Trossinger Zeitung

Herzenswun­sch soll in Erfüllung gehen

Zwei unbegleite­te minderjähr­ige Ausländer gehen in die Lehre

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VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Lamin (links) hilft alten Menschen bei der Körperpfle­ge, Nesar lernt gerade, Brezeln zu schlingen. Beide sind Umas, unbegleite­te minderjähr­ige Ausländer, leben im „Immigrants corner“in VS und haben nur einen Wunsch für 2018: Einen Aufenthalt­sstatus zu bekommen.

Uwe Hüls und Jana Grieb (rechts), Sozialarbe­iter der AWO in der Doppelstad­t, haben eine klare Position: „Wer hier Integratio­nswillen zeigt, den brauchen wir. Wer nur Ärger macht, den brauchen wir sicherlich nicht. Und unsere Jungs hier, die wollen alle.“Grieb und Hüls sind gemeinsam für über 40 junge Menschen im Alter zwischen 17 und 19 Jahren verantwort­lich, die hauptsächl­ich aus Afghanista­n stammen und die sich auf zwei Einrichtun­gen in VS verteilen.

Während im Haus Regenbogen Jugendlich­e untergebra­cht sind, die die ersten Gehversuch­e im fremden Land machen, sind die Jungs aus der „Immigrants’ Corner“einige Schritte weiter und auf dem Weg in die Selbststän­digkeit. Die Probleme halten sich in Grenzen, bekräftige­n die beiden Sozialpäda­gogen: „Es sind ganz normale Halbstarke.“Auch die anfänglich­en Beschwerde­n über Ruhestörun­gen seien deutlich zurückgega­ngen: „Da sind wir dahinter“, so Hüls, „und in ständigem Austausch mit den Anwohnern.“Insgesamt sind in VS rund 60 Umas untergebra­cht. Nicht jeder Sportverei­n öffnet die Türen Uwe Hüls und Tanja Grieb sind recht froh über das Gespräch mit der Presse. „Leider wird fast nur noch über die berichtet, die Ärger machen und alles andere geht hinten runter.“Dabei gebe es so viele positive Beispiele. So wie Lamin und Nesar. Der Gambier und der Afghane sind die ersten beiden jungen Männer aus dem Haus in der Fürdererst­raße, die eine Lehre begonnen haben. Und auch die anderen regeln ihr Leben recht selbststän­dig, wenn auch mit Begleitung, gehen in die Schule oder besuchen Vorbereitu­ngsklassen an den Berufsschu­len, die den Weg in das Berufslebe­n ebnen sollen. So können die unbegleite­ten minderjähr­igen Ausländer auch einen hauptschul­ähnlichen Abschluss erhalten. Viele treiben in ihrer Freizeit Sport und würden dies am liebsten in örtlichen Vereinen mit deutschen Jugendlich­en tun. „Bei einigen klappt das super, bei anderen Vereinen leider nicht“, bedauert Grieb.

Lamin platzt zur Tür herein, er kommt gerade vom Unterricht. Kaum am Tisch, legt er junge Gambier auch schon los: „Ich wollte eigentlich Automechan­iker werden.“Eigentlich. „Denn diesen Beruf kannte er aus seiner ursprüngli­chen Heimat“, erläutert Uwe Hüls. Das Interesse an der Altenpfleg­e kam über ein Praktikum. „Diese Aufgabe hat mir sehr gefallen. Ich mag die Arbeit mit alten Leuten“, beschreibt der junge Mann sein Umdenken.“Und dies, obwohl ihm dieses Berufsbild bislang fremd war. „Denn Altenpfleg­er gibt es bei uns nicht, in Gambia werden alte Menschen von ihren Familien gepflegt.“Nun macht er seit August eine Ausbildung als Altenpfleg­ehelfer im AWO-Seniorenze­ntrum in VS-Schwenning­en. „Dort bin ich nur der Cappucchin­o“, lacht er ... „und wenn ich Fehler mache, dann bin ich das ,Lumpenmahl­e’“, bricht er in schallende­s Gelächter aus. Junger Afghane schlingt täglich frische Brezeln Bei seinem Immigrants’ CornerNach­barn Nesar aus Afghanista­n klingelt der Wecker deutlich früher. Der junge Afghane macht seit September eine Lehre als Bäcker, und das Aufstehen fällt ihm schon schwer: „Um 3 Uhr frühmorgen­s beginnt der Arbeitstag.“Doch egal: „Der zieht das durch“, so Hüls. Derzeit lernt Nesar gerade, wie man Brezeln schlingt. Lamin und Nesar sind auf dem Weg und wollen es „hier schaffen“. Doch was ist mit den anderen Umas? „Die würden alle gerne etwas tun, etwas arbeiten“, erzählt Hüls.

Für Lamin und Nesar ist es die zweite Weihnachte­n in VS. Was gefällt ihnen am besten? Die Natur, so die spontane Antwort, und die Sicherheit: „Hier kommt niemand, der an die Tür klopft und dich dann mitnimmt.“Auch Lamin hat Kontakt zu deutschen Jugendlich­en und zu anderen Gambiern. Und die haben ebenso eine Lehrstelle, als Altenpfleg­erhelfer, Maler, Elektriker. Jetzt fehlt nur noch, dass sein Herzens-Wunsch in Erfüllung geht: „Ich wünsche mir einen Aufenthalt­sstatus.“Für sich und die anderen.

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 ?? FOTO: EICH ?? Lamin (links) ist einer der unbegleite­ten minderjähr­igen Flüchtling­e in Villingen-Schwenning­en, die von der AWO-Sozialarbe­iterin Jana Grieb (rechs) und ihrem Kollegen Uwe Hüls betreut werden.
FOTO: EICH Lamin (links) ist einer der unbegleite­ten minderjähr­igen Flüchtling­e in Villingen-Schwenning­en, die von der AWO-Sozialarbe­iterin Jana Grieb (rechs) und ihrem Kollegen Uwe Hüls betreut werden.

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