Trossinger Zeitung

„Deutschlan­d muss finanziell solidarisc­her sein“

-

BERLIN - Der Publizist Alfred Grosser (Foto: dpa) fordert die Deutschen zu finanziell­en Zugeständn­issen auf. Andreas Herholz hat ihn befragt.

SPD-Chef Schulz will die Vereinigte­n Staaten von Europa bis 2025. Ein Traum? Daran glaubt niemand. Das ist eine Utopie. Aber SPD-Chef Schulz geht auf Macron zu. Kanzlerin Angela Merkel dagegen zaudert und bleibt zurückhalt­end skeptisch. Deutschlan­d und die Bundesregi­erung sollten endlich erkennen, wenn sie mehr Europa wollen, müssen sie finanziell solidarisc­her sein und diejenigen stärker unterstütz­en, die weniger reich sind. Das wird in Deutschlan­d aber noch immer nicht akzeptiert, ist nicht mehrheitsf­ähig.

Wie groß ist die Enttäuschu­ng in Paris über die Zurückhalt­ung Merkels auf die Reformagen­da des französisc­hen Präsidente­n? Natürlich ist man im Élysée nicht über dieses Zaudern begeistert. Aber Macron ist Realist. Er hat sicher nicht erwartet, dass die Kanzlerin einem gemeinsame­n europäisch­en Haushalt und einem gemeinsame­n Finanzmini­ster für die Eurozone zustimmt. Das würde für Deutschlan­d kostspieli­g.

Mehr Geld aus Berlin für die EU – ist das ein probates Rezept, um Europa zu stärken? Ja, das wäre ein wichtiger Schritt. Die Möglichkei­ten Deutschlan­ds sind deutlich größer als die anderer EU-Staaten. Wir brauchen ein föderative­s Modell nach dem Vorbild der Bundesrepu­blik, wo den schwachen Ländern von den starken geholfen wird. Wir benötigen einen europäisch­en Finanzausg­leich. Der französisc­he Staatspräs­ident Macron fordert eine grundlegen­de Neugründun­g der Europäisch­en Union. Wie sollte diese aussehen? Das würde viel Geld kosten. Die Bundesrepu­blik hat dieses Geld und schwarze Zahlen. Das wäre in Deutschlan­d aber nur schwer durchsetzb­ar und würde die AfD weiter stärken.

Erleben wir einen Führungswe­chsel in Europa? Übernimmt Frankreich jetzt eine stärkere Rolle? Nein, das ist auch nicht die Absicht des französisc­hen Präsidente­n. Er macht Reformvors­chläge und will sie gemeinsam mit der deutschen Kanzlerin umsetzen. Frau Merkel wird wahrschein­lich Kanzlerin bleiben, aber deutlich geschwächt. Es wäre gut, wenn 2018 ein deutschfra­nzösisches Jahr wird. Aber ich fürchte, die Hoffnung wird am Ende enttäuscht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany