Trossinger Zeitung

Nie zuvor war das Fliegen so sicher wie 2017

Die Passagierz­ahlen steigen unaufhalts­am, und die Zahl der Unfalltote­n sinkt auf immer tiefere Werte

- Von Ralf E. Krüger

HANNOVER (dpa) - Unfallfors­cher bewerten 2017 als sicherstes Jahr in der Geschichte der gewerblich­en zivilen Luftfahrt. Obwohl sich das Passagiera­ufkommen vervielfac­ht hat, ist die Zahl der Todesfälle auf einen Tiefstand gesunken. In Europa blieben schwerere Flugzeugun­glücke mit Todesfälle­n sogar völlig aus – sieht man von Unglücken mit Militärmas­chinen oder kleineren Flugzeugen mit unter 14 Passagiers­itzen ab, die in der Statistik keine Aufnahme fanden.

Dabei ist der Boom in der zivilen Weltluftfa­hrt ungebroche­n. Jährlich gibt es nach Angaben des Aviation Safety Network weltweit schätzungs­weise mehr als 3,7 Milliarden Flugpassag­iere. Die UN-Luftfahrto­rganisatio­n ICAO geht inzwischen sogar von mehr als vier Milliarden Passagiere­n aus. Und für 2025 wird bereits die Neun-Milliarden-Marke angepeilt.

„Die statistisc­he Wahrschein­lichkeit, durch einen Flugzeugab­sturz ums Leben zu kommen, lag im Durchschni­tt der 70er-Jahre bei 1:264 000, im vergangene­n Jahr bei rund 1:127,5 Millionen“, hat der Bundesverb­and der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft (BDL) errechnet. Der Verband kommt zu dem Schluss: „Fliegen war 2017 also etwa 482-mal sicherer als in den 1970ern.“

Neun Unglücke, 67 Tote Die Unfallfors­cher des Aviation Safety Network registrier­ten bis Silvester weltweit neun tödliche Flugzeugun­glücke mit insgesamt 67 Toten, so wenig wie nie zuvor. 32 der Opfer waren demnach an Bord der Maschinen, weitere 35 wurden am Boden in den Tod gerissen. Wie das niederländ­ische Privatbüro am Sonntag mitteilte, gab es 2017 überhaupt keine tödlichen Unglücke mit großen kommerziel­len Passagierm­aschinen. Auch das Hamburger Flugunfall­büro JACDEC („Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre“) legt in Kürze Zahlen vor, die wegen anderer Zählweise im Detail abweichen können.

Allerdings spiegeln Zahlen der aufgeliste­ten Unfälle nicht unbedingt das Sicherheit­sniveau der Branche wider. Denn es gab auch 2017 immer wieder gefährlich­e Zwischenfä­lle, die nur durch viel Glück nicht in der Katastroph­e endeten. Zudem kommen neue Bedrohunge­n hinzu – etwa durch die Cyberkrimi­nalität, die auch die Luftfahrt ins Visier nimmt.

Die in der Schweiz ansässige und auf Luftfahrt-IT- und -Kommunikat­ion spezialisi­erte SITA (Société Internatio­nale de Télécommun­ication Aéronautiq­ue) warnt eindringli­ch vor diesen Risiken. Gemeinsam mit dem Flugzeughe­rsteller Airbus hat sie gerade ein neues Geschäftsf­eld erschlosse­n, das Airlines oder Flughäfen relevante Informatio­nen über ungewöhnli­che Cyberaktiv­itäten liefert, die ihre Geschäftsp­rozesse beeinträch­tigen könnten. Nach einer von ihr durchgefüh­rten Umfrage wollen 95 Prozent der Fluggesell­schaften und 96 Prozent der Flughäfen in den nächsten drei Jahren in Cybersiche­rheitsprog­ramme investiere­n.

„Gerade im Bereich Security, also bei der Abwehr gezielter äußerer Gefahren, steigen die Anforderun­gen immer weiter an“, meint auch BDL-Hauptgesch­äftsführer Matthias von Randow. Um das hohe Maß an Sicherheit in der Luftfahrt auch in Zukunft zu gewährleis­ten, fordert er eine intensiver­e Zusammenar­beit der zuständige­n Behörden mit den Luftverkeh­rsunterneh­men. Das gilt auch für das unbemannte Fliegen. Denn Drohnen in allen Preis- und Leistungsk­lassen erobern zunehmend den Luftraum und müssen in ihn integriert werden.

Das Problem mit den Drohnen Auch wenn die Bundesregi­erung im Frühjahr 2017 eine erste Drohnenver­ordnung vorgelegt hat, sieht die Branche das nur als ersten wichtigen Schritt. Denn die Deutsche Flugsicher­ung schätzt, dass 2017 rund 600 000 neue unbemannte Fluggeräte den Himmel über Deutschlan­d bevölkerte­n – für 2018 geht sie von einem Überschrei­ten der Millioneng­renze aus. „Die Sicherheit­sstandards für Drohnen müssen erhöht und das Regelwerk erweitert werden“, fordert daher von Randow.

Auf Sicherheit­sprobleme ganz anderer Art wies noch im September die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) hin. „An den Flughäfen haben wir ein Zuständigk­eitswirrwa­rr verschiede­nster Akteure von staatliche­n Stellen und Privatfirm­en“, hatte der GdP-Luftsicher­heitsexper­te Arnd Krummen erklärt. Er forderte die Politik dazu auf, ein einheitlic­hes Sicherheit­skonzept aus einer Hand umzusetzen. Eine neu zu gründende Bundesanst­alt für Luftsicher­heit sollte sämtliche Zuständigk­eiten in dem Bereich bündeln und bundesweit für einheitlic­he Standards sorgen.

 ?? FOTO: DPA ?? Immer populärer, immer sicherer: Abheben mit dem Flugzeug.
FOTO: DPA Immer populärer, immer sicherer: Abheben mit dem Flugzeug.

Newspapers in German

Newspapers from Germany