Neue Technik für mehr Transparenz
GARMISCH-PARTENKIRCHEN (lin) Der Traum vom Fliegen hängt an Sekundenbruchteilen: Ein starker, möglichst punktgenauer Absprung an der Schanzentischkante ist auch bei der Vierschanzentournee Grundvorraussetzung für große Weiten. Der ideale Absprung erfolgt so spät wie möglich, aber nicht zu spät (dann gelangt wichtige Kraft nicht mehr auf die Schanze). Präzisionsarbeit ist gefragt – binnen 150 Millisekunden, geht man von 90 Stundenkilometern Anlaufgeschwindigkeit und sechs Metern Tischlänge aus. Effektiv angebrachter Druck ist hohe Kunst. Die Kunst wird neuerdings vermessen.
Acht Highspeed-Kameras waren in Oberstdorf um den Schanzentisch montiert; 250 Bilder lieferte jede je Sekunde. „Für eine Vier-SekundenSequenz“, rechnet Skisprung-Renndirektor Walter Hofer vor, „ergibt das 8000 Bilder.“Konsequenz: „Wir können den Absprung transparenter machen und aus der Fülle der Bilder herauslesen, wie weit jeder Springer vom optimalen Absprungpunkt weg ist.“Einer von vielen Werten, die das gewonnene Datenmaterial birgt – der Wert, der dem TV-Zuschauer daheim das Mysterium Skispringen etwas mehr erschließen soll. Informationen zu vertikaler Absprungkraft und Flugkurve könnten folgen.
Bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang soll eine weitere Neuerung dazukommen: Ein Chip, hinter die Bindung geschraubt, seziert den Sprung in all seinen Phasen. Über die Datenfreigabe allerdings entscheiden die Trainer. Der Deutsche Skiverband hatte hier bislang – durch seine Zusammenarbeit mit dem Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig – einen Vorsprung. Bundestrainer Werner Schuster: „Ja, wir haben Erfahrungen mit einem Sensor. In Summe ist das für mich aber eher ein Trainings-Tool.“Das demnächst, von einem anderen Anbieter (Swiss Timing) und bei allen Nationen im Wettkampf zum Einsatz kommt? Nochmals Werner Schuster: „Wissen ist das eine, Umsetzen ist das andere. Ich fürcht mich jetzt noch nicht.“
Übrigens: In Garmisch-Partenkirchen fehlten die Highspeed-Kameras. Aus, so war zu hören, logistischen Gründen.