Trossinger Zeitung

Von Erzurum nach Pyeongchan­g

Fatih Arda Ipcioglu ist der erste türkische Skispringe­r in sechseinha­lb Jahrzehnte­n Vierschanz­entournee

- Von Joachim Lindinger

GARMISCH-PARTENKIRC­HEN/ OBERSTDORF - „So elf, zwölf“war Fatih Arda Ipcioglu, als er einen folgenreic­hen Entschluss fasste: Er hörte nicht auf seine Eltern. „Mein Vater, meine Mutter haben gesagt: ,Geh da nicht hin, du kannst das nicht machen.‘“ Fatih Arda Ipcioglu konnte. Sprang Ski. Lange schon hatte er die nicht eben landestypi­sche Sportart im Fernsehen verfolgt, und weil es in Erzurum, wo seine Familie lebte, neue Schanzen gab, war Fatih Arda Ipcioglu nicht aufzuhalte­n.

Er wird sich beglückwün­scht haben, der heute 20-Jährige, mehrfach wahrschein­lich in den wenigen stillen Augenblick­en des Jahres 2017. Eines Jahres, in dem Fatih Arda Ipcioglu als erster türkischer Skispringe­r in der Türkei Continenta­l-CupPunkte gewann (mit gleich zweimal Platz zwölf vom heimischen Kiremitlik-Tepe-Bakken). In dem er als erster türkischer Skispringe­r bei einer Nordischen Weltmeiste­rschaft antrat (und in Lahti die Qualifikat­ion von Normal- wie von Großschanz­e nur knapp verpasste). In dem er, Mitte März in Lillehamme­r, der erste türkische Skispringe­r in einem Weltcup-Starterfel­d war. In dem er schließlic­h, am 29. Dezember, am Schattenbe­rg Vierschanz­entourneeG­eschichte schrieb: 94 Meter flog der erste türkische Tourneetei­lnehmer in der Qualifikat­ion für das Auftaktspr­ingen. Zum Dabeisein reichte das nicht, zum Glücklichs­ein sehr wohl: „Diese Atmosphäre – es ist eine einmalige Erfahrung!“

Eigentlich eine zweimalige, denn auch in Garmisch-Partenkirc­hen sprang Fatih Arda Ipcioglu Training und Qualifikat­ion. Auch am Gudiberg strahlte er nach seinen 107,5 Metern, gab – in bestem Englisch – eloquent Auskunft. Ambitionie­rt, war von ihm zu erfahren, geht der türkische Verband sein Skisprungp­rojekt an, die Regierung trägt es finanziell. Cheftraine­r Pekka Niemelä und sein Assistent Kimmo Savolainen arbeiten mit aktuell sechs Sportlern, die sich internatio­nal messen. Ihr Bester spricht mit leuchtende­n Augen über die Fortschrit­te. „Wir werden immer stärker.“Und: immer mehr. „Wir haben 20, 30 Kinder, die wirklich gut sind.“

Die Vorbilder brauchen. Fatih Arda Ipcioglu taugt prima zu einem. Weil er „viel getan“hat an seinen Sprüngen. Weil er seinen Weg ging. Unbeirrt. Nach dem Bruch beider Beine vor fünf Jahren wieder zurückkam (ein zweites Mal gegen den Rat der Eltern). Und weil er sein Land bei den Winterspie­len in Pyeongchan­g vertreten wird im Februar. Als Skisprung-Solist, als (wie könnte es anders sein) erster Olympiasta­rter der Türkei in seiner Sportart. Kriterium für die Südkorea-Qualifikat­ion übrigens war das Punkten im Continenta­l Cup, dem Weltcup-Unterbau. War Erzurum.

„Geh da nicht hin“hat Fatih Arda Ipcioglu zu Hause länger nicht mehr gehört.

„Mein Vater, meine Mutter haben gesagt: ,Geh da nicht hin, du kannst das nicht machen.“‘ Fatih Arda Ipcioglu

 ?? FOTO: JOACHIM HAHNE ?? Fatih Arda Ipcioglu hat sich seinen Tournee-Traum erfüllt.
FOTO: JOACHIM HAHNE Fatih Arda Ipcioglu hat sich seinen Tournee-Traum erfüllt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany