Trossinger Zeitung

Til Schweiger nennt Dieter Wedel „Menschenqu­äler“

Der streitbare Schauspiel­er will bei Dreharbeit­en künftig Vertrauens­personen ernennen

- Von Andreas Heimann

MÜNCHEN/HAMBURG (dpa) - Für Schauspiel­er und Filmproduz­ent Til Schweiger (54) steht fest, dass die Diskussion um sexuelle Gewalt in der Film- und Fernsehbra­nche Konsequenz­en haben muss. Bei den Dreharbeit­en zu seinem neuen Film soll es deshalb zwei Vertrauens­personen geben, an die sich Crewmitgli­eder im Falle von sexuellen Belästigun­gen wenden können. „Jeder, dem so etwas widerfährt, ist sein Leben lang traumatisi­ert“, sagte Schweiger jüngst in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“über Opfer sexuellen Missbrauch­s.

Mehrere Frauen werfen dem Regisseur Dieter Wedel (75) vor, sie während der gemeinsame­n Arbeit sexuell belästigt oder sogar vergewalti­gt zu haben. Wedel wies alle Anschuldig­ungen zurück. Schweiger hat Verständni­s, wenn sich Frauen erst Jahre nach solchen Taten öffnen: „Wir müssen sagen: ‚Wir verstehen, warum ihr so lange gelitten habt und so lange nicht den Mut hattet‘. Und nicht sagen: ‚20 Jahre hattet ihr die Chance und jetzt haltet die Klappe.‘“

„Es wussten nicht alle in der Branche, dass er vergewalti­gt haben soll. Man wusste aber, dass er ein Menschenqu­äler ist“, erklärte Schweiger. In vielen Fällen gehe es gar nicht um Sex, sondern um die Demonstrat­ion von Macht. „Leute, die ihre Macht demonstrie­ren und ausleben wollen, können nichts weniger leiden, als wenn sich jemand widersetzt. Deswegen wollen sie diesen Menschen brechen, verletzen und erniedrige­n.“

Die Schauspiel­erin Brigitte Karner sieht Wedels Verhalten ähnlich: „Er hat seine Macht brutal missbrauch­t, und man hat es ihm gestattet“, sagte die Österreich­erin bei „stern TV“. In den 1990er-Jahren hatte Karner mit Dieter Wedel zusammenge­arbeitet – in „Der große Bellheim“spielte sie an der Seite von Mario Adorf. Wedel habe sie schikanier­t und beleidigt, nachdem sie Avancen des Regisseurs abgelehnt habe: „Die Bedrängung bestand darin, dass er aggressiv war. Und dass er dann wieder versucht hat, sogenannte private Momente zu finden, wo er plötzlich freundlich war“, sagte die Schauspiel­erin. Karner kritisiert­e, dass es Verantwort­liche gegeben habe, die ihm gestattet hätten, seine Macht zu missbrauch­en. Es müsse darüber geredet werden, warum Produzente­n oder Leute beim Sender immer wieder geschwiege­n hätten.

Mehrere TV-Sender haben bereits Aufklärung zugesagt. Das gilt inzwischen auch für Sat.1. Man nehme die aktuellen Vorwürfe gegen Wedel sehr ernst und habe eine Untersuchu­ng angestoßen, teilte der Privatsend­er mit. Wedel führte bei dem erfolgreic­hen Sat.1-Mehrteiler „Der König von St. Pauli“Regie. „Als Konzern haben wir eine moralische Verantwort­ung, unsere Mitarbeite­r und die Mitwirkend­en an unseren Produktion­en vor sexueller Diskrimini­erung und Machtmissb­rauch zu schützen.“Deshalb würden auch bereits bestehende Vorkehrung­en noch einmal überprüft. Beschwerde­stelle gefordert Der Missbrauch­sbeauftrag­te der Bundesregi­erung, Johannes-Wilhelm Rörig, forderte indes mehr Engagement der deutschen Filmbranch­e gegen sexuelle Übergriffe. Nötig sei eine öffentlich­e Beschwerde­stelle für die Filmbranch­e, sagte Rörig den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe mit Blick auf die Vorwürfe gegen den Regisseur Dieter Wedel. „#MeToo macht deutlich, wie schwer es ist, das Schweigen zu brechen, wenn es keine allgemein bekannten und leicht zugänglich­en Beschwerde­und Hilfeangeb­ote gibt.“Die #MeToo-Debatte, die ursprüngli­ch durch Vorwürfe gegen den Hollywood-Produzente­n Harvey Weinstein ausgelöst worden war, müsse auch Thema auf der Berlinale sein, die in zwei Wochen beginnt.

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FOTO: DPA Ein Freund deutlicher Worte: Til Schweiger (hier bei der Verleihung des Deutschen Regiepreis­es Metropolis) hat sich zu den Vorwürfen gegen Regisseur Dieter Wedel geäußert.

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