Putin erschafft einen Märtyrer
Fast alle autoritären Systeme leiden am gleichen Problem. Repression verstellt den Blick auf die Stimmung in der Gesellschaft. Das führt in den Herrschaftskreisen zu einem Gefühl der Verunsicherung. Aus dem Gegenüber wird ein Angstgegner, der zur Bedrohung heranwächst. Das muss nicht unbedingt seiner wirklichen Größe entsprechen.
Kremlherausforderer Alexej Nawalny ist längst so ein Angstgegner. Nawalny hat die Opposition monopolisiert. Es gibt nur noch Wladimir Putin und ihn, den mutigen Oppositionellen, auf Russlands politischem Spielbrett. Jede Verhaftung lässt Nawalnys Figur größer werden. Mit jedem Tag in Gewahrsam wächst das Märtyrertum. Das zehrt auch am Image des Präsidenten. Im Vergleich zu seinem Herausforderer schrumpft die Figur des Kremlchefs – egal wie oft er sich mit bloßem Oberkörper der Öffentlichkeit präsentiert. Eins sollte Putin nicht unterschätzen: Russland hat etwas übrig für Helden. politik@schwaebische.de einem „russischen Mugabe“. „Diebe und Gauner“stimmte die Menge immer wieder an, ein Wahlspruch aus der Hochzeit des Protestes gegen Wladimir Putin 2011/2012.
Der Blogger und selbst ernannte Anti-Korruptionskämpfer Nawalny hatte sich lange bemüht, gegen Amtsinhaber Putin antreten zu dürfen. Die Wahlleitung schloss ihn aber wegen einer umstrittenen Bewährungsstrafe in einem Fall von Unterschlagung aus. Ein Wahlsieg Putins gilt ohnehin als sicher. Nawalny argumentiert, es gebe keinen echten Gegenkandidaten.