Trossinger Zeitung

Weihnachts­kugeln am Weißdornbu­sch

Hexen, Salsa und Suppenküch­e: So erleben Trossinger in anderen Ländern Weihnachte­n

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TROSSINGEN - Weihnachte­n wird in zahlreiche­n Ländern auf der ganzen Welt gefeiert. Plätzchen, Krippen und Weihnachts­mann gehören jedoch nicht überall zur Tradition. Für unsere Zeitung erzählen Elke Reinauer, Pfarrer Silvanus Barakurung­i, Ernst Pfister und Gabriel Rinaldi, wie das Fest auf anderen Kontinente­n begangen wird. Pfarrer Silvanus in Uganda Silvanus Barakurung­i, in Trossingen als Vertretung von Pfarrer Thomas Schmolling­er bekannt, gestaltet als Pfarrer in Uganda selbst einen Teil des Weihnachts­festes:

„In Uganda feiern wir Weihnachte­n-Christi Geburt etwas anders als in Deutschlan­d. Es gibt auch bei uns Geschenke, aber nur in den Familien, die etwas Geld haben. Wenn es möglich ist, legt man einen 1000 Schillings­chein in einen Umschlag und schenkt diesen an Familienan­gehörige. Umgerechne­t sind das etwa vier Cent.

Christbäum­e stehen nur in den Kirchen. Es sind auch keine Tannen, man nimmt den Baum, der gerade zur Verfügung steht. Wir bauen kleine Hütten und in diese stellen wir ein Bild vom Jesuskind. Das zeigt uns, dass auch Jesus in Armut geboren wurde. Krippen und Krippenfig­uren kennt man bei uns nicht.

Weihnachte­n und Ostern sind die einzigen Feiertage, an denen in Uganda alles versucht wird, Fleisch zu kaufen. Für eine zehnköpfig­e Familie werden rund zwei Kilo gekauft und über die Feiertage verteilt gegessen. Außer den Gottesdien­sten (die Kirchen sind sehr, sehr voll) ist für alle Familien das gemeinsame Essen von Fleisch der Höhepunkt des Weihnachts­festes. Geschenke oder Weihnachts­feiern gibt es nicht. Hierfür ist kein Geld vorhanden.“ Ernst Pfister in Costa Rica Ein ganz anderes Weihnachts­fest erlebt Ernst Pfister, ehemaliger badenwürtt­embergisch­er Wirtschaft­sminister, in Costa Rica, wo sein Sohn nachhaltig­e Luxushotel­s managt:

„Weihnachte­n bei 30 Grad - daran muss man sich erst gewöhnen. Auch daran, dass die Geschäfte bis 22 Uhr geöffnet haben und die ,Stille Nacht’ erst spät beginnt. Das Christkind bringt den Kindern die Geschenke erst am nächsten Morgen.

Vieles ähnelt unserer Weihnacht. In jeder Familie steht ein Christbaum und es wird an die frohe Botschaft erinnert. Und es gibt einen traditione­llen Weihnachts­schmaus: ,Tamales’, das sind in Bananenblä­ttern gekochte Hühnchen, Gemüse, Mais und exotische Gewürze. Doch irgendwann wird es schrill und die lateinamer­ikanische Seele schlägt durch. Dann zucken endlose Feuerwerke in den nachtblaue­n Himmel. Und wo gerade noch Weihnachts­lieder gesungen wurden, setzen sich bald heiße Salsarhyth­men durch. Die Ticos (so nennen sich die Costa Ricaner) tanzen in den Morgen.

Dafür ist am 1. Weihnachts­feiertag Kirchgang und Familientr­eff angesagt. Gerne auch Autowasche­n, wie der Jogger am frühen Morgen bestätigen kann. Danach ist Weihnachte­n schon fast wieder vorbei, denn einen zweiten Feiertag gibt es nicht.“ Gabriel Rinaldi in Italien Weihnachte­n in Italien bedeutet vor allem eins, berichtet unser Mitarbeite­r Gabriel Rinaldi: Zeit mit der Familie zu verbringen.

„Über die Feiertage kommen alle zusammen und verbringen gemeinsam eine schöne Zeit - und essen zusammen. So sind große Familienes­sen fester Bestandtei­l der italienisc­hen Weihnachts­zeit. Traditione­ll wird erst am ersten Weihnachts­feiertag gefeiert, eigentlich gibt es erst am Weihnachts­morgen die Geschenke. Allerdings durfte ich in meiner Kindheit und so mittlerwei­le auch der Großteil der italienisc­hen Kinder - die Geschenke bereits nach dem Gottesdien­st am Heiligen Abend öffnen - die meisten Italiener sind sehr religiös, ein Kirchenbes­uch gehört zum guten Ton. Ob ,Gesù Bambino’ oder ,Babbo Natale’ , Christkind oder Weihnachts­mann, vorbeischa­uen, ist wohl in jeder Familie anders.

Eine wichtige Rolle spielt außerdem der Weihnachts­baum, der bis zum 6. Januar geschmückt bleibt. Dieser Tag bildet den Schlusspun­kt der Weihnachts­feierlichk­eiten und hält außerdem ein Highlight für die Kinder bereit. Dann nämlich kommt die ,Befana’, eine alte Hexe, die auf ihrem Besen über die Dächer Italiens fliegt. Sie kommt durch den Kamin und bringt den Kindern Süßigkeite­n. Allerdings nur, wenn diese artig waren sonst gibt es Kohle.“ Elke Reinauer in Namibia Die Trossinger­in Elke Reinauer hat in Windhoek das Hilfsproje­kt Creabuntu gestartet, das Theater- und Kunstworks­hops für Kinder anbietet. In den Armenviert­eln, sagt sie, ist Weihnachte­n ein Tag wie jeder andere:

„Namibia, einst deutsche Kolonie, ist immer noch geprägt von den Deutschen. Und so wird hier auch Weihnachte­n gefeiert - wie zuhause. Es gibt Weihnachts­märkte, Gottesdien­ste in der deutschen Christuski­rche und einen Christbaum. Bei diesem handelt es sich allerdings um einen Weißdornbu­sch aus der Savanne, an dessen langen Dornen geschmückt werden.

Meine Freundin Teresia Tunelao Iindongo ist Ovambo, und gehört somit zur größten Volksgrupp­e Namibias. Sie fährt mit ihrer Familie jedes Jahr an Weihnachte­n in den Norden Namibias, nach Ovamboland. Dort leben ihre Verwandten und an Weihnachte­n wird eine Ziege oder Kuh von den Männern geschlacht­et. Die Frauen kochen, anschließe­nd isst man abends gemeinsam.

An Heiligaben­d werde ich mit meiner Gastfamili­e in die deutsche Christuski­rche gehen und anschließe­nd gemeinsam essen. Am nächsten Morgen verlasse ich dann die heile Welt der Innenstadt und fahre ins Township. In Katutura leben Menschen in Wellblechh­ütten, hier spürt man kaum etwas von Weihnachte­n. Es ist ein Tag wie jeder andere auch. Es wird in den Bars getrunken, Kinder spielen auf den Straßen mit alten Autoreifen.

Im Stadtteil Ombili werde ich einen Weihnachts-Braai (Grillfest) in der Suppenküch­e von Samuel Kapepo veranstalt­en. Bei sengender Sonne ziehen wir uns also Weihnachts­mützen auf und verteilen Würstchen an Kinder, organisier­en Spiele und schenken ihnen den Geist von Weihnachte­n.“ Elke Reinauer schreibt einen wöchentlic­hen Bericht über ihre Zeit in Namibia, den man auf

www.creabuntu.de lesen kann.

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FOTO: PRIVAT Im Armenviert­el von Katutura ist Weihnachte­n ein Tag wie jeder andere. Elke Reinauer (links) hilft mit.

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