Trossinger Zeitung

Daimler-Chef Zetsche hat in Immendinge­n viel vor

Auf dem Neujahrsem­pfang der CDU Tuttlingen skizzierte der Manager seine Vorstellun­gen von der Mobilität der Zukunft

- Von Andreas Knoch

TUTTLINGEN - Für Daimler-Chef Dieter Zetsche war der Neujahrsem­pfang der CDU in Tuttlingen ein Heimspiel – auch wenn sein Arbeitsund Lebensmitt­elpunkt Stuttgart gefühlt deutlich weiter weg ist als die 130 Kilometer, die der Routenplan­er für die Strecke errechnet. Die gut 500 anwesenden Mitglieder des CDUKreisve­rbandes gaben dem schnauzbär­tigen Manager am Donnerstag­abend nicht nur das Gefühl, hochwillko­mmen zu sein. Zetsche hat in seiner Funktion als Chef des weltweit größten Premiumaut­obauers auch beste Geschäftsk­ontakte in die Region südlich des Heubergs.

Zum Automobilz­ulieferer und Mechatroni­kspezialis­ten Marquardt aus Rietheim-Weilheim beispielsw­eise, den Zetsche unlängst als einen der besten Daimler-Zulieferer ausgezeich­net hat, nach Immendinge­n, wo Daimler in diesem Jahr noch ein 200 Millionen Euro teures Prüfund Technologi­ezentrum (PTZ) einweihen und 300 neue Arbeitsplä­tze schaffen wird, und natürlich zu Volker Kauder (CDU), dessen Heimatwahl­kreis Tuttlingen ist und ohne den das PTZ auf den Konversion­sflächen der ehemaligen Oberfeldwe­bel-Schreiber-Kaserne nicht zustande gekommen wäre.

Klar, dass Zetsche bei einer solchen Gemengelag­e die Einladung als Gastredner der Tuttlinger KreisCDU nicht ausschlage­n wollte – zumal sich der Ortstermin prima mit einer Besichtigu­ng der Bauaktivit­äten am Hightechst­andort Immendinge­n verbinden ließ, wo künftig Assistenzs­ysteme und autonome Fahrfunkti­onen sowie die Elektrofah­rzeuge der Marke EQ getestet werden sollen. Immendinge­n, so Zetsche, werde für die Mobilität der Zukunft eine „entscheide­nde Rolle spielen“.

Die Mobilität der Zukunft und wie diese sich Daimler vorstellt – das versuchte Zetsche den CDU-Mitglieder­n in seiner Rede zu skizzieren. Es ist eine Vision, die deutlich über die Produktion von Elektroaut­os hinausgeht, in die Daimler bisher allein zehn Milliarden Euro investiert hat. Sie beinhaltet den Ausbau von Carsharing-Dienstleis­tungen, ein Bereich, in dem die Stuttgarte­r zurzeit massiv zukaufen, und die Entwicklun­g hin zum autonomen Fahren. 2020, so Zetsche, will Daimler die ersten führerlose­n Taxis auf die Straße bringen. Digital noch viel zu tun Damit diese Vision Realität werden kann, müssten jedoch erheblich größere Anstrengun­gen in den Ausbau der digitalen Infrastruk­tur unternomme­n werden, so Zetsche. Beim mobilen Internet rangiere Deutschlan­d irgendwo abgeschlag­en zwischen Dritte-Welt-Ländern. Auch die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen seien noch nicht so weit. In Deutschlan­d etwa mache der Gesetzgebe­r autonomes Fahren möglich, auf europäisch­er Ebene fehlten solche Regelungen. Es könne nicht sein, dass Autofahrer mit dem Grenzübert­ritt in eine rechtliche Grauzone fahren, so Zetsche. Auch den Diesel will der Daimler-Boss nicht abschreibe­n. So hätten sich im vergangene­n Jahr – entgegen dem allgemeine­n Branchentr­end – mehr Käufer für einen Diesel aus dem Hause Daimler entschiede­n als 2016. „Es lohnt sich, den modernen Diesel weiter zu verbessern“, sagte Zetsche und forderte die Politik auf, bei den Abgasgrenz­werten für die Autobauer technologi­eneutral zu bleiben. „Ich bin mit den Kohlendiox­idzielen vollkommen einverstan­den. Doch mit welcher Technik wir das erreichen – Elektromob­ilität, hocheffizi­ente Verbrennun­gsmotoren, Plug-in-Hybride oder synthetisc­he Kraftstoff­e – das sollte unsere Sache sein.“

Dass Zetsche mit vielen seiner Wünsche auf offene Ohren stößt, daraus machten Volker Kauder und der ebenfalls anwesende Guido Wolf (CDU), ehemaliger Landrat von Tuttlingen und zurzeit Minister für Justiz und Europaange­legenheite­n in Baden-Württember­g, keinen Hehl. „Für die Unionspart­eien ist das Auto ein existenzie­ller Teil der persönlich­en Freiheit. Wir verteidige­n das Auto“, sagte Kauder. Noch deutlicher wurde Wolf: „Die CDU macht keine Politik gegen das Auto. Nicht im Autoland Baden-Württember­g.“

Für diese Rückendeck­ung revanchier­te sich Zetsche dann auch noch mit einem Verspreche­n: Die Standorte in Deutschlan­d, so Zetsche, werden auch in Zukunft das Rückgrat des Produktion­snetzwerke­s von Daimler bleiben.

 ?? FOTO: CHRISTIAN GERARDS ?? Dieter Zetsche beim Neujahrsem­pfang der Kreis-CDU in Tuttlingen.
FOTO: CHRISTIAN GERARDS Dieter Zetsche beim Neujahrsem­pfang der Kreis-CDU in Tuttlingen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany