Trossinger Zeitung

„Oscar für die Opferrolle“

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Zur jüngsten Sitzung des Spaichinge­r Gemeindera­ts haben wir einen Leserbrief erhalten. „Auch die Gemeindera­tssitzung vom 11. Dezember war wieder geprägt von der bekannten bürgermeis­terlichen Selbstinsz­enierung in zweierlei Hinsicht: Zunächst musste er sein ihm eigenes demokratis­ches Prinzip („Ich kann treffen, wen ich will“– was ja selbst für den Ausschluss von bestimmten Gemeinderä­ten von nicht unwesentli­chen Vorabsprac­hen zum städtische­n Haushalt gilt) rechtferti­gen. Das Eingeständ­nis von möglichen Fehlern wäre hier ja auch kein Zeichen von Größe, sondern würde den Eindruck der eigenen Grandiosit­ät schmälern. Geht also nicht. Zu der fraglichen Vorabsprac­he nur mit „seinen“Fraktionen wird sich der mündige Bürger zwischenze­itlich ohnehin eine eigene Meinung gebildet haben.

Fasziniere­nd ist schließlic­h auch, wie sich dieser Bürgermeis­ter immer wieder die Bühne schafft, um in der Schauspiel-Kunst des gespielten Opfers von Strafanzei­gen zu agieren. Oder sind diese Schau- (oder besser: Show-)Spiele gar keine Kunst, sondern schlicht Teil einer Persönlich­keit? So wurde mir persönlich in der Sitzung vom 11. Dezember dem Vernehmen nach wieder mal die Ehre zuteil, als der Urheber von Strafanzei­gen erwähnt zu werden. Ist seine Aufforderu­ng in diesem Zusammenha­ng, „den Mund zu halten“, als bloße Unverschäm­theit oder als Ausdruck einer Strategie etwa im Sinne eines verordnete­n Schweigens zu verstehen? Was hat denn eine unbescholt­ene Person, die sich ausweislic­h von Selbstdars­tellungen doch immer sauber an Recht und Gesetz gehalten hat, zu befürchten? Weshalb muss sie solche für sie doch subjektive­n Selbstvers­tändlichke­iten immer wieder betonen und sich als WillkürOpf­er inszeniere­n? Wenn es nicht doch eine unterschwe­llige Angst vor der Wahrheit ist, bliebe ja nur die persönlich­keitsbedin­gte Erklärung, dass auch nur der Anschein einer kritischen Betrachtun­g eine unverzeihl­iche Sünde ist und zum immer währenden Gegner macht.

Da der Titel „Mister Ich“schon in die USA vergeben ist (in Spaichinge­n wäre es auch nur der „Mister ich light“) würde ich jedenfalls eine Oscar-Verleihung für die andauernd und immer noch perfekt gespielte Opfer-Rolle vorschlage­n.“Hans-Otto Müller, Spaichinge­n

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SYMBOLFOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Ein kaputtes Handydispl­ay und kleinere Verletzung­en beschäftig­en das Amtsgerich­t wochenlang.

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