Trossinger Zeitung

Keine Alternativ­e zu Ruhani

- Von Michael Wrase

Die Proteste in Iran kamen für die meisten Beobachter überrasche­nd: Trotz der anhaltende­n Wirtschaft­skrise gilt die islamische Republik als stabil. Mit eher mäßigem Erfolg konnte sich Präsident Hassan Ruhani gegen erzkonserv­ative Rivalen behaupten. Politische Rückendeck­ung erhielt der für iranische Verhältnis­se eher liberale Politiker aus Europa, wo man trotz Sperrfeuer aus Washington am Atomabkomm­en mit Iran festhalten will.

Dass US-Präsident Donald Trump die berechtigt­en Proteste als eine Chance für einen „Regime Change“betrachten würde, war zu erwarten. Doch wo sind die Alternativ­en? Soll nach dem Irak, der nach dem Sturz von Saddam Hussein im Chaos versank, ein weiteres Land im Mittleren Osten destabilis­iert werden?

Nüchtern betrachtet gibt es zu Ruhani keine Alternativ­e. Ohnehin ist es noch unklar, was die Demonstran­ten in Iran tatsächlic­h wollen und wie sich die Proteste weiterentw­ickeln werden. Die Wut der Iraner richtet sich in erster Linie gegen die verfehlte Wirtschaft­spolitik ihrer Regierung und wohl nur sekundär gegen die Herrschend­en in Teheran an sich.

Es war Ruhani, der jetzt das Recht der Iraner auf friedliche Proteste verteidigt hat. Man mag dies als Lippenbeke­nntnis abtun – könnte ihn aber auch beim Wort nehmen. Im Interesse der Stabilität im Mittleren Osten sollte sich Europa für Letzteres entscheide­n, ohne die Protestbew­egung in Iran im Stich zu lassen. politik@schwaebisc­he.de

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