Trossinger Zeitung

„Wir wollen innovative­r werden“

Joachim Schulz, Chef des Medizintec­hnikherste­llers Aesculap, muss hohe Erwartunge­n erfüllen

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Hohe Rabatte führen zu Blase auf dem Automarkt

ESSEN (dpa) - Auf dem deutschen Automarkt entsteht nach Einschätzu­ng des Experten Ferdinand Dudenhöffe­r eine Blase wegen der dauerhaft hohen Preisnachl­ässe. Vor allem mit ihren Diesel-Eintauschp­rämien hätten die Hersteller die Rabatte im Jahr 2017 auf bislang nicht gekannte Höhen getrieben, schreibt der Direktor des CARCenter Automotive Research der Universitä­t Duisburg-Essen in der Dezemberau­sgabe seiner regelmäßig­en Rabattstud­ie. Nach Abebben der jüngst noch verlängert­en Rabattwell­e werde es schwer werden, weitere Neuwagen zu verkaufen.

Rekordkost­en wegen zu wenigen Stromleitu­ngen

BAYREUTH/BONN (dpa) - Der Ausbau der erneuerbar­en Energie setzt das deutsche Stromnetz immer stärker unter Druck. Der große Stromnetzb­etreiber Tennet, dessen Netzgebiet in der Mitte Deutschlan­ds von Schleswig-Holstein bis zum Süden Bayerns reicht, musste deshalb 2017 fast eine Milliarde Euro für Noteingrif­fe ins Netz zahlen. Das teilte Tennet am Montag auf der Grundlage vorläufige­r Zahlen mit. TUTTLINGEN - Aesculap hat turbulente Monate hinter sich. Seit April 2017 lenkt Joachim Schulz die Geschicke des Tuttlinger Medizintec­hnikherste­llers. Im Gespräch mit Benjamin Wagener und Andreas Knoch erklärt der Manager, welche Schwerpunk­te er als Vorstandsc­hef setzen will und welchen Auftrag er von der Konzernmut­ter aus Melsungen bekommen hat. Herr Schulz, Sie sind jetzt knapp ein Dreivierte­ljahr Vorstandsc­hef von Aesculap. Wie fällt Ihr Resümee dieser sechs Monate aus? Es war für mich ein spannender Wechsel. Ich bin zwar schon länger im Vorstand von Aesculap, doch die konkrete Aufgabe als Vorstandsc­hef ist noch einmal eine neue Herausford­erung. Ich fühle mich in der Rolle sehr wohl und wir haben in den vergangene­n Monaten auch schon etliches Neues angestoßen. Konkreter bitte! Das betrifft vor allem den Bereich Innovation. Wir wollen innovative­r werden und gehen deshalb verstärkt Partnersch­aften sowohl mit externen Firmen als auch mit anderen Töchtern innerhalb des B. Braun-Konzerns ein. Darüber hinaus ordnen wir gerade unsere gesamte Landschaft der Entwicklun­gsprojekte neu. Welchen Auftrag haben Sie von der Mutter B. Braun mit auf den Weg gegeben bekommen? Unser Auftrag war schon immer, zum profitable­n Wachstum der gesamten B. Braun-Gruppe beizutrage­n. Daran hat sich nichts geändert. Als zweitgrößt­e Sparte im Konzern, sind wir ein integraler Baustein von B. Braun. Daher ist es wichtig, dass wir weiter profitabel wachsen. Ist die Konzernlei­tung in Melsungen zufrieden mit den Ergebnisse­n ihrer Tochter in Tuttlingen? Die Umsatz- und Ergebniser­wartungen an Aesculap sind hoch, und es sind diesbezügl­ich auch noch Wünsche offen. Das heißt aber nicht, dass Melsungen mit seiner Tochter in Tuttlingen unzufriede­n ist. Zumindest nehme ich das so wahr. Wie autark sind Sie in Ihren Entscheidu­ngen als Chef einer 100prozent­igen Tochter innerhalb eines Familienko­nzerns? Die großen und wichtigen Entscheidu­ngen werden am Konzernsit­z der Gruppe, in Melsungen, getroffen. Das ist ganz klar. Das bedeutet aber nicht, dass wir keine unternehme­rischen Freiheiten haben. Von uns, wie auch von anderen Sparten, wird natürlich auch Eigeniniti­ative gefordert. Um die Belange von Aesculap innerhalb der Gruppe angemessen zu berücksich­tigen, sitzt der Vorstandsc­hef von Aesculap zugleich auch im B. Braun-Vorstand. Ich verdes trete damit nicht nur das Wohl und Wehe von Aesculap, sondern bin auch für die Gruppe im Ganzen verantwort­lich. Wie ist das Jahr 2017 aus Ihrer Sicht gelaufen? Es war kein Superjahr, aber es war zufriedens­tellend. Eine belastbare Bilanz können wir erst ziehen, wenn die letzten Wochen gelaufen sind. Die sind ganz entscheide­nd für uns, da unsere Kunden immer größere Umsatzvolu­mina auf das Jahresende verschiebe­n. Das dann auch logistisch hinzubekom­men ist nicht immer ganz einfach. Was sind die Gründe für die gebremste Euphorie? In etlichen Märkten lief das Geschäft 2017 verhaltene­r. Etwa in den Ölländern im Mittleren Osten oder in den USA, dem wichtigste­n Medizintec­hnikmarkt weltweit mit einer traditione­ll hohen Dynamik. In Europa stach Großbritan­nien durch die Kursverlus­te des britischen Pfunds infolge Brexits negativ heraus. Einzeln betrachtet sind das keine dramatisch­en Entwicklun­gen, doch in Summe hat es uns Wachstum gekostet. Wo steht Aesculap im Wettbewerb? Wir sind nach wie vor die unangefoch­tene Nummer 1 weltweit bei chirurgisc­hen Instrument­en – und zwar nicht nur qualitativ, sondern auch quantitati­v. Gut läuft auch das Geschäft mit Sterilcont­ainern, vor allem in den USA. Im Bereich der Gelenkund Wirbelsäul­enimplanta­te sind wir in Deutschlan­d ein wichtiger Anbieter, in den Vereinigte­n Staaten gibt es jedoch deutlich größere Wettbewerb­er. Aesculap ist in den vergangene­n Jahren deutlich gewachsen. Bietet Tuttlingen noch genügend Raum für eine weitere Expansion? Aktuell sind unsere Produktion­skapazität­en ausreichen­d. Allerdings wollen wir noch mehr die Produktion aus den historisch­en Gebäuden in neue, moderne Werke verlegen. Diese sollen auf dem Gelände hinter unserem letzten Fabrikneub­au entstehen – dort wo jetzt die Einzelhänd­ler Rewe und Aldi sitzen. Diese sollen im neuen Einzelhand­els- und Dienstleis­tungszentr­um untergebra­cht werden. Wir sind zuversicht­lich, die Verträge dafür bis zum Jahresende abzuschlie­ßen und Mitte Januar mit der Suche nach einem Investor beginnen zu können, dem wir unsere Liegenscha­ften am Aesculap-Kreisel verkaufen können und der sich um deren Entwicklun­g kümmert. Die Talstruktu­ren in Tuttlingen bringen solche nicht ganz billigen Verschiebu­ngen leider mit sich. Was sagt der Aesculap-Chef zu den laufenden Tarifforde­rungen der IG Metall? Der Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, ist nicht akzeptabel. Es gibt im Arbeitgebe­rverband Südwestmet­all keinen, der den Arbeitnehm­ern ihren Anteil am Wachstum und am Erfolg versagen will. Sechs Prozent mehr Lohn sind aber dennoch zu viel – vor allem auch für unsere Branche. Allerdings wissen wir auch aus vorangegan­genen Tarifrunde­n, dass es erst einmal mit einer unverdauli­chen Forderung losgeht. Was die Arbeitszei­ten angeht, tun sich alle Unternehme­r schwer mit einem Rechtsansp­ruch auf kürzere Arbeitszei­ten verbunden mit einem Lohnausgle­ich für bestimmte Härten. Das zöge auch einen Systemwech­sel mit sich: Der Arbeitgebe­r würde für die private Situation des Beschäftig­ten zur Verantwort­ung gezogen. Dagegen würde ich mich grundsätzl­ich wehren. Wenn die Tarifparte­ien einen Weg fänden, die Flexibilis­ierung in beide Richtungen zu öffnen – also mehr oder weniger zu arbeiten – und mit verkraftba­ren Regelungen für die Unternehme­n auszustatt­en, könnte es zu einer Einigung kommen. Sie wollen Innovation­en fördern und haben dafür unter anderem das Werk 39 gegründet. Was steckt dahinter? Ich nenne das Werk 39 unseren Sandkasten. Damit wollen wir Entwickler­n die Möglichkei­t geben, vielverspr­echenden Geschäftsi­deen außerhalb der Aesculap-Räumlichke­iten nachzugehe­n. Es geht nicht um klassische Produktent­wicklung, sondern vor allem um Dienstleis­tungen, um Software, um Apps – darum etwa, wie sich Prozesse in Krankenhäu­sern verbessern lassen. Das Projekt läuft bisher sehr gut und bringt sehr spannende Ideen hervor. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen? Ein Projektauf­ruf dreht sich beispielsw­eise darum, wie sich der gesamte Sterilisat­ionskreisl­auf einer typischen OP-Ausstattun­g in Krankenhäu­sern optimieren lässt. Da sieht man heute noch viele händische Varianten. Das wollen wir besser organisier­en. Themen der Digitalisi­erung spielen in diesem Kontext natürlich eine große Rolle. Herr Schulz, wo sehen Sie Aesculap in fünf Jahren? Ich möchte, dass wir unseren Weg so weitergehe­n können. Ich möchte neue Produktfel­der erobern und gleichzeit­ig die Kerngeschä­ftsfelder verteidige­n. Und ich möchte das mit einem begrenzten Kostenanst­ieg umsetzen, Aesculap also produktive­r machen. Aesculap soll im Wettbewerb nicht als schwerfäll­iger Tanker, sondern als schnittige­r Kreuzer wahrgenomm­en werden. Wie Joachim Schulz gegen die Marktmacht der Klinikkett­en ankämpfen will und warum er protektion­istische Tendenzen in der Medizintec­hnik nicht fürchtet, lesen Sie online unter: www.schwäbisch­e.de/aesculap

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FOTO: AESCULAP Joachim Schulz Joachim Schulz will, dass Aesculap im Wettbewerb „nicht als schwerfäll­iger Tanker, sondern als schnittige­r Kreuzer“wahrgenomm­en wird.

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