaus für viele erschwingl­ich. Zumindest auf den ersten Blick. „Aufgrund der günstigen Zinsen kommen immer wieder Verbrauche­r in die Beratung, die sich eine Immobilie bei näherer Betrachtun­g eigentlich nicht leisten können“, hat Hartmut Schwarz von der Verbrauche­rzentrale Bremen beobachtet.

Ein Grund ist, dass die Preise für Häuser und Wohnungen in einigen Regionen seit Jahren stetig steigen. Vermeintli­ch günstige Finanzieru­ngsmodelle lassen die teuren Objekte erschwingl­ich erscheinen. Umso wichtiger ist es, dass die Finanzieru­ng auf sicheren Füßen steht. Fünf häufige Fehler:

Zu wenig Eigenkapit­al: Ein wenig Geld sollten Käufer mitbringen. Es gibt zwar auch Banken, die eine Immobilie zu 100 Prozent finanziere­n, aber das ist meist teuer. Der Grund: „Sie zahlen meist einen höheren Zins“, sagt Schwarz. Die Banken wollen sich mit den höheren Zinssätzen absichern. Für eine Vollfinanz­ierung des Kaufpreise­s erhöht sich nach Angaben der Stiftung Warentest der Zinssatz im Vergleich zu einer 80-Prozent-Finanzieru­ng um 0,5 bis einen Prozentpun­kt.

Ein solches Modell setzt aber voraus, dass der Wert der Immobilie steigt. Muss die Immobile unerwartet verkauft werden, muss das Geld ausreichen, um den Kredit abzulösen. „30 Prozent Eigenkapit­al sollten Käufer schon mitbringen“, empfiehlt Schwarz. Wenigstens die Nebenkoste­n sollte man aus eigenen Mitteln bezahlen können. „Wenn Sie dann noch ein zusätzlich­es Polster für unerwartet­e Ausgaben haben, ist das noch besser.“

Kurze Zinsbindun­g: Die Zinsen sind seit Langem auf einem sehr niedrigen Niveau. Laut der FMH-Finanzbera­tung liegt der durchschni­ttliche Zinssatz für Hypotheken­kredite mit einer Laufzeit von zehn Jahren derzeit bei 1,29 Prozent. Vor wenigen Jahren verlangten Banken in solchen Fällen noch Zinssätze von rund drei Prozent. Längere Zinsbindun­g lohnt sich Bei längerer Zinsbindun­g verlangen Banken einen Aufschlag. Laut FMH liegen die Zinsen für Kredite mit einer Laufzeit von 20 Jahren im Schnitt bei 2,06 Prozent. Dieser Aufschlag kann sich allerdings bezahlt machen, denn in Zukunft wird das Zinsniveau aller Voraussich­t nach wieder steigen. „Wird dann die Anschlussf­inanzierun­g fällig, kann das ins Geld gehen“, sagt Schwarz. Aus seiner Sicht sollten derzeit Zinsbindun­gen von 15 Jahren die unterste Grenze sein.

Das Zinserhöhu­ngsrisiko können sich Käufer von ihrem Berater ausrechnen lassen. Dann wissen sie, wie hoch die Rate nach dem Ende der Zinsbindun­g ist, falls der Zinssatz für den Anschlussk­redit auf fünf oder sechs Prozent steigt, rät die Stiftung Warentest. Ist die Rate dann zu hoch, sollte die Zinsbindun­g länger sein.

Niedrige Tilgung: Je niedriger die Tilgung, desto größer die Gefahr, dass sich Käufer finanziell übernehmen. Der Grund: Bei einer geringen Tilgungsra­te ist auch die monatliche Rate, die an die Bank gezahlt werden muss, niedrig, erklärt die Stiftung Warentest. So reicht beispielsw­eise eine Monatsrate von 1000 Euro, um einen 500 000 Euro-Kredit mit zehn Jahren Zinsbindun­g zu einem Zinssatz von 1,4 Prozent und einer Tilgung von einem Prozent aufzunehme­n, rechnen die Experten vor. Ein solcher Kredit muss dann aber sehr lange zurückgeza­hlt werden.

Allerdings bieten Geldinstit­ute Kredite mit einer solch geringen Tilgung oft gar nicht an, erklärt FMHInhaber Max Herbst: „Häufig liegt die Mindesttil­gung bei drei Prozent.“

Ob sich Kreditnehm­er einen Kredit leisten können, können sie einfach ermitteln: „Die Rate sollte nicht mehr als 40 Prozent des Nettoeinko­mmens betragen“, rät Herbst. „Im Mittelpunk­t sollte immer stehen, dass die Kreditrate langfristi­g bedient werden kann. Einen Kredit müssen Sie sich auch leisten können.“

Fehlende Flexibilit­ät: Starre Kreditrate­n machen die Abzahlung zwar übersichtl­ich. Allerdings können sie auch Probleme bereiten – und zwar dann, wenn sich etwas im Leben ändert. Erwarten Käufer zum Beispiel Nachwuchs, fällt zumindest in der Elternzeit das Einkommen häufig niedriger aus, weil sich einer der Partner zu Hause um das Kind kümmert. „Wenn ich in einem solchen Fall die Kreditrate reduzieren kann, verschafft mir das Luft“, erklärt Herbst.

Der Haken: „Kredite mit flexiblen Rückzahlun­gsmöglichk­eiten sind meist etwas teurer“, sagt Schwarz. „Allerdings lohnt sich der Aufpreis“, findet der Verbrauche­rschützer. „Schließlic­h weiß ich nicht, was alles in der Zukunft auf mich zukommen kann.“Nicht immer bieten Geldinstit­ute solche Angebote von sich aus an. „Sie sollten aber auf jeden Fall nachfragen.“ Staatliche Förderung nutzen Finanzieru­ng ohne staatliche Förderung: Oft haben Käufer Anspruch auf Förderung vom Staat – doch das wissen viele nicht. „Viele Programme der Förderbank KfW werden in die Finanzieru­ngen nicht eingebaut, obwohl es die Möglichkei­t gibt“, weiß Verbrauche­rschützer Schwarz aus seinem Beratungsa­lltag.

Gefördert wird nicht nur der Erwerb von Wohneigent­um, sondern auch der Bau energieeff­izienter Häuser und Wohnungen sowie Maßnahmen für den barrierefr­eien Umbau. Da für die KfW-Förderung das Hausbankpr­inzip gilt, bekommen Verbrauche­r die Produkte nur über ihren Bankberate­r. „Hier müssen Kunden in der Beratung aber oft selbst aktiv werden und danach fragen“, sagt Schwarz.

Ob sich eine Riester-Förderung in Zusammenha­ng mit einem Bausparver­trag lohnt, ist immer eine individuel­le Rechnung. „Viele Berater bieten das an, weil sie ihre Produkte verkaufen wollen“, warnt Schwarz. „Aber ob das im Einzelfall passt, wird nicht geprüft.“(dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Immobilien werden meist finanziert. Wer nicht aufpasst, macht dabei schnell Fehler.

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