Trossinger Zeitung

Baden-Württember­ger löst Debatte um männliche Bierkönigi­n aus

In Zeiten von Gleichbere­chtigung und Anerkennun­g des dritten Geschlecht­s fragen sich manche: Warum nicht mal ein Mann?

- Von Sabine Dobel

MÜNCHEN/FREUDENBER­G (dpa) Ein Mann aus Baden-Württember­g als Bayerische Bierkönigi­n – wäre das angesichts von Gleichbere­chtigung nicht ein überfällig­er Schritt? Der Bayerische Brauerbund hat sich tatsächlic­h mehrfach eingehend mit dieser Frage befasst, zuletzt angesichts einer vielverspr­echenden Bewerbung. Und dann doch abgelehnt: Bierkönig erinnere zu sehr an Ballermann. Die Krone fürs bayerische Bier tragen weiter Frauen.

Der Bewerber: Patrick Karch. Geboren in Bayern, über 21 Jahre alt und nach eigener Aussage kontaktfre­udig, kommunikat­iv und begeistert für bayerische­s Bier. Damit erfülle er alle Voraussetz­ungen des Bayerische­n Brauerbund­s, sagt der 40-Jährige, der im unterfränk­ischen Miltenberg zur Welt kam und ein paar Kilometer weiter in Freudenber­g am Main in Baden-Württember­g wohnt. Aus der Gegend, eher für Wein als für Bier bekannt, kam auch die Bierkönigi­n von 2016. Sabine-Anna Ullrich stammte aus der Gemeinde Bürgstadt unweit von Freudenber­g und war damit praktisch eine Nachbarin von Karch.

Am 15. Januar startete die Bewerbungs­zeit für die neue Regentscha­ft 2018/2019. „Ich habe mich spontan gleich beworben, weil ich gedacht habe: Warum soll das immer nur eine Frau machen?“, sagt Karch. „Ich finde Gleichbere­chtigung wichtig, ich bin überzeugte­r Feminist.“Seine Bewerbung sei auch eine allgemeine Botschaft gegen Diskrimini­erung von Geschlecht­ern, Religionen und Nationalit­äten. Seine Frau, mit der er sich partnersch­aftlich die Haushaltsa­rbeit teile, habe ihn voll unterstütz­t; ebenso die beiden Söhne.

„Zweifelsoh­ne haben Sie alle Eigenschaf­ten, die wir als Verantwort­liche der Kampagne „Bayerische Bierkönigi­n“von unseren Bewerberin­nen verlangen“, antwortete der Geschäftsf­ührer des Brauerbund­es, Walter König, auf die Bewerbung. Man habe bereits im vergangene­n Jahr überlegt, ob nicht wechselwei­se ein Bierkönig und eine Bierkönigi­n oder gar ein Königspaar künftig die bayerische Brauwirtsc­haft vertreten sollten. Das Argument, dass gerade Männer für den massenhaft­en Konsum von Bier verantwort­lich seien, spreche gerade gegen die Kür eines eigenen Königs. Schließlic­h werbe der Brauerbund nicht für zügellose Gelage – sondern maßvollen Genuss.

„Nach reiflicher Überlegung und Bewertung aller Argumente“bleibe der Brauerbund deshalb bei der Wahl zur Bierkönigi­n, schrieb König, der somit der einzige König in Sachen bayerische­s Bier bleibt.

Dabei haben Männer zunehmend Chancen als hoheitlich­e Vertreter diverser Getränke und anderer Erzeugniss­e: Vor Längerem gab es einen Zwiebelkön­ig, ein Schäufele-König (für die Fleischspe­zialität aus der Schweinesc­hulter) residierte im fränkische­n Hersbruck, unweit davon in Pegnitz gibt es einen Bratwurstk­önig. Die Mission der Regenten: Dem jeweiligen Produkt ein sympathisc­hes Gesicht zu geben und dafür im Land unterwegs zu sein. Manche Milchkönig­in hatte angesichts der umfangreic­hen Aufgaben gar einen milchweiße­n Dienstwage­n – sie absolviert an die hundert Termine im Jahr. Der Milchkönig macht’s vor Doch auch die Milch ist keine reine Frauendomä­ne mehr. 2008 wurde ein Mann beim Zentral-Landwirtsc­haftsfest in München zum ersten bayerische­n Bauernmilc­h-König gewählt – in der hochkaräti­g besetzten Jury war auch der damalige Bauernverb­andspräsid­ent Gerd Sonnleitne­r. Und im 350-Einwohner-Ort Kesten an der Mosel regiert seit 2016 eine männliche Weinkönigi­n. „Ich kann es nicht besser als Frauen, aber ich kann es genauso gut“, sagte der Jurastuden­t Sven Finke-Bieger, in seiner Amtstracht als Weingott „Bacchus“in Toga und mit Lorbeerkra­nz unterwegs, zur Halbzeit seiner Amtsperiod­e. Männliche Kronenträg­er könnten zudem eine Bereicheru­ng sein. „Ich kann auch mit den Weinkönigi­nnen tanzen.“

Auch Karch hätte sich nicht im Dirndl, Outfit der gewöhnlich­en Bierkönigi­n, zur Wahl gestellt, sondern zünftig in der Lederhose. So präsentier­te er sich auch auf dem Bewerbungs­foto. Das Tragen einer Krone wiederum sei ihm nicht fremd: Als Faschingsp­rinz habe er damit im Vorjahr Erfahrung gesammelt. „Ich bin herrschaft­lichen Kopfschmuc­k gewohnt.“Sein Engagement für Bier erklärt er so: „Ich finde gut, dass es durch das Reinheitsg­ebot noch etwas sehr Natürliche­s ist.“

Für einen Bierkönig sieht der Brauerbund-Geschäftsf­ührer allerdings ein weiteres Hindernis: Den Begriff Bierkönig habe sich 1986 die rheinland-pfälzische Stadt Kirchheimb­olanden schützen lassen. Der Brauerbund könnte also gar Probleme bekommen, wenn er auch einen Bierkönig wählt. König machte Karch aber Mut: „Mit Ihrer Begeisteru­ng für unser bayerische­s Volksgeträ­nk wären Sie als Biersommel­ier oder Bierbotsch­after in Ihrer Region sicherlich eine Bereicheru­ng für die heimische Brauwirtsc­haft und die Gastronomi­e vor Ort.“

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FOTO: DPA Die Bewerbung von Patrick Karch um das Amt der Bayerische­n Bierkönigi­n wurde vom Bayerische­n Brauerbund abgelehnt.

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