Ringerbund sperrt weiter deutsche DRL-Kämpfer
In den Regional- und Oberligen gibt es Wettbewerbsverzerrungen – Keiner will in die Bundesliga aufsteigen
TUTTLINGEN - Der Deutsche Ringerbund (DRB) hält weiter an den Sperren für die deutschen Ringer fest, die in dieser Saison in der Deutschen Ringerliga (DRL) auf die Matte gehen. Das teilte der Verband am Donnerstag mit. „Die vorläufigen Suspendierungen für Wettkämpfe im Organisationsbereich des DRB wurden nach den gerichtlichen Feststellungen im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht beanstandet. Den antragstellenden Ringern fehle für den Eilrechtsschutz das Rechtsschutzbedürfnis sowie eine besondere Dringlichkeit der Sache“, heißt es dazu knapp in der Erklärung des DRB.
Damit setzt der Verband auf den Faktor Zeit und das gerichtliche Verfahren. Doch ob das im Sinne des DRB ausfallen wird, scheint nach einer Entscheidung der EU-Kommission zu einer ganz anderen Sportart fraglich. Die hatte Anfang Dezember per Beschluss festgestellt, dass die Bestimmungen der Internationalen Eislaufunion (ISU), nach denen Sportler für die Teilnahme an nicht von der ISU genehmigten Eisschnelllauf-Wettkämpfen mit harten Sanktionen belegt werden, gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen. Ähnliches dürfte im Streit zwischen DRB und DRL, in der auch der ASV Nendingen ringt, vorliegen.
Auf der Internetseite der Europäischen Union wird EU-Kommissarin Margrethe Vestager zitiert: „Die internationalen Sportverbände spielen für die Karriere der Sportler eine wichtige Rolle – sie schützen ihre Gesundheit und Sicherheit und die Fairness bei den Wettkämpfen. Die harten Sanktionen, die die Internationale Eislaufunion gegen Eisläufer verhängt, dienen jedoch auch dazu, ihre eigenen geschäftlichen Interessen zu schützen und andere daran zu hindern, eigene Veranstaltungen zu organisieren. Die ISU muss nun unserem Beschluss nachkommen, ihre Bestimmungen ändern und Sportlern und konkurrierenden Veranstaltern im Interesse aller Eislauffans neue Möglichkeiten eröffnen.“ Derzeit keine Gespräche zwischen DRB und DRL Schon vor der Saison musste der Ringer-Weltverband United World Wrestling (UWW) ausgesprochene oder angedrohte Strafen für die Ringer, die in der DRL kämpfen, nach einer einstweiligen Verfügung des Schweizer Bezirksgerichts Vevey zurücknehmen. Neben der Aufhebung der Ende September verhängten Sperren wurde der UWW verboten, gegen die von der DRL vertretenen Ringer eine Suspendierung oder andere Sanktion zu fällen. Zudem wurde der UWW verboten, den DRLRingern zu verbieten, an internationalen Turnieren und an der DRL teilzunehmen (wir berichteten).
Dennoch sieht sich der DRB weiterhin im Recht: „Wir haben den Prozess gewonnen“, sagt DRB-Vizepräsident Daniel Wozniak im Gespräch mit unserer Zeitung und verweist darauf, dass die DRL die Prozesskosten zu tragen gehabt habe. Letzteres bestätigt auch Markus Scheu, Geschäftsführer der DRL. Allerdings: „Wir haben nicht verstanden, warum wir diese zahlen mussten.“Nach wie vor sieht er keine Rechtsgrundlage für das Vorgehen der UWW. „Es wird mit ganz unsauberen Methoden gearbeitet“, sagt auch Sven Nagel, der Ringer vor dem Landgericht in Würzburg vertritt, die vom DRB gesperrt worden sind, und für die DRL aktiv sind. Einer der Ringer, die geklagt haben ist Weingartens Oldie Adam Juretzko. Auch er betont, dass die DRL vor dem Bezirksgericht Vevey gewonnen habe. Die UWW habe aufgrund des Bescheides des Bezirksgerichts die Sperren und Sperrandrohungen zurückgezogen.
Aktuell herrsche laut Scheu zwischen dem DRB und der DRL Funkstille, obgleich die DRB-Delegiertenversammlung dem Präsidium einen genau anderslautenden Auftrag gegeben habe. Immerhin: In einem Schreiben vom 21. Dezmeber heißt es nun: „Dennoch werden wir entsprechend der Beschlussfassung der vergangenen Delegiertenversammlung weiterhin Gesprächsbereitschaft mit der DRL signalisieren“. Zudem wird von einer „hypothetischen Kooperation“mit der DRL gesprochen. In der Versammlung selbst soll sich dem Vernehmen nach DRB-Präsident Manfred Werner abfällig über die DRL geäußert haben.
Derweil kämpft der DRB auch an einer anderen Front: In den Regionalund Oberligen haben sich – wie schon in den vergangenen Jahren – zum Saisonende komische Ergebnisse gehäuft. Man könnte auch sagen, die Mannschaften betreiben Wettbewerbsverzerrung, da sie partout nicht in die Bundesliga aufsteigen wollen. Denn mit der Reform zur laufenden Saison hat der DRB die zweite Bundesliga abgeschafft. Für viele Teams ist der Sprung von der Regionaloder Oberliga direkt in die Bundesliga zu groß. Daher versuchen sie, die Liga-Meisterschaft zu verhindern, um nicht aufsteigen zu müssen. Denn sollten sie diese verweigern, würden sie vom DRB in die Landesoder Bezirksliga strafversetzt. Wenn siegen dann doch verlieren bedeutet Ein Beispiel: Beim Spitzenduell der Oberliga Nordrhein-Westfalen zwischen den Ex-Bundesligisten KSK Konkordia Neuss und dem TV Essen-Dellwig gingen vor zwei Wochen insgesamt fünf Kämpfer mit Übergewicht auf die Matte. Die Klasse bis 75 Kilogramm im klassischen Stil ließen beide Trainer gar unbesetzt. Der Ringerverband sah sich genötigt, den Kampf, den Neuss auf der Matte 12:9 gewann, mit 0:0 und zwei Minuspunkten für beide Mannschaften zu werten. Am letzten Kampftag verloren Neuss und der AC Köln 0:40, um nicht Meister zu werden. Der ist nun der TV Essen-Dellwig – und der kommentiert auf Facebook: „Man gründe eine Liga...keiner in Deutschland will darein...aber man denkt nicht darüber nach, ob etwas falsch läuft.“Für ihn ist die erste Liga jedenfalls derzeit keine Option.
Der nordrhein-westfälische Ringerverband schreibt auf seiner Internetseite von einer „Farce“im Meisterschaftsrennen, hält aber wohl wenig von den eigenen Statuten: „Verdenken kann man den drei Oberliga-Spitzenclubs dieses Vorgehen letzten Endes kaum. Der Sprung in die Bundesliga ist sowohl sportlich als auch finanziell einfach zu groß, um ihn im Vorbeigehen bewältigen zu können. Auch der Aufwand für Trainer und Aktive ist hier deutlich höher. So unsportlich der Verzicht und die Wettbewerbsverzerrung auch auf den ersten Blick erscheinen mögen: Die Clubs haben sich so ihre Existenz und ihr Überleben gesichert. Wer will es ihnen verübeln?!“. Eine Entscheidung wie es nun in den Ligen des DRB weitergehen soll, soll eine außerordentliche Mitgliederversammlung am 8. Januar 2018 beschließen.
Und die DRL? Die plant eine zweite Liga, in der Mannschaften, die sich innerhalb der Statuten des DRB nicht mehr wohl fühlen, aber eine erste Liga finanziell nicht stemmen können, auf die Beine zu stellen. Damit hätten die fünf DRL-Teams plötzlich einen Unterbau. Ausgeschlossen scheint das angesichts der neuerlichen Querelen beim DRB nicht zu sein.