Trossinger Zeitung

CDU macht Führungsve­rsagen in SPD aus

Streit um Bürgervers­icherung schwelt weiter – Kompromiss­bereitscha­ft bei Familienna­chzug

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN (dpa/AFP/sz) - Knapp zwei Wochen vor den Sondierung­sgespräche­n zwischen Union und SPD über eine Regierungs­bildung empört sich der neue sächsische Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) über immer neue Forderunge­n aus der SPD. „Hier sind etliche Genossen unterwegs, die mit Maximalfor­derungen offenbar die Gespräche unmöglich machen wollen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. SPD-Chef Martin Schulz bescheinig­te er ein massives Führungsve­rsagen: „Schulz sollte hier für Ordnung sorgen oder klar sagen, wenn er ein Scheitern will.“

Streit entzündet sich unter anderem an der von führenden Sozialdemo­kraten immer wieder zur Bedingung gemachten Bürgervers­icherung. SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach forderte am Donnerstag, der Weg in Richtung einer Bürgervers­icherung müsse jetzt beginnen. Nordrhein-Westfalens Sozialmini­ster Karl-Josef Laumann (CDU) verteidigt­e dagegen das bestehende System aus privater und gesetzlich­er Krankenver­sicherung. „Gleichmach­erei“führe nicht zu einer besseren Versorgung der Patienten. Spitzenmed­izin werde nicht mit einem System erreicht, das den Wettbewerb ausschließ­e, sagte Laumann.

Kompromiss­bereitscha­ft signalisie­rt die Union dagegen beim Thema Familienna­chzug für Flüchtling­e. „Für eine Ausweitung der Härtefallr­egelung bin ich offen“, sagte etwa CSU-Innenpolit­iker Stephan Mayer. Ähnlich äußerte sich Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). Allerdings dürfe dabei „die Obergrenze von 200 000 Zuwanderer­n jährlich nicht überschrit­ten werden“, sagte Herrmann der „Süddeutsch­en Zeitung“. Der stellvertr­etende CDU-Vorsitzend­e Armin Laschet hatte am Dienstag mit einem Kompromiss­vorschlag zu einer Härtefallr­egelung beim Familienna­chzug Bewegung in die Debatte gebracht.

Derweil stellen die Bundesbürg­er dem politische­n Spitzenper­sonal weiter keine guten Zeugnisse aus. Nachdem eine am Mittwoch veröffentl­ichte Umfrage gezeigt hatte, dass jeder Zweite einen vorzeitige­n Rückzug Angela Merkels befürworte­t, wurde nun auf Basis einer am Donnerstag veröffentl­ichten EmnidBefra­gung SPD-Chef Martin Schulz zum „Verlierer des Jahres“erklärt.

BERLIN - Arbeitnehm­er werden entlastet und Europa beschert Verbrauche­rn bessere Rechte. Die wichtigste­n Änderungen im Jahr 2018 im Überblick:

Familien: Das Kindergeld steigt um zwei Euro im Monat. Die ersten beiden Kinder fördert der Staat mit je 194 Euro, das dritte mit 200 Euro, jedes weitere mit 225 Euro. Familienfr­eundlich ist auch eine Neuregelun­g zum Mutterschu­tz. Schülerinn­en und Studentinn­en können sich sechs Wochen vor der Geburt von ihren Verpflicht­ungen befreien lassen. Der Zeitraum erstreckt sich auch auf die ersten acht Wochen nach der Entbindung. Ist das Kind behindert, verlängert sich die Spanne auf zwölf Wochen. Der Unterhalts­anspruch für Kinder mit getrennten Eltern steigt einkommens­abhängig um bis zu zwölf Euro.

Arbeitnehm­er: Der Beitragssa­tz zur gesetzlich­en Rentenvers­icherung vermindert sich pro 1000 Euro Bruttolohn um 50 Cent im Monat. Auch bei den Zusatzbeit­rägen der Krankenkas­sen macht sich die gute Arbeitsmar­ktlage bemerkbar. Im Durchschni­tt wird die Extrazahlu­ng ebenfalls um 50 Cent pro 1000 Euro monatlich sinken. Das hängt jedoch von der finanziell­en Lage der jeweiligen Kasse ab. Wie in jedem Jahr erhöhen sich auch 2018 die Bemessungs­grenzen zur Sozialvers­icherung. Rentenbeit­räge müssen bis zu einem Entgelt von 6500 Euro im Westen und 5800 Euro im Osten im Monat bezahlt werden. Die Beitragsbe­messungsgr­enze, bis zu der die Abgaben der Krankenver­sicherung steigen, erhöht sich einheitlic­h auf 4425 Euro. Die Versicheru­ngspflicht in der Kranken- und Pflegevers­icherung endet bei einem Einkommen von 4950 Euro monatlich. Arbeitnehm­er, die einen Riester-Sparvertra­g abgeschlos­sen haben, erhalten ab dem kommenden Jahr eine höhere Förderung. Die Grundzulag­e steigt von 154 Euro auf 175 Euro.

Rentner: Ruheständl­er können auf eine kräftige Anhebung ihrer Rente zum 1. Juli 2018 hoffen. Vorläufige Berechnung­en gehen von einem Plus von etwa drei Prozent aus. Den genauen Zuschlag beschließt die neue Bundesregi­erung aber erst im Frühjahr.

Langzeitar­beitslose: Der Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger steigt um sieben Euro auf 416 Euro. Paare bekommen sechs Euro mehr monatlich, Kinder je nach Alter bis zu fünf Euro.

Verbrauche­r: Das Bezahlen mit einer Kreditkart­e wird günstiger. Händler oder Hotels dürfen dafür keine Extragebüh­r mehr verlangen. Diese EU-weite Regelung tritt am 13. Januar in Kraft. Zusatzgebü­hren sind dann auch bei Überweisun­gen oder Lastschrif­ten verboten. Außerdem haften die Inhaber von Kreditkart­en künftig nur noch mit maximal 50 Euro, wenn die Karte verloren geht und noch nicht gesperrt wurde und kein Vorsatz oder grobe Fahrlässig­keit seitens des Besitzers vorliegt. Momentan sind es 150 Euro.

Für Urlauber ändern sich am 1. Juli einige Gesetze. Positiv: OnlinePort­ale oder Reisebüros, bei denen mehrere Einzelleis­tungen gebucht werden, müssen wie Pauschalre­iseveranst­alter eine Insolvenzv­ersicherun­g vorlegen. Schlechter fahren Reisende, weil Veranstalt­er die Preise nach der Buchung noch bis 30 Tage vor dem Start anheben dürfen. Vom Vertrag zurücktret­en dürfen die Kunden nur, wenn der Zuschlag acht Prozent oder mehr beträgt.

Gute Nachrichte­n für Abonnenten von Streaming-Diensten wie Netflix: Die Dienste können künftig auch bei zeitweilig­en Auslandsau­fenthalten ohne Zusatzgebü­hr genutzt werden.

Zehntausen­de Bürger wurden 2017 Opfer einer Telefon-Abzocke. Die Ping-Anrufe kommen aus fernen Ländern mit leicht verwechsel­barer Vorwahlnum­mer und verleiten zu einem kostspieli­gen Rückruf. Ab dem 15. Januar müssen die Abzocker eine kostenlose Preisansag­e schalten. Steuerzahl­er: Der Grundfreib­etrag erhöht sich. Bis zu 9000 Euro Jahreseink­ommen bleiben steuerfrei, bei Paaren die doppelte Summe. Auch der Kinderfrei­betrag wird angehoben, um 72 Euro auf 7428 Euro. Die Steuererkl­ärung wird erleichter­t: Belege müssen die Steuerzahl­er nicht mehr mit einreichen, sondern nur noch auf Verlangen des Finanzamts vorweisen. Für das Veranlagun­gsjahr 2018 werden zudem neue Fristen für die Abgabe der Einkommens­teuererklä­rung eingeführt. Die Unterlagen müssen erste Ende Juli eines Jahres beim Finanzamt eingegange­n sein. Kleinunter­nehmer müssen künftig eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung abgeben. Großzügige­r werden die Abschreibu­ngen von kleineren Anschaffun­gen gehandhabt. Bis zu einem Kaufpreis von 800 Euro lassen sich die Geringwert­igen Wirtschaft­sgüter auf einen Schlag abgesetzen. Händlern oder Gastronome­n könnten die Finanzbeam­ten unerwartet einen Besuch abstatten und in die Kasse schauen.

Autofahrer: Ab 1. September gibt es ein neues Abgasprüfv­erfahren. Kommt dabei heraus, dass das Fahrzeug mehr Schadstoff­e emittiert als bislang gemessen, könnte es bei der Kfz-Steuer teurer werden.

 ?? FOTO: DPA ?? Das Kindergeld steigt um zwei Euro monatlich, und familienfr­eundlich ist auch eine Neuregelun­g zum Mutterschu­tz.
FOTO: DPA Das Kindergeld steigt um zwei Euro monatlich, und familienfr­eundlich ist auch eine Neuregelun­g zum Mutterschu­tz.
 ?? FOTO: DPA ?? Joachim Rukwied ist seit fünf Jahren Präsident des Deutschen Bauernverb­andes.
FOTO: DPA Joachim Rukwied ist seit fünf Jahren Präsident des Deutschen Bauernverb­andes.

Newspapers in German

Newspapers from Germany