Stichtag 6. Februar
Neumitglieder dürfen über Koalitionsvertrag abstimmen – Weiter Streit um Familiennachzug
Dieser Tage werben die Gegner einer Neuauflage der Großen Koalition massiv um neue SPD-Mitglieder. Tausende sind in den vergangenen Tagen eingetreten und werden nun ihr Parteibuch (Foto: dpa) erhalten. Viele von ihnen dürften dann gegen eine Regierungsbeteiligung stimmen. Am Montag setzte der Parteivorstand der Genossen den Neumitgliedern den 6. Februar als Stichtag. Wer bis zu diesem Tag um 18 Uhr in die Mitgliederdatenbank eingetragen ist, darf seine Stimme abgeben. Der Einsendeschluss ist offen, da der Koalitionsvertrag mit der Union noch nicht ausgehandelt ist. Am Montag verhandelten CDU, CSU und SPD weiter – und stritten wie gehabt über das Thema Familiennachzug von Flüchtlingen.
BERLIN - Stichtag 6. Februar, 18 Uhr. Wer bis dahin in die SPD aufgenommen worden ist, kann auch mit abstimmen. Auch die Neumitglieder dürfen mitentscheiden. Ziel sei es, dass alle mit abstimmen könnten, sagt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Montag. Die Parteispitze legt die Regeln für das Mitgliedervotum über die Große Koalition fest. Die SPD-Führung zieht die Reißleine. Mit jedem Tag mehr würden die Chancen für die GroKo-Gegner steigen, so die Befürchtung im WillyBrandt-Haus.
In der vergangenen Woche seien rund 2000 neue Parteibücher ausgegeben worden, heißt es. Die Neuen sollen mit abstimmen dürfen. Allerdings nur, wenn sie bis zum 6. Februar, 18 Uhr, auch offiziell von einem SPD-Ortsverband aufgenommen und in der Mitgliederdatei registriert worden sind. Schon einmal stimmte Basis dafür Per Mitgliedervotum entscheiden die 443 000 Genossen darüber, ob es eine Neuauflage der Großen Koalition geben wird oder nicht. Die Jusos, der SPD-Nachwuchs, und auch Teile der Parteilinken machen mobil gegen ein schwarz-rotes Regierungsbündnis, werben neue SPD-Mitglieder, die mit Nein stimmen und den Ausschlag bei der Entscheidung geben sollen. Bereits 2013 hatte es ein Votum der Basis über die Beteiligung an einer Großen Koalition gegeben. Damals hatten sich 78 Prozent der Mitglieder beteiligt. Am Ende stimmten 76 Prozent für SchwarzRot und eine Regierungsbeteiligung. Diesmal rechnet die Parteispitze mit einem knappen Ausgang. In Regionalkonferenzen will die Parteiführung noch Überzeugungsarbeit leisten und für ein Ja der Basis werben.
Ende der Woche soll der Koalitionsvertrag von Union und SPD stehen. Beide Seiten machen Tempo, wollen möglichst schnell abschließen, damit den GroKo-Gegnern weniger Zeit für ihre Kampagne bleibt. Doch plötzlich knirscht es in den Koalitionsverhandlungen: In der Nacht zum Montag waren die Beratungen ins Stocken geraten. Beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge waren die Fronten plötzlich verhärtet. Stilstand und Streit in den nächtlichen Verhandlungen. „Es quietscht“, hieß es bei der SPD. Die Sozialdemokraten drängen auf eine umfassendere Härtefallregelung beim Familiennachzug. Die Union pocht dagegen auf Einhaltung der Sondierungsbeschlüsse. Die Nachtsitzung endete ohne Ergebnisse. Unterdessen sind beide Seiten um eine rasche Einigung bemüht. So soll der in den Sondierungen vereinbarte Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz von bis zu 1000 Angehörigen pro Monat um eine zusätzliche Härtefallregelung erweitert werden. Am Donnerstag soll im Bundestag zunächst die weitere Aussetzung des Familiennachzuges bis zum 31. Juli beschlossen werden. Auch um die zeitliche Befristung hatte es zuletzt Streit zwischen SPD und CSU gegeben.
Vor allem die CSU pocht darauf, dass es bei der vereinbarten Begrenzung der jährlichen Zahl der Flüchtlinge von 180 000 bis 220 000 bleibt und diese nicht durch den Familiennachzug überschritten wird. Eine Regelung, die mehr Zuwanderung bedeute, werde es mit der CSU nicht geben, hatte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in der Runde der Unterhändler von Union und SPD deutlich gemacht. „Mit einer Regelung, die ein Mehr an Zuwanderung bedeutet, verlasse ich den Raum nicht“, habe Dobrindt laut Teilnehmerangaben erklärt. Einer Aushöhlung des Sondierungsergebnisses werde die CSU nicht zustimmen. Ähnlich äußerte sich CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer: „Klar ist, dass eine zusätzliche Ausweitung der Zuwanderung mit uns nicht geht“, sagte er. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles sagt am Montagabend, bis Dienstagabend müsse es eine Grundverständigung geben, wie es auf Dauer mit dem Familiennachzug weitergehe.
Auch bei den Streitpunkten Bürgerversicherung und Befristung von Arbeitsverhältnissen gibt es bisher keine Kompromisse in den Verhandlungen. „In zentralen Punkten gibt es noch keine Einigung“, so SPD-Generalsekretär Klingbeil.