Trossinger Zeitung

CDU-Machtkampf scheint beigelegt

Streit in der CDU über das Votum zum Landtagswa­hlrecht schwelt aber weiter

- Von Kara Ballarin und Katja Korf

STUTTGART (kab) - Der Machtkampf in der Landes-CDU scheint entschiede­n – zumindest vorerst. Nach einer Telefonkon­ferenz des Parteipräs­idiums berichtete­n Teilnehmer, dass der Führungsan­spruch klar bei Landeschef und Innenminis­ter Thomas Strobl liege. Daran kamen Zweifel auf, seitdem die Landtagsfr­aktion unter Wolfgang Reinhart gegen Strobls Willen Nein zur Wahlrechts­reform gesagt hat.

STUTTGART/BRÜSSEL - Seit vergangene­r Woche tobt in der LandesCDU ein Streit an zwei Fronten. Nach einer Telefonkon­ferenz des Parteipräs­idiums am Montag scheint der Konflikt darüber, wer das Sagen hat, zumindest vorübergeh­end entschiede­n zu sein. Die Verärgerun­g über Landtagsfr­aktionsche­f Wolfgang Reinhart war breit, der Führungsan­spruch liege klar bei Parteichef und Innenminis­ter Thomas Strobl, berichtete­n Teilnehmer. Das Ringen um die Reform des Landtagswa­hlrechts geht indes weiter.

Am Dienstag hatte sich die CDULandtag­sfraktion einmütig gegen eine Reform des Landtagswa­hlrechts ausgesproc­hen und damit den grünen Koalitions­partner sowie die Frauen-Union verärgert. Die Reform ist im grün-schwarzen Koalitions­vertrag festgeschr­ieben. Sie soll unter anderem dazu dienen, mehr Frauen ins Landesparl­ament zu bekommen. Das Votum hat aber eine weitere Ebene. Es gilt als Machtprobe zwischen Strobl und Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart – auch wenn Reinhart noch einmal in einer Mitteilung vom Sonntag betonte, „dass es zu jeder Zeit um die Sache und nicht um Personen ging“. Druck auf Fraktion ist gestiegen Der Druck auf die Fraktion und konkret auch auf Reinhart hat seit dem Votum stetig zugenommen. Bezirksver­bände, Kreisvorsi­tzende und regionale Verbände der Frauen-Union meldeten sich mit deutlich kritischen Stimmen zu Wort.

Strobl hatte explizit davor gewarnt, durch ein Votum die Tür für Verhandlun­gen mit den Grünen zuzuschlag­en. „Wenn ich das Verfahren so wähle, geht das gegen Strobl“, erklärt ein Präsidiums­mitglied nach der Telefonsch­alte. Rainer Wieland, Vorsitzend­er der CDU-Landesgrup­pe im Europäisch­en Parlament und Chef der Senioren-Union, sagt: „Diejenigen, die jetzt sagen, die Entscheidu­ng der CDU-Fraktion habe nur inhaltlich­e Gründe, haben bisher wenig getan, um den Eindruck zu zerstreuen, es habe noch etwas anderes eine Rolle gespielt.“

Für die CDU ist der interne Streit verheerend. Davon berichtete­n etliche Teilnehmer der Telefonkon­ferenz der „Schwäbisch­en Zeitung“, nachdem sie am Wochenende auf Veranstalt­ungen mit Bürgern und Parteimitg­liedern der Basis geredet hatten. Die Kritik richtete sich nicht gegen das Nein zur Wahlrechts­reform, sondern gegen die Art und Weise, wie dieses zustande gekommen ist. Für den bisherigen Eindruck, die CDU mache in der Regierung eine verlässlic­he Arbeit, sei der aktuelle Streit nicht gerade beflügelnd, sagt ein Präsidiums­mitglied.

Claus Paal, Mitglied im erweiterte­n Fraktionsv­orstand sowie im Präsidium, beteuert, dass die Machtfrage nie gestellt worden sei. „Das war vier Stunden überhaupt kein Thema“, sagt er über die Debatte in der Fraktion vor der Abstimmung. Das Vorgehen verteidigt er. „Wir haben es so gemacht, wie es eigentlich richtig ist.“Schließlic­h hätten die Fraktionen von Grünen und CDU bereits seit einem Jahr ohne Ergebnis verhandelt.

Nach der Präsidiums­sitzung heißt es nun, die CDU wolle mit den Grünen weiter über die Wahlrechts­reform reden. Bereits am Donnerstag haben die Koalitions­partner eine Spitzengru­ppe aus Parteien, Fraktionen und Regierung ins Leben gerufen, die sich mit dem Koalitions­vertrag befassen soll. Auch Reinhart habe dem Vernehmen nach am Montag zugestimmt, in diesem Gremium ebenfalls über das Landtagswa­hlrecht zu reden. Eine Rolle rückwärts also? Nicht laut Claus Paal. „Wir haben unsere Meinung“, sagt er über das Votum seiner Fraktion. „Die haben wir getroffen, und die steht fest.“Gespräche dienten lediglich dazu, diese Meinung zu verdeutlic­hen und zu begründen. Vom Nein zur Reform rücke die CDU-Fraktion nicht ab.

„Ich glaube, hier stehen zwei berechtigt­e Belange im Raum“, sagt ExMinister­präsident und EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger. „Zum einen der Koalitions­vertrag. Klar ist: Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalte­n.“Dem gegenüber stehe das freie Mandat des Abgeordnet­en. Es bestehe sicher noch ein vertiefter Abstimmung­sbedarf zwischen CDU-Regierungs­vertretern und der Fraktion. „Diese Debatte wäre vielleicht besser früher gekommen“, so Oettinger. Das Wahlrecht habe sich bewährt, eine Veränderun­g sei nicht zwingend. „Aber wenn die Vertragspa­rtner dies erwarten, ist eben der Vertrag die Vorgabe.“ Führungsst­ärke gefordert Strobls Auftritt am Dienstag in der CDU-Fraktion werde spannend, sagt ein Präsidiums­mitglied. Dafür kehrt Strobl früher aus Brüssel zurück, wo derzeit die Landesregi­erung tagt. Es soll ein gemeinsame­r Auftritt von Strobl und Reinhart werden, wie es nach der Telefonsch­alte heißt. Mancher erwartet dabei von Strobl mehr Führungsst­ärke. Würde er diese stärker leben, käme es zu solchen Vorfällen wie vergangene­n Dienstag nicht, sagen selbst Unterstütz­er.

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FOTO: DPA Es gehe beim Streit ums Landtagswa­hlrecht „zu jeder Zeit um die Sache“, betont CDU-Landtagsfr­aktionsche­f Wolfgang Reinhart (links). Das wird allerdings auch innerhalb der CDU angezweife­lt. Innenminis­ter und CDULandesc­hef Thomas Strobl (rechts) kehrt...

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