Verspätet oder gar nicht erschienen
Amtsrichter Bäumler denkt nun über eine schärfere Gangart nach
VS-VILLINGEN (sbo) - Im Villinger Amtsgericht ist Geduld gefragt. Warten und Leerläufe gehören mittlerweile zu jedem Sitzungstag. Mitunter wird den Angeklagten nach Verhandlungsbeginn sogar hinterhertelefoniert, aber auch etliche Rechtsbeistände scheinen nicht mehr genau auf die Uhr zu sehen und sind unpünktlich.
Rund eine Stunde Leerlauf ist pro Sitzungstag einzukalkulieren. Der an sich umgängliche und die Autorität nicht überbordend werden lassende Jurist Bäumler gibt sich dünnhäutig. „Manchmal frage ich mich schon, was ich Böses im Leben getan habe. Ich kann die Sachen auch anders durchziehen“, ging Bäumler ob der Situation nun in sich.
Polizeiliche Vorführungen und Anträge auf Vollstreckungshaft dürften zunehmen, einhergehend stellt sich zwangsläufig die Frage der Verhältnismäßigkeit. Muss es so weit kommen, dass die Ordnungshüter einen Kleinkriminellen zu Hause abholen, um diesen in den Sitzungssaal an der Niederen Straße in Villingen zu überstellen? Glauben manche Angeklagte tatsächlich, dass alles besser für sie ausgeht, wenn sie zur Sitzung verspätet oder gar nicht erscheinen?
Zur besagten Vollstreckungshaft kam es nun auch im Vorfeld des Verfahrens gegen einen der gefährlichen Körperverletzung angeklagten Mann, zumindest die prozessualen Abläufe im Amtsgericht gingen deshalb reibungslos vonstatten.
Durch eine von dem Angeklagten forcierte Schlägerei in der Doppelstadt hat sich der Geringverdiener für mehrere Jahre ins finanzielle Abseits katapultiert, sein geschädigter „Kontrahent“erlitt eine Gesichtsquetschung und behält eine Operationsnarbe. Richter Bäumler sprach eine zehnwöchige Bewährungsstrafe aus und verordnete ein Schmerzensgeld von 500 Euro, damit aber ist es für den Angeklagten noch längst nicht getan.
Der Richter verwies im Urteil zwar auf den nun folgenden zivilrechtlichen Weg, was Bäumler seinem Gegenüber nicht sagte: Ein Fall wie dieser belastet das Konto eines Verurteilten schnell um 20 000 Euro oder mehr. Polizeieinsatz, Krankentransport, Operations- und Verfahrenskosten, Arbeitsausfall – keine Versicherung springe für einen über die Stränge schlagenden „Streithahn“ein. Der nun verurteilte Mann verfügt lediglich über ein kleines Einkommen und dürfte sich an seine Verfehlung auch bei jedem Blick auf den Kontoauszug erinnern.