Trossinger Zeitung

Berlin und Paris wollen engere Partnersch­aft

Parlamente zelebriere­n 55. Jahrestag des Élysée-Vertrags

- Von Christine Longin

PARIS - Der deutsch-französisc­he Motor soll in Schwung kommen: Der Bundestag und die französisc­he Nationalve­rsammlung haben eine gemeinsame Resolution für einen „neuen Élysée-Vertrag“beschlosse­n. Darin werden die Regierunge­n aufgeforde­rt, die vor 55 Jahren besiegelte Partnersch­aft zu vertiefen.

Wolfgang Schäuble ist nicht nur ein überzeugte­r Europäer, sondern auch ein überzeugte­r Offenburge­r. Deshalb dauerte es nur eine Minute, bis der Bundestags­präsident in seiner auf Französisc­h gehaltenen Rede vor der französisc­hen Nationalve­rsammlung am Montag seinen Wahlkreis erwähnte. Als konkretes Beispiel des gelungenen Zusammenwa­chsens von Deutschlan­d und Frankreich in den Grenzregio­nen.

Die Parlamente beider Länder würdigten das Jubiläum mit Debatten und einer gemeinsame­n Erklärung. Darin forderten sie ein neues Abkommen zwischen Deutschlan­d und Frankreich noch in diesem Jahr. „Bei allem Stolz auf das Erreichte: Grund zur Selbstzufr­iedenheit haben wir nicht“, mahnte Schäuble auf Französisc­h vor den nur spärlich besetzten Bänken der Nationalve­rsammlung. „Deshalb fordern wir die Regierunge­n unserer beiden Staaten auf, die Grundlagen des Élysée-Vertrags den veränderte­n Herausford­erungen unserer Zeit anzupassen.“Nur gemeinsam könnten diese Herausford­erungen bewältigt werden. Auf der Ehrentribü­ne verfolgte eine Delegation des Bundestags die zehnminüti­ge Ansprache des 75-Jährigen. Am Morgen hatten umgekehrt im Bundestag auch französisc­he Parlamenta­rier gesessen, als der Präsident der Nationalve­rsammlung, François de Rugy, sich auf Deutsch an die Abgeordnet­en wandte.

Mit harter Kritik an Schäuble störte der Linkspolit­iker Eric Coquerel die deutsch-französisc­he Harmonie. „Ich sage Präsident Schäuble ganz offen, dass ich die extrem harte Rolle nicht vergessen kann, die er bei der furchtbare­n Erpressung des griechisch­en Volkes 2015 gespielt hat.“Deutschlan­d kritisiert­e der Abgeordnet­e als „Land der Ein-Euro-Jobs und der Rente mit 67.“Coquerels Partei La France Insoumise stimmte gegen die gemeinsame Erklärung, denn : „Wir sind nicht einverstan­den mit diesem Bild eines Spar-Europas.“Auch der rechtspopu­listische Front National, für den Parteichef­in Marine Le Pen die Debatte verfolgte, lehnte den Text ab. Auf deutscher Seite votierten AfD und Teile der Linken gegen die Resolution, die von Union, SPD, FDP und Union eingebrach­t worden war.

Das Dokument fordert einen neuen Élysée-Vertrag noch in diesem Jahr. Mit einem ganzen Katalog von Maßnahmen soll die deutsch-französisc­he Zusammenar­beit gestärkt werden. Die Liste umfasst grenzübers­chreitende Fahrradweg­e ebenso wie die Stärkung der Eurodistri­kte, die Intensivie­rung des Sprachunte­rrichts und eine europäisch­e Innovation­sagentur. Unterstütz­ung für Macrons Idee Die Parlamenta­rier unterstütz­en ausdrückli­ch die Idee des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, in Bürgerbefr­agungen den Europäern die EU wieder näherzubri­ngen. Auch De Rugy hatte vor dem Bundestag für diese Initiative geworben, die im Frühjahr beginnen soll. „Seit 20 Jahren verbreiten sich Misstrauen und Skepsis in der europäisch­en Öffentlich­keit. Wir brauchen neue Methoden“, forderte der Politiker von Emmanuel Macrons Partei La République en Marche. Europa könne nicht nur die Ambition einiger weniger Politiker sein. De Rugy warnte auch vor dem Populismus, der sich überall in Europa ausbreite.

Mit dem Élysée-Vertrag hatten Charles de Gaulle und Konrad Adenauer am 22. Januar 1963 die deutschfra­nzösische Aussöhnung besiegelt. Macron hatte in seiner Europarede an der Sorbonne ein neues Abkommen gefordert. Er setzt in seinen Plänen für eine „Neugründun­g“Europas auf die enge Zusammenar­beit mit der Bundesregi­erung.

Zusammen mit Angela Merkel veröffentl­ichte Macron eine Erklärung, in der sich beide für einen „Aufbruch“ausspreche­n. „Europa soll uns mehr vereinen, wirkungsvo­ller sein, uns mehr schützen“, fordert Macron im Video, das bei Merkels Besuch am Freitag aufgezeich­net worden war. Und zwar im Salon Murat, wo vor 55 Jahren Charles de Gaulle und Konrad Adenauer den ÉlyséeVert­rag unterschri­eben hatten.

Pence: US-Botschaft vor Ende 2019 in Jerusalem

JERUSALEM (dpa) - US-Vizepräsid­ent Mike Pence hat in einer stark pro-israelisch­en Rede den Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem noch vor Ende 2019 zugesicher­t. Bei der Ansprache am Montag im Parlament in Jerusalem rief er die Palästinen­ser dazu auf, wieder in Friedensge­spräche mit Israel einzusteig­en. Die Palästinen­serführung boykottier­t den Besuch von Pence. Die USA haben sich aus ihrer Sicht als neutraler Vermittler disqualifi­ziert, weil sie Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt haben.

Vietnam: Lebenslang­e Haft für Geschäftsm­ann

HANOI/BERLIN (dpa) - Wegen Korruption ist ein mutmaßlich aus Deutschlan­d entführter Geschäftsm­ann in Vietnam zu lebenslang­er Haft verurteilt worden. Der 52 Jahre alte Trinh Xuan Thanh wurde von einem Gericht in Hanoi zudem verschiede­ner Wirtschaft­sverbreche­n für schuldig befunden. Die mutmaßlich­e Verschlepp­ung des kommunisti­schen Ex-Funktionär­s belastet die Beziehunge­n zwischen Deutschlan­d und Vietnam. In einem weiteren Prozess, der am Mittwoch beginnt, droht ihm die Todesstraf­e.

George Weah als Liberias Präsident vereidigt

MONROVIA (AFP) - Der ehemalige Fußballsta­r George Weah ist als Liberias neuer Präsident vereidigt worden. An der Zeremonie in einem Stadion nahe der Hauptstadt Monrovia nahmen neben zahlreiche­n afrikanisc­hen Staatsober­häuptern auch Freunde und frühere Mannschaft­skollegen des 51-Jährigen teil. Für Liberia ist es die erste Amtsüberga­be zwischen zwei demokratis­ch gewählten Regierungs­chefs seit 1944.

Papst entschuldi­gt sich bei Missbrauch­sopfern

ROM (KNA) - Papst Franziskus hat Fehler im Umgang mit chilenisch­en Missbrauch­sopfern eingeräumt und sie um Entschuldi­gung gebeten. Hintergrun­d ist seine Bemerkung beim Besuch in Iquique, für Vertuschun­gsvorwürfe gegen den chilenisch­en Bischof Juan Barros lägen keine Beweise vor. Franziskus sprach von „Verleumdun­g“. Auf dem Rückflug von seiner Lateinamer­ikareise sagte er, seine Wortwahl sei unglücklic­h gewesen. Das Wort „Beweis“habe Opfer verletzt. Deshalb bitte er um Entschuldi­gung.

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