In fünf Minuten ist alles vorbei
EM-Aus: Die deutschen Handballer brechen beim 27:31 gegen Spanien nach der Pause unerklärlich ein
VARAZDIN (SID) - Bundestrainer Christian Prokop stand nach seinem völlig missglückten Turnier-Debüt fassungslos an der Seitenlinie, seine entthronten Europameister starrten mit leerem Blick auf den Boden: Bei den deutschen Handballern herrschte nach der krachend gescheiterten Mission Titelverteidigung bei der EM in Kroatien großer Frust und tiefe Enttäuschung. Nach dem 27:31 (13:14) in der Neuauflage des EM-Finals von 2016 gegen Spanien heißt es für die Bad Boys: Heimreise statt Halbfinale.
„Es ist schwer, Erklärungen zu finden. Das war nicht würdig, um ins Halbfinale einzuziehen. Wir haben viel zu viele leichte technische Fehler gemacht“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning nach einer in der zweiten Halbzeit phasenweise desolaten Leistung: „Wir haben vom Halbfinale geträumt. Das war die Zielsetzung. Das tut besonders weh.“
Zwei Jahre nach dem goldenen EMWintermärchen in Polen gewann die Auswahl des Deutschen Handballbundes von sechs Spielen nur zwei, wurde Gruppenfünfter und blieb damit deutlich hinter den eigenen Erwartungen zurück. Gegen Spanien war Kai Häfner mit fünf Toren bester Werfer.
„Ich habe ein gutes Bauchgefühl. Deutsche Mannschaften waren immer da, wenn es darauf ankommt“, hatte Teammanager Oliver Roggisch kurz vor dem Finals um das Halbfinale gesagt. In der Anfangsphase bestätigte das DHB-Team die Einschätzung des Weltmeisters von 2007. Die Abwehr stand im Zusammenspiel mit Torhüter Andreas Wolff gut, im Angriff bestätigte Julius Kühn in der Anfangsphase seinen Aufwärtstrend. Der Melsunger sorgte mit seinem dritten Treffer für eine 5:3-Führung (11.).
Gegen die äußerst offensiv agierende spanische Deckung fand der Olympia-Dritte zwar auch danach immer wieder Lösungen, die Chancenverwertung ließ aber zu wünschen übrig. Daher schaffte es das deutsche Team auch nicht, sich weiter abzusetzen.
Spanien fand nun immer öfter seinen bulligen Kreisläufer Julen Aguinagalde – meist das einzige Mittel des Ex-Weltmeisters gegen eine starke deutsche Defensive um Abwehrchef Finn Lemke. Dennoch lag die DHBAuswahl fünf Minuten vor der Pause mit 10:12 zurück. „Wir machen zu wenig aus den Topchancen“, kritisierte Prokop in einer Auszeit.
Besonders der formschwache Kapitän Uwe Gensheimer und der rechte Rückraum mit Kai Häfner und Steffen Weinhold mussten sich diesen Schuh anziehen. Zu Beginn der zweiten Halbzeit brachte Prokop Rune Dahmke für Gensheimer. Der Kieler vergab beim Tempogegenstoß aber die große Chance zum 15:14 (33.).
Die Partie wurde hektischer, das deutsche Spiel immer fehlerhafter. Die Ballverluste häuften sich, beim 15:19 betrug der Rückstand erstmals vier Tore (41.). Prokop reagierte und brachte bei eigenem Angriff den siebten Feldspieler. Der Schuss ging nach hinten los. Nach drei Ballverlusten und drei Treffern der Spanier ins leere deutsche Tor stand es 15:22 (43.). Das deutsche Team hatte in fünf Minuten alles verspielt. Es kämpfte sich zwar noch einmal etwas heran (21:26/52.), doch am Ende herrschte beim Titelverteidiger nur noch Frust. Torschützen: Häfner (5), Reichmann (4), Weber (4), Kühn (4), Groetzki (2), Pekeler (2), Wiencek (2), Kohlbacher (2), Gensheimer (2/1). – Balaguer (6), Duschebajew (5), Sole (5/5), Aguinagalde (4), Gurbindo (4), Entrerrios (4), Sarmiento (2), Arino (1)