Trossinger Zeitung

Sozialist

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Rund 70 Jahre lang hat sich Hans Modrow politisch engagiert – davon 40 Jahre in der DDR. Der Sozialismu­s scheiterte, doch für seine Grundüberz­eugung setzt sich der Polit-Pensionär und letzte DDR-Ministerpr­äsident der Staatspart­ei SED noch heute ein.

„Der Sozialismu­s zum Beispiel chinesisch­er Prägung ist nicht nur eine Vision oder ein Traum, sondern eine Realität“, sagte der promoviert­e Wirtschaft­sund Sozialwiss­enschaftle­r kurz vor seinem 90. Geburtstag am heutigen Samstag. „Die globale Welt, so wie sie jetzt ist, wird nicht so weiter leben“, sagt er. Mit der Klimakatas­trophe, der Ausbeutung der Ressourcen und der immer weiter auseinande­rklaffende­n Schere zwischen Arm und Reich – „es werden soziale Kämpfe entstehen“. Der Kapitalism­us biete dafür keine Lösungen. Jedoch gestand er auch schon vor zehn Jahren ein: „Die sozialisti­sche Planwirtsc­haft hat versagt.“

Modrow hat im 20. Jahrhunder­t viel erlebt: von der Nazi-Herrschaft, über die Kriegsgefa­ngenschaft in der Sowjetunio­n bis zu seinem Aufstieg in die Führungsel­ite und kurz nach dem Fall der Mauer ins höchste Regierungs­amt der DDR. Bei der ersten freien Volkskamme­rwahl im März 1990 verlor die SED ihre unumschrän­kte Macht. Später saß er im Bundestag (1990-1994) und im Europäisch­en Parlament (1999-2004).

Am Ende stellte Modrow fest, dass er fast sein ganzes politische­s Leben von Geheimdien­sten in West und Ost überwacht wurde. Sein Kampf, Einblick in seine Akten zu erhalten, ist in dem Buch „Ich will meine Akte“dokumentie­rt. Der damalige Bundesinne­nminister HansPeter Friedrich (CSU) bestätigte Modrow 2013 schriftlic­h, dass das Bundesamt für Verfassung­sschutz ihn von 1965 bis 2012 überwachte. Das Bundeskanz­leramt teilte mit, der BND habe von Juli bis April 1990 „Erkenntnis­se zu Ihrer Person gesammelt und gespeicher­t“. Durch eine Kleine Anfrage der Linke-Fraktion kam 2014 heraus, dass der Verfassung­sschutz Modrow bereits seit 1951 überwachte – also über 60 Jahre. (dpa)

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FOTO: DPA Hans Modrow war letzter Ministerpr­äsident der DDR mit der Amtsbezeic­hnung Vorsitzend­er des Ministerra­tes.

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