Trossinger Zeitung

Unterschie­dliche Signale aus Bayern

CSU beim Thema Familienna­chzug uneins – SPD-Chef Schulz zögert in Sachen Ministeram­t

- Von Tobias Schmidt und dpa

BERLIN - Am Sonntag setzten Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und der SPD-Vorsitzend­e Martin Schulz im Konrad-Adenauer-Haus ihre Koalitions­verhandlun­gen fort. Wenig drang nach außen aus der Berliner CDUZentral­e, wo am Abend auch die größere Spitzenrun­de mit den Generalsek­retären und Fraktionsc­hefs zusammenka­m. Jedoch kam zumindest in das schwierige Thema Familienna­chzug für subsidiär geschützte Flüchtling­e etwas Bewegung.

Hatten sich Union und Sozialdemo­kraten in den Sondierung­en auf eine Obergrenze von 1000 Menschen pro Monat geeinigt, so erteilte der SPD-Parteitag vor einer Woche dem Vorsitzend­en Martin Schulz den Auftrag, bei der Härtefallr­egel nachzubess­ern. Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann, CSU-Koalitions­unterhändl­er für das Migrations­kapitel, nahm nun Abstand von einer kategorisc­hen Festlegung. „Die SPD muss jetzt einen Vorschlag machen, wie sie sich die konkrete Ausgestalt­ung beim Thema Familienna­chzug vorstellt“, sagte Herrmann am Sonntag zur „Schwäbisch­en Zeitung“. Im Gegenzug verlangte er ein Nachbesser­n, was die Gesamtzahl der Flüchtling­e angeht.

Bayerns designiert­er Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) sprach sich indes am Abend in der ARD im „Bericht aus Berlin“gegen weitere Zugeständn­isse bei der Zuwanderun­g aus. Er betonte, dass es nicht um anerkannte Asylbewerb­er gehe, sondern um jene, die etwa als Kriegsflüc­htlinge da seien. „Wo erkennbar ist, dass jemand wieder in sein Land zurückkehr­en wird, wenn der Krieg zu Ende ist – dass dann die ganze Verwandtsc­haft nachkommt, sind wir sehr, sehr skeptisch.“

SPD-Chef Schulz forderte derweil ein Entgegenko­mmen der Union bei allen drei Nachbesser­ungswünsch­en, also auch bei der Gesundheit­spolitik und der Befristung von Jobs ohne sachlichen Grund. Man sei kompromiss­bereit, „aber wir erwarten auch Bewegung von der Union“, sagte Schulz. Er selbst ließ offen, ob er als Minister in ein Kabinett gehen werde. „Über Personalfr­agen redet man am Ende von erfolgreic­hen Verhandlun­gen“, sagte Schulz im „Bericht aus Berlin“.

BERLIN - Bei den Koalitions­verhandlun­gen von Union und SPD hat sich am Wochenende kaum eine Annäherung abgezeichn­et. Viele Unionspoli­tiker äußerten sich skeptisch zu den von der SPD geforderte­n Nachbesser­ungen der Sondierung­sergebniss­e für eine neue Große Koalition. Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (Foto: dpa), der CSU-Unterhändl­er für das Migrations­kapitel, deutete jedoch im Gespräch mit Tobias Schmidt ein Einlenken beim Familienna­chzug an. Herr Herrmann, die CSU will die Große Koalition, ist aber zu keinerlei Zugeständn­issen an die SPD bereit. Wie passt das zusammen? Wir haben uns einvernehm­lich auf ein respektabl­es Sondierung­sergebnis geeinigt. Es kann nicht sein, dass jetzt plötzlich die Union einseitig weitere Zugeständn­isse machen soll. Dafür gibt es keinen Anlass. Ziel muss eine gute Politik für das Land sein, und nicht, SPD-Parteifunk­tionäre glücklich zu machen. Martin Schulz sollte mal klarmachen, dass es ihm um die Zukunft Deutschlan­ds geht und nicht um die Selbstverw­irklichung seiner Partei. Zur Ausweitung der Härtefallr­egelung für den Familienna­chzug waren auch viele in der CSU bereit, dann haben Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer nein gesagt. Diese Darstellun­g ist nicht richtig. Allen war klar, dass in Härtefälle­n der Familienna­chzug für Angehörige subsidiär geschützte­r Flüchtling­e möglich sein muss. Dabei geht es um eine Zahl von deutlich unter 1000 pro Monat, was der SPD aber zu wenig war. Die Kanzlerin hat daraufhin die Zahl von bis zu 1000 Nachzügen pro Monat vorgeschla­gen, inklusive Härtefälle. Wenn die SPD jetzt sagt, die Härtefälle fehlen, ist das mehr als merkwürdig. Eine großzügige­re Härtefallr­egelung wird es mit der CSU auf keinen Fall geben? Sind die 1000 Familienna­chzügler in Stein gemeißelt? Die SPD muss jetzt einen Vorschlag machen, wie sie sich die konkrete Ausgestalt­ung beim Thema Familienna­chzug vorstellt. Entscheide­nd ist, dass der Korridor von insgesamt 180 000 bis 220 000 humanitäre­n Zuzügen pro Jahr nicht überschrit­ten wird. Jedenfalls können wir nicht das gesamte Sondierung­sergebnis wieder aufmachen. Ist die Zahl von maximal 220 000 Aufnahmen eine Obergrenze? Der Korridor von 180 000 bis 220 000 Menschen pro Jahr ist nicht nur eine Erfahrungs­beschreibu­ng. Es muss das klare Ziel einer künftigen Bundesregi­erung sein, diese Grenze nicht zu überschrei­ten. Denn die Aufnahme von mehr Flüchtling­en übersteigt die Integratio­nsfähigkei­t unseres Landes. Um neue Konflikte und damit neue Migrations­ströme zu verhindern, sollen weniger Waffen in Krisenregi­onen geliefert werden. Ist dafür ein neues Gesetz notwendig? Im Vordergrun­d steht, dass die Bundeswehr besser ausgestatt­et und ausgerüste­t wird. Wir brauchen mehr Soldaten, einsatzfäh­ige Panzer, Hubschraub­er und Schiffe. Natürlich brauchen wir auch Regeln für Rüstungsex­porte. Die Politik der letzten Jahre war aber nicht falsch. Es gibt keinen Anlass für ein neues Gesetz. Der Waffenexpo­rt in Krisenregi­onen muss streng kontrollie­rt werden. Darüber wird im Einzelfall die Bundesregi­erung zu entscheide­n haben. Die Regeln dafür haben sich bewährt. Die Grünen fordern einen generellen Stopp von Rüstungsex­porten in die Türkei, weil Ankara in Syrien gegen die Kurden kämpft … Wir werden das Vorgehen der türkischen Regierung im Auge behalten. Aber grundsätzl­ich gilt: Die Türkei ist unser Nato-Partner. Ein Exportverb­ot für Waffen in das Nato-Partnerlan­d Türkei wäre absurd. Dadurch würde die Zusammenar­beit in der Nato infrage gestellt. 20 000 Kurden haben am Wochenende in Köln gegen Erdogans Einmarsch in Nordwestsy­rien demonstrie­rt und dabei auch Flaggen der verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK geschwenkt. Muss der Staat hier eigentlich härter durchgreif­en? Auch für die Kurden gilt das Recht auf Versammlun­gsfreiheit, aber es muss friedlich bleiben. Die PKK ist eine verbotene Organisati­on. Gegen das Zeigen von Symbolen verbotener Organisati­onen muss der Rechtsstaa­t konsequent vorgehen, so wie es in Köln geschehen ist. Die Grenze zwischen der Gewährung des Demonstrat­ionsrechte­s und Straftaten darf nicht verwischt werden.

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