Wirtshausrauferei hält Gericht in Atem
In Spaichingen wird ein Bagatellfall nach Weihnachten zum dritten Mal verhandelt
SPAICHINGEN - Zwei stundenlange Verhandlungen und kein Ergebnis. Das ist die bisherige Bilanz aus einem Einspruch gegen einen Strafbefehl am Spaichinger Amtsgericht.
Klingt verworren, ist es auch: Ein 30-Jähriger soll 2016 nach einem Streit in einem Pub einer Heuberggemeinde mit einem Begleiter den 64jährigen Besitzer und dessen Bruder angegriffen und beleidigt haben. Dabei sollen Handy und Brille des Gastwirts zu Bruch gegangen und beide Brüder leicht verletzt worden sein. Während der Begleiter eine Geldstrafe akzeptiert und bezahlt hat, erhob der 30-Jährige Einspruch. Damit musste die Sache - eigentlich eine Sammlung von Bagatelldelikten neu verhandelt werden.
In einer ersten Sitzung schilderte der Angeklagte den Sachverhalt gänzlich anders, als in der Anklage beschrieben. Tatsächlich sei er angegriffen worden. Zuerst von einem Gast in der Kneipe, der ihn wegen seines langen Vollbarts beleidigt hätte. Dann draußen vom Wirt und dessen Bruder, die hinzugekommen waren, um im Laden für Ruhe zu sorgen. Erst als Reaktion auf diesen Angriff habe er den Wirt geschubst, wodurch der zu Boden und die Brille zu Bruch gegangen sei. Warum das alles nicht in der Anklage stehe, wollte Richterin Beate Philipp wissen. Der Angeklagte und sein Freund vermuteten, dass das durch die „schlechte Arbeit“des Polizeibeamten zu erklären sei, der damals ermittelt hatte. Der kenne die Wirtsfamilie schließlich gut. Fortsetzung folgt Aufgrund der neuen Aussagen und fehlender Zeugen setzte Richterin Philipp einen Fortsetzungstermin an. Der sollte sich allerdings nicht weniger kompliziert gestalten. Als Zeugen waren zu Beginn die Frau und beide erwachsenen Kinder des Wirts geladen. Die wiederholten die Geschichte aus der ursprünglichen Anklage: Der Wirt und sein Bruder hätten im Lokal für Ruhe sorgen wollen und die Gäste aufgefordert, das Lokal zu verlassen. Im Angeklagten und zwei Begleitern sahen sie die Hauptaggressoren der Streitigkeiten drinnen. Daraufhin hätte der Wirt die drei draußen aufgefordert, das Grundstück zu verlassen, was diese unter Beleidigungen verweigert hätten.
Im Anschluss habe der Angeklagte dem Vater das Handy aus der Hand geschlagen und den Onkel zu Boden gestoßen, erläuterte der Sohn des Wirts. Rechtsanwalt Steffen Graf warf ein, dass die Aussagen der Familie alle auf dem selben PC mit dem selben Schriftbild verfasst wurden. Alle Familienmitglieder sagten aus, die Schriftstücke selbst verfasst zu haben.
Die nächste Zeugengruppe bildeten Stammgäste des Pubs. Einer gab zu, in den Streit in der Kneipe verwickelt gewesen zu sein. An Anlass und Verlauf könne er sich aber nicht erinnern. Alle Stammgäste sagten aus, vom Geschehen vor der Tür nur wenig mitbekommen zu haben, da sie gebeten worden seien, im Inneren zu bleiben.
Eine erste Wendung brachte dann die Aussage eines der beiden Begleiter des Angeklagten. Der sagte, die Aggression sei auch vom Wirt ausgegangen, es habe gegenseitige Rangeleien gegeben. Ansonsten habe er sich mit seiner Frau zurückgehalten und an den Rand des Geschehens zurückgezogen. Seine Frau konnte nicht verhört werden, da kein Dolmetscher fürs Polnische geladen war.
Der vorletzte Zeuge brachte eine ganz neue Version auf den Tisch: Er habe nur gesehen, wie der Angeklagte von Wirt und Bruder angegriffen worden sei. Von kaputtem Handy und Brille wisse er nichts. Eine Aussage, die Richterin Philipp und Staatsanwältin Isabel Gurski-Zepf ungläubig Staunen ließ. Philipp: „Sie wollen sich aber hier jetzt nicht auch noch strafbar machen? Alle anderen Zeugen und der Angeklagte selbst haben anders ausgesagt.“Der Zeuge beharrte allerdings auf seiner Version. Den Angeklagten kenne er zwar seit Jahren, eine Absprache habe es aber nicht gegeben.
Als letztes war der damals ermittelnde Polizeibeamte geladen, der sich inzwischen im Ruhestand befindet. Er könne zur Tat selbst nicht mehr sagen, als das, was in seinem Protokoll stehe. Die Ermittlungen habe er damals gewissenhaft geführt, dem Angeklagten, den er schon als „kleinen Lausbub“gekannt habe, empfohlen, seine Sicht schriftlich darzulegen. Bei dieser Aussage taute der Angeklagte auf, der bis dahin stumm die Verhandlung verfolgt hatte: „Ich war doch mindestens drei Mal bei dir und wollte aussagen. Und du hast mir jedes Mal die Worte im Mund verdreht.“Damals schon habe der Polizist ihm sinngemäß gesagt: „Gegen die hast du eh keine Chance.“Der pensionierte Beamte wehrte sich gegen diese Unterstellungen: „So wichtig kann es dir nicht gewesen sein, wenn du nie etwas niedergeschrieben hast.“Er habe dem Angeklagten alle Möglichkeiten zur Aussage gegeben. Aller guten Dinge sind drei Mehrmals versuchten Rechtsanwalt und Staatsanwältin, das Verfahren abzukürzen. Eine Einstellung lehnten Richterin und Staatsanwältin aber ab. Philipp: „Das hat den Staat schon zu viel Geld gekostet. Manchmal braucht es einfach ein Urteil.“Einen Rückzug des Einspruchs lehnte wiederum der Angeklagte ab. Er habe kein Geld, mit dem er einen Strafbefehl bezahlen könne. Außerdem fühle er sich nicht schuldig. Seine finanziellen Verhältnisse wollte er nur in Teilen offenlegen. Aufgrund der festgefahrenen Positionen und weil Rechtsanwalt Graf darauf bestand, die polnisch sprechende Zeugin anhören zu wollen, setzte Philipp einen dritten Verhandlungstermin an. Der dritte öffentliche Verhandlungstermin ist am 27. Dezember, 9 Uhr, im Amtsgericht Spaichingen angesetzt. Video: www.schwaebische.de/wirtshausrauferei
Liederkranz
Am Mittwoch, 27. Dezember, und 3. Januar 2018 findet keine Singstunde des gemischten Chores statt. Das nächste Treffen ist wieder am Mittwoch, 10. Januar 2018.
Skilft am Zundelberg
Heute, Mittwoch, läuft der Skilift von 14 bis 17 Uhr, die Skihütte ist geöffnet.
Gewerbemuseum
Die Ausstellung „Friede mit dir“, eine besinnliche Ausstellung mit Skulpturen und Texten der oberschwäbischen Künstlerin Cornelia Grzywa ist derzeit im Gewerbemuseum zu sehen. Das Museum ist geöffnet am 26. Dezember und am 6. Januar von 14 bis 17 Uhr, sowie am 2. Januar von 10 bis 12 Uhr. Heiligabend und Silvester ist es geschlossen. Danach läuft die Ausstellung sonntags von 14 bis 17 Uhr noch bis 28. Januar.
Jahrgang 1940
Der Jahrgang trifft sich am Donnerstag, 21. Dezember, um 17 Uhr im Gasthaus „Ochsen“zum monatlichen Stammtisch.