Italien löst Parlament für Neuwahl am 4. März auf
In den Umfragen hat keine der Parteien eine regierungsfähige Mehrheit
ROM - Der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella hat am Donnerstag das Parlament aufgelöst und damit den Weg für Neuwahlen im Frühjahr frei gemacht. Mattarella unterzeichnete das Dekret zur Parlamentsauflösung. Am 4. März wird eine neue Volksvertretung gewählt. Das beschloss das Kabinett. Angesichts unklarer Mehrheitsverhältnsse drohen chaotische Verhältnisse.
Ministerpräsident Paolo Gentiloni bleibt so lange im Amt, bis nach der Neuwahl eine Regierung gebildet wird. Seine Partei, erklärte der Sozialdemokrat, habe „gute Arbeit geleistet und Italien nach vorne gebracht“. Gentiloni hatte die Regierungsgeschäfte Ende 2016 von dem zurückgetretenen Regierungschef Matteo Renzi übernommen. Gentiloni entwickelte sich nicht zu „einer Renzi-Marionette“, wie damals die Zeitung „Il Giorno“wetterte. Den römischen Adligen mit dem im Vergleich zu Renzi zurückhaltenden Wesen bezeichnen politische Beobachter als eine Art männlicher Merkel: Mit seiner ausgleichenden Art führte Gentiloni die Amtsgeschäfte ohne viel Aufhebens.
Gentilonis Minister aus verschiedenen Mitte-links-Parteien regierten ohne große Skandale. „Mit dieser Regierung“, schrieb die Zeitung „La Repubblica“, „wird eine Phase der politischen Entspannung und Stabilität zu Ende gehen.“Gentiloni gelang es zwar nicht, ein Gesetz zur Einbürgerung aller in Italien geborenen Ausländer zu verabschieden, das Ius-SoliGesetz, doch in Sachen rechtlicher Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare und Patientenverfügung konnte seine Regierung zwei ihr wichtige Gesetze verabschieden.
Gentiloni verwies in seiner Jahresabschlussrede auf die „endlich wieder positive wirtschaftliche Lage unseres Landes“. Italien, so Gentiloni, „ist nicht mehr das berühmte Schlusslicht Europas“. Tatsache ist, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone wieder leicht wächst, auch wenn sie im europäischen Vergleich hinterherhinkt. Italien stehe „wesentlich besser da als zu Beginn dieser Legislaturperiode 2013“, so Gentiloni.
Diese relativ guten Resultate bedeuten aber noch lange nicht, dass die regierenden Sozialdemokraten bei den anstehenden Parlamentswahlen gut abschneiden werden. Sämtlichen Umfragen zufolge kommt die Partei, deren Chef Matteo Renzi ist, auf gerade mal 20 Prozent. Den gleichen Umfragen zufolge würden mehr als 25 Prozent aller Wahlbürger die populistische 5-Sterne-Bewegung von ExKomiker Beppe Grillo wählen. Deren Kandidat für den Posten des Regierungschefs, Luigi Di Maio, spricht von einer Regierungsübernahme „durch uns, die wir weder links noch rechts, sondern nur für die Bürger sind“. Eine Regierung Di Maios wollen nicht nur die Sozialdemokraten verhindern, sondern auch Silvio Berlusconis Forza Italia und die rechte Partei Lega des ausländerfeindlichen Matteo Salvini. Nicht ausgeschlossen sind deshalb die unterschiedlichsten Wahlbündnisse, um eine Regierung der GrilloPartei zu verhindern: Forza Italia mit den Sozialdemokraten oder aber Forza Italia mit der Lega. Anspielung auf Deutschland Die Sozialdemokraten haben nur wenig Hoffnung, allein eine Mehrheit zu erlangen. Zu zerstritten sind die Partei und ihre Flügel. Zu viele ehemalige Sozialdemokraten haben eigene Linksparteien gegründet, und sie alle sind nicht dazu bereit, mit Renzis Partei ein Wahlbündnis zu bilden.
„Wir gehen auf politisch unsichere Zeiten zu“, befürchtet Medienzar Berlusconi, da keine der Parteien eine regierungsfähige Mehrheit hat. Mit Blick auf eine Hängepartie nach den Wahlen – ähnlich wie in Deutschland – sagte Gentiloni scherzend: Es gebe international die Sorge vor einer „Italianisierung der Politik – aber ohne italienische Politiker“. Was Italien angeht, beschwichtigte Gentiloni: „Wir sollten das Thema der Unstabilität auch nicht dramatisieren.“Italien sei ausreichend „geimpft“, was häufige Regierungswechsel angehe.