Prozess um Kinderpornografie: „Er war ein Showmaster“
Bewährungshelferin zeichnet differenziertes Bild von 45-jährigem Angeklagten – Plädoyers stehen heute an
ROTTWEIL/TUTTLINGEN - „Er sagte, er kenne das Risiko, habe alles im Griff und fühle sich sicher. Sein Therapeut bestätigte es.“Das sagte eine Bewährungshelferin am gestrigen dritten Prozesstag gegen einen 45jährigen Mann aus Tuttlingen vor dem Landgericht Rottweil. Er wird beschuldigt, pornografische Schriften von Mädchen hergestellt und verbreitet zu haben.
Der Angeklagte ist seit Juli im Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie Reichenau untergebracht. Dort wird er wohl bleiben müssen. Der Beschuldigte hat bei der Polizei ein umfassendes Geständnis abgelegt. Demnach hat er unter anderem heimlich junge nackte Mädchen in Friedrichshafener Bädern fotografiert und Collagen sowie Videos hergestellt. Insgesamt fanden die Ermittler auf seinem Computer mehr als 150 000 pornografische Dateien, durchweg von Mädchen, auch im Kindesalter.
Wegen ähnlicher Delikte war er bereits zweimal zu Gefängnisstrafen verurteilt worden, zuletzt 2012 bis 2014.
Die erfahrende Bewährungshelferin zeichnete ein differenziertes Bild von dem Angeklagten: „Er war lieb, nett, vernünftig, offen und freundlich. Aber er wollte Illusionen schaffen und dann hat er sich in einer Scheinwelt verloren“, sagte sie über den Mann, den sie seit fünf Jahren kannte und betreute. Und sie ergänzte: „Er war ein Showmaster, der bei seinen Auftritten immer darauf achtetet, dass er seine Fassade wahrte. Doch er war nicht echt, er trug eine Maske.“
Im jetzigen Verfahren blieb es nach bisherigen Erkenntnissen bei Filmen von Mädchen und beim Konsum von Pornos sowie Videos. Ob es in den früheren Fällen zu direkten Übergriffen kam, ist bisher nicht bekannt, weil die Öffentlichkeit über weite Strecken von der Verhandlung ausgeschlossen bleibt. Die Höhe der Haftstrafen spricht aber eher dafür.
Als der Tuttlinger im Juli 2014 aus der Haft entlassen wurde, schien er den Weg zurück ins bürgerliche Leben zu finden. Er ließ sich bei verschiedenen Therapeuten behandeln, suchte sich eine Wohnung, hielt den Kontakt zur Bewährungshelferin, trat als Musiker und Zauberer in den Räumen Tuttlingen und Friedrichshafen auf, wodurch er sich auch einen Freundeskreis schaffte. Die wichtigsten Bekannten weihte er über seine Vergangenheit ein, versicherte aber, er habe die Sache jetzt im Griff.
Das sagte er auch gegenüber der Bewährungshelferin, der das durch die Bestätigung des Therapeuten glaubhaft erschien. Bis dann im Februar dieses Jahres das böse Erwachen kam, als er ihr berichtete, dass er bereits seit einem Jahr rückfällig sei. Da hatte kurz zuvor die Polizei seine Wohnung durchsucht. Im März wurde er verhaftet.
Die Öffentlichkeit bleibt für den Rest der Beweisaufnahme ausgeschlossen. Zu den Plädoyers, die für Mittwochnachmittag geplant sind, soll sie wieder zugelassen werden.