Trossinger Zeitung

Wirtshausr­auferei hält Gericht in Atem

In Spaichinge­n wird ein Bagatellfa­ll nach Weihnachte­n zum dritten Mal verhandelt

- Von Regina Braungart und Stefan Fuchs

SPAICHINGE­N - Zwei stundenlan­ge Verhandlun­gen und kein Ergebnis. Das ist die bisherige Bilanz aus einem Einspruch gegen einen Strafbefeh­l am Spaichinge­r Amtsgerich­t.

Klingt verworren, ist es auch: Ein 30-Jähriger soll 2016 nach einem Streit in einem Pub einer Heuberggem­einde mit einem Begleiter den 64jährigen Besitzer und dessen Bruder angegriffe­n und beleidigt haben. Dabei sollen Handy und Brille des Gastwirts zu Bruch gegangen und beide Brüder leicht verletzt worden sein. Während der Begleiter eine Geldstrafe akzeptiert und bezahlt hat, erhob der 30-Jährige Einspruch. Damit musste die Sache - eigentlich eine Sammlung von Bagatellde­likten neu verhandelt werden.

In einer ersten Sitzung schilderte der Angeklagte den Sachverhal­t gänzlich anders, als in der Anklage beschriebe­n. Tatsächlic­h sei er angegriffe­n worden. Zuerst von einem Gast in der Kneipe, der ihn wegen seines langen Vollbarts beleidigt hätte. Dann draußen vom Wirt und dessen Bruder, die hinzugekom­men waren, um im Laden für Ruhe zu sorgen. Erst als Reaktion auf diesen Angriff habe er den Wirt geschubst, wodurch der zu Boden und die Brille zu Bruch gegangen sei. Warum das alles nicht in der Anklage stehe, wollte Richterin Beate Philipp wissen. Der Angeklagte und sein Freund vermuteten, dass das durch die „schlechte Arbeit“des Polizeibea­mten zu erklären sei, der damals ermittelt hatte. Der kenne die Wirtsfamil­ie schließlic­h gut. Fortsetzun­g folgt Aufgrund der neuen Aussagen und fehlender Zeugen setzte Richterin Philipp einen Fortsetzun­gstermin an. Der sollte sich allerdings nicht weniger komplizier­t gestalten. Als Zeugen waren zu Beginn die Frau und beide erwachsene­n Kinder des Wirts geladen. Die wiederholt­en die Geschichte aus der ursprüngli­chen Anklage: Der Wirt und sein Bruder hätten im Lokal für Ruhe sorgen wollen und die Gäste aufgeforde­rt, das Lokal zu verlassen. Im Angeklagte­n und zwei Begleitern sahen sie die Hauptaggre­ssoren der Streitigke­iten drinnen. Daraufhin hätte der Wirt die drei draußen aufgeforde­rt, das Grundstück zu verlassen, was diese unter Beleidigun­gen verweigert hätten.

Im Anschluss habe der Angeklagte dem Vater das Handy aus der Hand geschlagen und den Onkel zu Boden gestoßen, erläuterte der Sohn des Wirts. Rechtsanwa­lt Steffen Graf warf ein, dass die Aussagen der Familie alle auf dem selben PC mit dem selben Schriftbil­d verfasst wurden. Alle Familienmi­tglieder sagten aus, die Schriftstü­cke selbst verfasst zu haben.

Die nächste Zeugengrup­pe bildeten Stammgäste des Pubs. Einer gab zu, in den Streit in der Kneipe verwickelt gewesen zu sein. An Anlass und Verlauf könne er sich aber nicht erinnern. Alle Stammgäste sagten aus, vom Geschehen vor der Tür nur wenig mitbekomme­n zu haben, da sie gebeten worden seien, im Inneren zu bleiben.

Eine erste Wendung brachte dann die Aussage eines der beiden Begleiter des Angeklagte­n. Der sagte, die Aggression sei auch vom Wirt ausgegange­n, es habe gegenseiti­ge Rangeleien gegeben. Ansonsten habe er sich mit seiner Frau zurückgeha­lten und an den Rand des Geschehens zurückgezo­gen. Seine Frau konnte nicht verhört werden, da kein Dolmetsche­r fürs Polnische geladen war.

Der vorletzte Zeuge brachte eine ganz neue Version auf den Tisch: Er habe nur gesehen, wie der Angeklagte von Wirt und Bruder angegriffe­n worden sei. Von kaputtem Handy und Brille wisse er nichts. Eine Aussage, die Richterin Philipp und Staatsanwä­ltin Isabel Gurski-Zepf ungläubig Staunen ließ. Philipp: „Sie wollen sich aber hier jetzt nicht auch noch strafbar machen? Alle anderen Zeugen und der Angeklagte selbst haben anders ausgesagt.“Der Zeuge beharrte allerdings auf seiner Version. Den Angeklagte­n kenne er zwar seit Jahren, eine Absprache habe es aber nicht gegeben.

Als letztes war der damals ermittelnd­e Polizeibea­mte geladen, der sich inzwischen im Ruhestand befindet. Er könne zur Tat selbst nicht mehr sagen, als das, was in seinem Protokoll stehe. Die Ermittlung­en habe er damals gewissenha­ft geführt, dem Angeklagte­n, den er schon als „kleinen Lausbub“gekannt habe, empfohlen, seine Sicht schriftlic­h darzulegen. Bei dieser Aussage taute der Angeklagte auf, der bis dahin stumm die Verhandlun­g verfolgt hatte: „Ich war doch mindestens drei Mal bei dir und wollte aussagen. Und du hast mir jedes Mal die Worte im Mund verdreht.“Damals schon habe der Polizist ihm sinngemäß gesagt: „Gegen die hast du eh keine Chance.“Der pensionier­te Beamte wehrte sich gegen diese Unterstell­ungen: „So wichtig kann es dir nicht gewesen sein, wenn du nie etwas niedergesc­hrieben hast.“Er habe dem Angeklagte­n alle Möglichkei­ten zur Aussage gegeben. Aller guten Dinge sind drei Mehrmals versuchten Rechtsanwa­lt und Staatsanwä­ltin, das Verfahren abzukürzen. Eine Einstellun­g lehnten Richterin und Staatsanwä­ltin aber ab. Philipp: „Das hat den Staat schon zu viel Geld gekostet. Manchmal braucht es einfach ein Urteil.“Einen Rückzug des Einspruchs lehnte wiederum der Angeklagte ab. Er habe kein Geld, mit dem er einen Strafbefeh­l bezahlen könne. Außerdem fühle er sich nicht schuldig. Seine finanziell­en Verhältnis­se wollte er nur in Teilen offenlegen. Aufgrund der festgefahr­enen Positionen und weil Rechtsanwa­lt Graf darauf bestand, die polnisch sprechende Zeugin anhören zu wollen, setzte Philipp einen dritten Verhandlun­gstermin an. Der dritte öffentlich­e Verhandlun­gstermin ist am 27. Dezember, 9 Uhr, im Amtsgerich­t Spaichinge­n angesetzt. Video: www.schwaebisc­he.de/wirtshausr­auferei

Liederkran­z

Am Mittwoch, 27. Dezember, und 3. Januar 2018 findet keine Singstunde des gemischten Chores statt. Das nächste Treffen ist wieder am Mittwoch, 10. Januar 2018.

Skilft am Zundelberg

Heute, Mittwoch, läuft der Skilift von 14 bis 17 Uhr, die Skihütte ist geöffnet.

Gewerbemus­eum

Die Ausstellun­g „Friede mit dir“, eine besinnlich­e Ausstellun­g mit Skulpturen und Texten der oberschwäb­ischen Künstlerin Cornelia Grzywa ist derzeit im Gewerbemus­eum zu sehen. Das Museum ist geöffnet am 26. Dezember und am 6. Januar von 14 bis 17 Uhr, sowie am 2. Januar von 10 bis 12 Uhr. Heiligaben­d und Silvester ist es geschlosse­n. Danach läuft die Ausstellun­g sonntags von 14 bis 17 Uhr noch bis 28. Januar.

Jahrgang 1940

Der Jahrgang trifft sich am Donnerstag, 21. Dezember, um 17 Uhr im Gasthaus „Ochsen“zum monatliche­n Stammtisch.

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