Trossinger Zeitung

Januar 1918: gekürzte Essensrati­onen

Serie: Spaichinge­n vor 100 Jahren – Das letzte Jahr des Ersten Weltkriegs

- Von Stefan Fuchs

SPAICHINGE­N - Zum 100. Mal jährt sich heuer das Ende des Ersten Weltkriegs. Im Andenken an die entbehrung­sreiche Zeit der Kriegsjahr­e machen wir uns in einer kleinen Serie im Archiv des Heuberger Boten auf die Suche nach Ereignisse­n und Spuren aus dem letzten Kriegsjahr in Spaichinge­n. Der erste Teil beschäftig­t sich mit der Rationalis­ierung von Lebensmitt­eln durch die Reichsgetr­eidestelle.

800 000 Menschen sterben zwischen den Jahren 1914 und 1918 in Deutschlan­d am Hunger. Das ist etwa die Hälfte der Zahl der im Krieg gefallenen deutschen Soldaten. Anfang 1918 ist der sogenannte Steckrüben­winter, die wohl größte Hungersnot der neueren Geschichte auf deutschem Boden, gerade einmal ein Jahr her. Auf 1000 Kilokalori­en ist die Tagesratio­n erwachsene­r Menschen 1917 geschrumpf­t. Aber auch noch 1918 gibt es strenge Vorgaben und Beschränku­ngen für Landwirte.

Am 2. Januar, heute vor genau 100 Jahren, berichtet der Heuberger Bote unter der Überschrif­t „Bestellung der Vorräte an Getreide und Hülsenfrüc­hte“in einer Amtsmittei­lung von den Einschränk­ungen. Die Bauern werden angewiesen, Teile ihrer Erträge an einer Sammelstel­le der Reichsgetr­eidestelle abzuliefer­n. In der Mitteilung wird auf vorige Anordnunge­n verwiesen, in der jedem Bauern mitgeteilt wurde, wie viel an selbst geerntetem Brotgetrei­de (Weizen, Roggen, Dinkel) er bis zum 15. September, und wie viel Hafer, Gerste und Hülsenfrüc­hte er bis zum 15. August selbst behalten darf.

Weiter wird von einer neuen Anordnung berichtet, in der die Menge an Brotgetrei­de noch einmal um achteinhal­b Kilogramm pro Kopf gekürzt wird. Alle Erträge, die über dem berechnete­n Eigenbedar­f lägen, müssten bei den Kommissäre­n der Reichsgetr­eidestelle abgeliefer­t werden. Der gesamte Jahresbegi­nn ist geprägt von Nachrichte­n über Lebensmitt­elrationie­rungen: Die Kuhhalter liefern zu wenig Milch und Butter ab und Haferliefe­rungen nach Straßburg müssen arrangiert werden. Hintergrun­d dieser Beschränku­ngen, die es in ähnlicher Form in ganz Deutschlan­d gab, war der über die Kriegsjahr­e chronische Mangel an Lebensmitt­eln. Durch die englische Seeblockad­e in der Nordsee war das Deutsche Reich von der Außenwelt abgeschnit­ten. Im Land selbst hatte die Kriegsprod­uktion Vorrang vor der Versorgung der Zivilbevöl­kerung.

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FOTO: STEFAN FUCHS Meldung zum Kriegsgesc­hehen vom 2. Januar 1918.

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