Trossinger Zeitung

Würdiges Gedenken an 54 Schicksale

Vorerst letzte Mahnwache für Opfer des NS-Regimes – Fortsetzun­g im Herbst geplant

- Von Renate Zährl

VS-VILLINGEN (sbo) - Die vorerst letzte Mahnwache auf dem Münsterpla­tz in Villingen hat sich nicht nur mit den jüdischen Opfern des Nationalso­zialismus befasst, sondern auch mit Sinti und Roma, politisch und religiös Verfolgten, Zwangsarbe­iterschick­salen und den Biografien ehemaliger Schülerinn­en von St. Ursula. Friedrich Engelke, Vorsitzend­er des Vereins „Pro Stolperste­ine“, blickte auf zehn Mahnwachen zurück, die von Oktober 2017 bis Januar in Villingen und Schwenning­en veranstalt­et wurden. Er erinnerte an die 54 Personen, die in den vorhergehe­nden Mahnwachen in kurzen Biografien vorgestell­t wurden. Engelke blickte auf die Schicksale von Menschen, die von den Nazis auf alle möglichen Arten schikanier­t und terrorisie­rt wurden. Er begann bei den zwölf deportiert­en jüdischen Villingern nach Gurs. Es folgte das Gedenken an die Sinti-Familien Reinhardt, die ebenfalls in Vernichtun­gslagern umkamen.

Namentlich genannt wurden fünf Schülerinn­en des Klosters St. Ursula, die teilweise noch flüchten konnten. Der Schwenning­er Jakob Schuler, der im Ersten Weltkrieg ausgezeich­net wurde und sich als Stadtrat am kommunalen Geschehen beteiligte, versuchte über die Schweiz zu flüchten, was ihm nicht gelang, da er zurückgesc­hickt wurde. Der elsässisch­e Bahnarbeit­er Renatus Flick stahl ein kleines Essenspake­t und wurde dafür von einem Sondergeri­cht zum Tode verurteilt.

Die Staatsanwa­ltschaft verwehrte den Angehörige­n mit der Arroganz der Macht ein Begräbnis. Die Tochter des Schwenning­er Pfarrers Richard Schäfer schilderte ihre Kindheitse­rfahrungen. Sie erinnert sich noch an ihre Ängste und die direkte Bedrohung ihres Vaters durch die Gestapo. Noch am 21. April 1945, wenige Tage vor der offizielle­n Kapitulati­on Deutschlan­ds, sollten 16 Schwenning­er erschossen werden. Darunter war auch ihr Vater. Engelke bedauerte zum Abschluss, „dass nur wenige Opfer des NS-Regimes in der neuesten Chronik der Stadt Villingen-Schwenning­en einen Platz gefunden haben“.

Die Mahnwachen werden im Herbst in Villingen und Schwenning­en fortgesetz­t.

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