„Ich würde es sofort wieder machen“
Sparkassen-Chef Lothar Broda hat am Freitag seinen letzten Arbeitstag absolviert
TUTTLINGEN - Lothar Broda hat am Freitag seinen letzten Arbeitstag als Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Tuttlingen absolviert. Zum Ende des Jahres geht der 64Jährige in den Ruhestand. Über seine zwölf Jahre bei der Tuttlinger Kreissparkasse sprach er mit unserem Redakteur Christian Gerards. Herr Broda, nach zwölf Jahren geben Sie zum Jahresende den Vorstandsvorsitz der Tuttlinger Kreissparkasse ab. Waren es gute Jahre? Es waren sehr gute Jahre. Es ist uns gelungen, die Kreissparkasse weiterzuentwickeln und zu modernisieren. Daneben konnten wir Dank einer guten Konjunktur die Substanz deutlich stärken und somit das besondere Geschäftsmodell mit der aktiven Kreditpolitik für den Mittelstand bewahren. Welches war denn der Höhepunkt Ihrer Laufbahn in Tuttlingen? Die größte Herausforderung war die Wirtschaftskrise, die im Herbst 2008 begonnen hat. Das war eine sehr anstrengende Zeit für viele unserer Kunden, die keine Aufträge hatten und bei denen die Liquidität knapp wurde. Im Jahr 2009 hatten wir ein überdurchschnittlich starkes Kreditwachstum. Das waren Kredite, die die Unternehmen zum Überleben brauchten. Wir hatten 15 000 Kurzarbeiter auf dem Heuberg. Die zweite und dritte Schicht wurde nicht gefahren. In dieser Phase habe ich den genetischen Code der Kreissparkasse mit ihrer aktiven Kreditpolitik aufgesogen. Mit unseren Krediten haben wir damals einen wichtigen stabilisierenden Beitrag geleistet. Die Zeit war mit viel Arbeit verbunden, aber es hat mir geholfen, bei den Unternehmen anzukommen. Heute gibt es einige Unternehmen, die sagen, dass es sie ohne die Kreissparkasse nicht mehr geben würde. Was hat sich seit Ihrem Amtsantritt im Jahr 2006 verändert? Das erste Thema war die Regulierung der Kreditwirtschaft infolge der Bankenkrise. Die Eigenkapital-anforderungen haben sich seither enorm erhöht, das hat uns intensiv beschäftigt. Vor der Krise mussten Kreditinstitute eine Kernkapitalquote von vier Prozent vorhalten. Anfang 2018 liegt die Anforderung bei über zehn Prozent. Infolgedessen mussten wir unser Eigenkapital deutlich stärken. Großbanken haben sich vielfach über eine Kapitalerhöhung das dafür notwendige Geld bei den Aktionären geholt. Unser Anspruch war es, das Eigenkapital aus eigener Kraft zu steigern und das ist uns durch unsere Ertragskraft und die robuste Konjunktur sehr gut gelungen. Wie hat sich die Bilanzsumme in den vergangenen zwölf Jahren entwickelt? Wir haben eine Steigerung von 2,9 Milliarden Euro auf 3,5 Milliarden Euro verzeichnet – also eine Steigerung um rund 20 Prozent. Das war allerdings nie unser ausgegebenes Ziel. Wie haben Sie das erreichen können? Wir sind mit den Unternehmen im Landkreis gewachsen. Daneben haben wir ab 2011 den Bereich Corporate Finance aufgebaut. Das gab uns die Möglichkeit, große Finanzierungen im Landkreis unter Einbindung von weiteren Sparkassen wie etwa Freiburg, Karlsruhe und Pforzheim zu stemmen. Mit der Projektfinanzierungsgruppe konnten wir große Finanzierungen darstellen und dabei unsere Risiken durch die Einbindung von Partnern teilen. Lothar Broda Auch das Privatkredit-Geschäft hat deutlich zugelegt, oder? Die Baufinanzierung ist überproportional angestiegen. Waren es zu Beginn meiner Tätigkeit bei der Kreissparkasse noch 70 Millionen Euro jährlich, so waren es in den vergangenen zwei Jahren jeweils 150 Millionen Euro. Das liegt an der Niedrigzinsphase, in der mehr Leute ein Haus oder eine Wohnung kaufen. Die Niedrigzinsphase wird aber abflachen, die Zinsen werden wieder pro Jahr um 0,2 bis 0,4 Prozent steigen. Das ist aber noch gut verkraftbar. Die Europäische Zentralbank hat ja kein Interesse daran, dass die Zinsen kräftig steigen. Für die Kreissparkasse macht eine Zinserhöhung das Geschäft wieder etwas einfacher. Die Zinsergebnisse steigen dann wieder – auch wenn wir noch viele Jahre günstige Zinsen haben werden. Mit Markus Waizenegger rückt Ihr Stellvertreter zum 1. Januar 2018 in den Vorstandsvorsitz auf. Wie übernimmt er das Haus? Er übernimmt ein gut bestelltes Haus. Das war eine Gemeinschaftsarbeit, die Markus Waizenegger und ich mit der Führungsmannschaft und dem gesamten Haus hinbekommen haben. Wir haben in den vergangenen zwölf Jahren sehr gut zusammengearbeitet. Das klingt so, als ob Sie Ihre Entscheidung, von München nach Tuttlingen zu kommen, jederzeit wieder machen würden ... Es war mir eine Ehre, für die Kreissparkasse Tuttlingen zu arbeiten. Ich würde es sofort wieder machen – mit dem Wissen, das ich jetzt habe. Es war eine sehr gute Entscheidung zur Kreissparkasse nach Tuttlingen zu gehen. Für Ihren Erfolg haben Sie sicher viel arbeiten müssen. Mit einer 40Stunden-Woche kommt man sicher nicht hin, oder? Wer den Posten übernimmt, weiß, was auf ihn zukommt. Da kommt man nicht mit 40 Stunden aus. Dazu kommen noch viele ehrenamtliche Aufgaben. Ich habe zwölf ehrenamtliche Tätigkeiten und Aufsichtsratsposten übernommen. Das sind schöne Aufgaben, die aber auch vorbereitet werden müssen. Da kommt einiges an Zeit zusammen. Wenn Sie zum 31. Dezember in den Ruhestand gehen. Was unternehmen Sie dann? Ich habe zwei große Hobbys, die mir Spaß machen und die in der Vergangenheit zu kurz gekommen sind. Die Leidenschaft für das Französische teile ich mit meiner Frau. Bis wir nach Tuttlingen gekommen sind, habe ich Französisch-Kurse besucht. Das will ich wiederbeleben, ergänzt durch Besuche in Frankreich. Ich habe mir jedes Jahr drei, vier Tage die French Open in Paris angeschaut. Ich spiele nämlich leidenschaftlich gerne Tennis. Ich bin zwar Mitglied im Tennisclub Möhringen, habe aber berufsbedingt ebenfalls zu wenig gespielt. Dazu erfreue ich mich auch an weiteren Sportaktivitäten, ich fahre gerne Ski, mache Langlauf, schwimme oder gehe joggen. Sie wollen sich komplett aus dem Berufsleben zurückziehen? Nein, ich möchte noch freiberuflich etwas unternehmen und gerne Firmen betreuen. Dazu bin ich noch in einigen Bei- und Aufsichtsräten. Ich strebe keinen harten, sondern einen weichen Ausstieg an. Ich war 40 Jahre lang in einem Beruf, der mir viel Spaß gemacht hat. Daher gibt es keine Flucht, sondern ein gesundes Loslassen. Sie sind also auf den Ruhestand gut vorbereitet. Ich hatte genügend Zeit dafür, ich wusste ja, wann mein Vertrag ausläuft.
„Es war mir eine Ehre, für die Kreissparkasse Tuttlingen zu arbeiten.“
Aber Sie werden sicher etwas vermissen ... Es hat mir immer Spaß gemacht, die herausragenden Unternehmen im Landkreis zu begleiten. Das werde ich vermissen. Auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen und die Gespräche mit den Nachbar-Sparkassen werden mir fehlen. Ich werde aber den Kontakt halten. Und was schreiben Sie Ihrem Nachfolger ins Stammbuch? Es gibt genügend Herausforderungen, etwa die Niedrigzinsphase oder die Digitalisierung. Vor der Digitalisierung brauchen wir keine Angst zu haben, sie bietet tolle Möglichkeiten. Sie ist ein wichtiges Zukunftsthema, dessen Umfang ich mir vor zwölf Jahren noch gar nicht vorstellen konnte. Vor diesem Hintergrund soll er das Haus mutig und mit Umsicht in die Zukunft führen – ganz nach dem Leitbild der Kreissparkasse.