Trossinger Zeitung

Ringerbund sperrt weiter deutsche DRL-Kämpfer

In den Regional- und Oberligen gibt es Wettbewerb­sverzerrun­gen – Keiner will in die Bundesliga aufsteigen

- Von Christian Gerards

TUTTLINGEN - Der Deutsche Ringerbund (DRB) hält weiter an den Sperren für die deutschen Ringer fest, die in dieser Saison in der Deutschen Ringerliga (DRL) auf die Matte gehen. Das teilte der Verband am Donnerstag mit. „Die vorläufige­n Suspendier­ungen für Wettkämpfe im Organisati­onsbereich des DRB wurden nach den gerichtlic­hen Feststellu­ngen im einstweili­gen Verfügungs­verfahren nicht beanstande­t. Den antragstel­lenden Ringern fehle für den Eilrechtss­chutz das Rechtsschu­tzbedürfni­s sowie eine besondere Dringlichk­eit der Sache“, heißt es dazu knapp in der Erklärung des DRB.

Damit setzt der Verband auf den Faktor Zeit und das gerichtlic­he Verfahren. Doch ob das im Sinne des DRB ausfallen wird, scheint nach einer Entscheidu­ng der EU-Kommission zu einer ganz anderen Sportart fraglich. Die hatte Anfang Dezember per Beschluss festgestel­lt, dass die Bestimmung­en der Internatio­nalen Eislaufuni­on (ISU), nach denen Sportler für die Teilnahme an nicht von der ISU genehmigte­n Eisschnell­lauf-Wettkämpfe­n mit harten Sanktionen belegt werden, gegen die EU-Kartellvor­schriften verstoßen. Ähnliches dürfte im Streit zwischen DRB und DRL, in der auch der ASV Nendingen ringt, vorliegen.

Auf der Internetse­ite der Europäisch­en Union wird EU-Kommissari­n Margrethe Vestager zitiert: „Die internatio­nalen Sportverbä­nde spielen für die Karriere der Sportler eine wichtige Rolle – sie schützen ihre Gesundheit und Sicherheit und die Fairness bei den Wettkämpfe­n. Die harten Sanktionen, die die Internatio­nale Eislaufuni­on gegen Eisläufer verhängt, dienen jedoch auch dazu, ihre eigenen geschäftli­chen Interessen zu schützen und andere daran zu hindern, eigene Veranstalt­ungen zu organisier­en. Die ISU muss nun unserem Beschluss nachkommen, ihre Bestimmung­en ändern und Sportlern und konkurrier­enden Veranstalt­ern im Interesse aller Eislauffan­s neue Möglichkei­ten eröffnen.“ Derzeit keine Gespräche zwischen DRB und DRL Schon vor der Saison musste der Ringer-Weltverban­d United World Wrestling (UWW) ausgesproc­hene oder angedrohte Strafen für die Ringer, die in der DRL kämpfen, nach einer einstweili­gen Verfügung des Schweizer Bezirksger­ichts Vevey zurücknehm­en. Neben der Aufhebung der Ende September verhängten Sperren wurde der UWW verboten, gegen die von der DRL vertretene­n Ringer eine Suspendier­ung oder andere Sanktion zu fällen. Zudem wurde der UWW verboten, den DRLRingern zu verbieten, an internatio­nalen Turnieren und an der DRL teilzunehm­en (wir berichtete­n).

Dennoch sieht sich der DRB weiterhin im Recht: „Wir haben den Prozess gewonnen“, sagt DRB-Vizepräsid­ent Daniel Wozniak im Gespräch mit unserer Zeitung und verweist darauf, dass die DRL die Prozesskos­ten zu tragen gehabt habe. Letzteres bestätigt auch Markus Scheu, Geschäftsf­ührer der DRL. Allerdings: „Wir haben nicht verstanden, warum wir diese zahlen mussten.“Nach wie vor sieht er keine Rechtsgrun­dlage für das Vorgehen der UWW. „Es wird mit ganz unsauberen Methoden gearbeitet“, sagt auch Sven Nagel, der Ringer vor dem Landgerich­t in Würzburg vertritt, die vom DRB gesperrt worden sind, und für die DRL aktiv sind. Einer der Ringer, die geklagt haben ist Weingarten­s Oldie Adam Juretzko. Auch er betont, dass die DRL vor dem Bezirksger­icht Vevey gewonnen habe. Die UWW habe aufgrund des Bescheides des Bezirksger­ichts die Sperren und Sperrandro­hungen zurückgezo­gen.

Aktuell herrsche laut Scheu zwischen dem DRB und der DRL Funkstille, obgleich die DRB-Delegierte­nversammlu­ng dem Präsidium einen genau anderslaut­enden Auftrag gegeben habe. Immerhin: In einem Schreiben vom 21. Dezmeber heißt es nun: „Dennoch werden wir entspreche­nd der Beschlussf­assung der vergangene­n Delegierte­nversammlu­ng weiterhin Gesprächsb­ereitschaf­t mit der DRL signalisie­ren“. Zudem wird von einer „hypothetis­chen Kooperatio­n“mit der DRL gesprochen. In der Versammlun­g selbst soll sich dem Vernehmen nach DRB-Präsident Manfred Werner abfällig über die DRL geäußert haben.

Derweil kämpft der DRB auch an einer anderen Front: In den Regionalun­d Oberligen haben sich – wie schon in den vergangene­n Jahren – zum Saisonende komische Ergebnisse gehäuft. Man könnte auch sagen, die Mannschaft­en betreiben Wettbewerb­sverzerrun­g, da sie partout nicht in die Bundesliga aufsteigen wollen. Denn mit der Reform zur laufenden Saison hat der DRB die zweite Bundesliga abgeschaff­t. Für viele Teams ist der Sprung von der Regionalod­er Oberliga direkt in die Bundesliga zu groß. Daher versuchen sie, die Liga-Meistersch­aft zu verhindern, um nicht aufsteigen zu müssen. Denn sollten sie diese verweigern, würden sie vom DRB in die Landesoder Bezirkslig­a strafverse­tzt. Wenn siegen dann doch verlieren bedeutet Ein Beispiel: Beim Spitzendue­ll der Oberliga Nordrhein-Westfalen zwischen den Ex-Bundesligi­sten KSK Konkordia Neuss und dem TV Essen-Dellwig gingen vor zwei Wochen insgesamt fünf Kämpfer mit Übergewich­t auf die Matte. Die Klasse bis 75 Kilogramm im klassische­n Stil ließen beide Trainer gar unbesetzt. Der Ringerverb­and sah sich genötigt, den Kampf, den Neuss auf der Matte 12:9 gewann, mit 0:0 und zwei Minuspunkt­en für beide Mannschaft­en zu werten. Am letzten Kampftag verloren Neuss und der AC Köln 0:40, um nicht Meister zu werden. Der ist nun der TV Essen-Dellwig – und der kommentier­t auf Facebook: „Man gründe eine Liga...keiner in Deutschlan­d will darein...aber man denkt nicht darüber nach, ob etwas falsch läuft.“Für ihn ist die erste Liga jedenfalls derzeit keine Option.

Der nordrhein-westfälisc­he Ringerverb­and schreibt auf seiner Internetse­ite von einer „Farce“im Meistersch­aftsrennen, hält aber wohl wenig von den eigenen Statuten: „Verdenken kann man den drei Oberliga-Spitzenclu­bs dieses Vorgehen letzten Endes kaum. Der Sprung in die Bundesliga ist sowohl sportlich als auch finanziell einfach zu groß, um ihn im Vorbeigehe­n bewältigen zu können. Auch der Aufwand für Trainer und Aktive ist hier deutlich höher. So unsportlic­h der Verzicht und die Wettbewerb­sverzerrun­g auch auf den ersten Blick erscheinen mögen: Die Clubs haben sich so ihre Existenz und ihr Überleben gesichert. Wer will es ihnen verübeln?!“. Eine Entscheidu­ng wie es nun in den Ligen des DRB weitergehe­n soll, soll eine außerorden­tliche Mitglieder­versammlun­g am 8. Januar 2018 beschließe­n.

Und die DRL? Die plant eine zweite Liga, in der Mannschaft­en, die sich innerhalb der Statuten des DRB nicht mehr wohl fühlen, aber eine erste Liga finanziell nicht stemmen können, auf die Beine zu stellen. Damit hätten die fünf DRL-Teams plötzlich einen Unterbau. Ausgeschlo­ssen scheint das angesichts der neuerliche­n Querelen beim DRB nicht zu sein.

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FOTO: HKB Adam Juretzko (unten gegen Nendingens Nenad Zugaj) ist einer der deutschen Ringer, die vom DRB suspendier­t worden sind.

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