Petersens Mondball, Frankfurts Höhenflug
uch beim SC Freiburg, dieser wundersamen Oase im deutschen Fußball, wo das PreisLeistungs-Menschlichkeitsverhältnis noch normal geblieben ist, existiert eine Gehaltsobergrenze für Angestellte. Die liegt jedoch nicht bei rund 15 Millionen Euro wie beim FC Bayern und auch nicht bei 4,5 wie in Leipzig, sondern bei knickrigen 1,5 Millionen, die allerdings nur einer beim SC verdient: Stürmer Nils Petersen. Warum, zeigte der 29-Jährige am Samstag beim 2:2 bei Borussia Dortmund, wo ihm das 1:0 glückte und auch das 2:1, als er nach einem krassen Fehlpass von Nuri Sahin aus dem Augenwinkel zu einem wahnwitzigen 40-Meter-Heber ansetzte, der sich über den entsetzten Torhüter Roman Bürki ins lange Eck senkte. SC-Trainer Christian Streich war nicht im Geringsten überrascht. „Das macht er im Training auch immer, und er schießt nie zehn Meter daneben. Das ist immer knapp.“
Petersen meinte: „Es gab keine Zeit zum Überlegen. Ich habe nur gebetet, dass er reingeht.“Es war bereits sein zehntes Saisontor – und sicher das schönste seiner Karriere. Den Ruf, nur ein guter Joker zu sein, hat Petersen längst abgelegt, glücklich war er dennoch nicht: „Wenn man in der Nachspielzeit den Ausgleich bekommt, ist man nicht zufrieden.“Auch dann nicht, wenn man nach 16 Jahren erstmals wieder beim BVB punktet und seit acht Partien ungeschlagen ist wie der SC. Tatsächlich hätte Freiburg bei einem Sieg fast schon eine Nichtabstiegsparty feiern können. So gelten die Worte, die Petersen über sich selbst fand, auch für die Badener: „Ich bin momentan gut drauf und habe eine gute Phase. Aber im Fußball geht es schnell, da kann es schnell wieder in die andere Richtung gehen.“Oder, wie es Linksverteidiger Christian Günter formulierte: „Wenn wir einen Schritt weniger machen, geht es genau in die andere Richtung.“
Das dürfte auch für Eintracht Frankfurt gelten, der zweiten Mannschaft der Stunde in der Bundesliga, die nach dem 2:0 über Gladbach vom Champions-League-Einzug träumen darf. „Wenn man so zusammenhält, kann man viel erreichen“, sagte Routinier Kevin-Prince Boateng, der wie schon beim Hinspielsieg traf (43.), Manager Fredi Bobic dagegen versuchte, alle Euphorie zu dämpfen: „Wenn wir zu träumen beginnen, werden wir ganz schnell durchgereicht.“Erfolgstrainer Niko Kovac wurde am Sonntag bei der Jahreshauptversammlung von 800 Mitglieder mit donnerndem Applaus, und Sprechhören gefeiert, der 46-Jährige blieb allerdings demütig: „Heute haben wir wieder die Nachricht gehört, dass ein Trainer in der Bundesliga entlassen wurde. Das kann ja irgendwann auch mich treffen“, sagte er bezogen auf den nunmehr Ex-Stuttgarter Hannes Wolf. Doch davon ist der Trainer der Eintracht im Moment ungefähr so weit entfernt wie sein Präsident Peter Fischer, der mit 99 Prozent Zustimmung bestätig wurde, von einer Aufnahme in die AfD. Während der Eintracht-Chef für seinen Kurs gegen die Partei – Fischer möchte keine AfD-Mitglieder in den Verein lassen – gefeiert wurde („Unsere Satzung sagt ganz klar: Wehret den Anfängen!“), feierte Vorstandsmitglied Axel Hellmann die Gegenwart: „Die Eintracht hat 50 000 Mitglieder und mehr als 50 000 Zuschauer im Schnitt. Auch im wirtschaftlichen Bereich haben wir aktuell eine Phase des Wachstums und des Booms, wie sie die Eintracht noch nie erlebt hat.“
Schalke 04 ist weiterhin hoch verschuldet, sportlich geht es unter Trainer Domenico Tedesco aber weiter aufwärts. Nach dem 2:0 bei Tedescos Ex-Verein VfB Stuttgart könnte S04 immerhin in dieser Saison dem Erzrivalen BVB ein Champions-League-Ticket wegschnappen, danach allerdings wird es schwierig. Neben dem ablösefreien Abgang von Leon Goretzka droht auch der ablösefreie Abgang von Jungstar Max Meyer, auch Superdribbler Amine Harit, der das 2:0 per Foulelfmeter schoss, dürfte in dieser Form nicht mehr auf ewig auf Schalke spielen. Ebenso wie der 35jährige Abwehrchef Naldo, der nach seinem Kopfballtor zum 1:0 nun der Rekordbrasilianer der Liga ist. Auf 337 Einsätze kam nicht mal Zé Roberto. Jungspund Harit adelte den Kollegen: „Naldo ist der beste Spieler, mit dem ich je zusammen gespielt habe.“