Im Streit um Landtagswahlrecht steigt Druck auf Reinhart
CDU-Landtagsfraktionschef und CDU-Parteichef Strobl zeigen keine gemeinsame Linie und widersprechen sich
STUTTGART (lsw) - Der grünschwarze Koalitionskrach um eine Reform des Landtagswahlrechts hat in der CDU in Baden-Württemberg eine handfeste Krise ausgelöst. CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl widersprach nun CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart, der das Thema Wahlrecht für erledigt erklärt hatte. Strobl sagte, dass die Arbeitsgruppe unter seiner Leitung und der von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wie geplant gebildet werde. Damit soll die von der CDU ausgelöste Regierungskrise beigelegt werden.
Der Konflikt innerhalb der CDU entzündete sich am Streit um die Wahlrechtsreform, nachdem die Fraktion im Landtag vor einigen Tagen gegen Änderungen gestimmt hatte. Nicht nur beim grünen Regierungspartner war das Entsetzen groß, sondern auch bei der CDU. Immerhin ist die Reform im grünschwarzen Koalitionsvertrag vereinbart. Es geht dabei unter anderem darum, mehr Frauen in den Landtag zu bringen. Der Gegenwind aus den eigenen Reihen wird für CDU-Fraktionschef Reinhart immer heftiger. Demnach werfen mehrere CDU-Politiker der Fraktion den „Bruch des Koalitionsvertrages“sowie ein „hochgradig parteischädigendes Verhalten“vor.
Die Verärgerung sei groß darüber, dass ausgerechnet die CDU-Fraktion die erste echte Regierungskrise in der grün-schwarzen Koalition ausgelöst habe. Hinzu kommt, dass sich die Partei im Aufwind sah und nun nach Meinung vieler in der CDU grundlos und selbstverschuldet in eine Krise gestürzt wird. Die Kritik richtet sich vor allem gegen Reinhart, dem Ambitionen auf das Amt des Ministerpräsidenten nachgesagt werden. Im Südwesten mehren sich Appelle an Strobl, im Ringen mit der CDU-Fraktion im Landtag standhaft zu bleiben. So rief ihn auch die stellvertretende Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Gabriele Frenzer-Wolf, dazu auf, sich für die Reform einzusetzen und warnte vor einem Koalitionsbruch.
Die Wähler haben bei der Landtagswahl eine Stimme. In den 70 Wahlkreisen ist der Kandidat gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereinen kann. Zudem gibt es 50 Zweitmandate, die an die Kandidaten gehen, die zwar ihren Wahlkreis nicht gewonnen haben, aber im Vergleich zu anderen Direktkandidaten ihrer Partei in einem der vier Regierungsbezirke die meisten Stimmen erhalten haben. Die Grünen wollen das Wahlrecht so reformieren, dass die Zweitmandate künftig über eine Liste vergeben werden. Für die Aufreihung der Kandidaten wäre dann die Partei zuständig. Wer am weitesten vorne auf der Liste steht, hätte die besten Chancen für einen Einzug ins Parlament.