Strafe gegen Check24
Vergleichsportal verstößt gegen Informationspflicht
RAVENSBURG (ank) - Das Landgericht München hat gegen das Vergleichsportal Check24 ein Ordnungsgeld von 15 000 Euro festgesetzt. Vorausgegangen war ein Antrag auf Vollstreckung eines Urteils vom April 2017, das der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) gegen Check24 erstritten hatte. Damals hatten Richter des Oberlandesgerichts (OLG) München Check24 letztinstanzlich dazu verdonnert, seine Kunden vor dem Onlineabschluss einer Versicherung besser zu informieren. Seitdem muss Check24 seinen Kunden vor Vertragsabschluss ausdrücklich mitteilen, dass das Unternehmen als Makler agiert. Nach Auffassung des Landgerichts hat Check24 gegen das OLG-Urteil verstoßen.
Inzwischen untersucht auch das Bundeskartellamt Vergleichsportale wie Check24 auf mögliche Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften.
RAVENSBURG - Der seit rund drei Jahren währende Streit zwischen dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) und dem Onlinevergleichsportal Check24 ist um eine weitere Episode reicher: Das Landgericht München hat Check24 nun zu einem Ordnungsgeld von 15 000 Euro verdonnert, weil das Onlinevergleichsportal aus Sicht der Richter ein Urteil des Oberlandesgerichts München (OLG) vom April 2017 noch immer nicht umgesetzt hat. Der entsprechende Beschluss, der beiden Parteien Anfang Februar zugestellt worden ist, liegt der „Schwäbischen Zeitung“exklusiv vor.
Stein des Anstoßes ist der Zeitpunkt, zu dem Check24 seine Kunden darüber aufklären muss, dass das Unternehmen als Versicherungsmakler agiert. Nach Meinung des BVK gibt sich Check24 auf seinem Onlineportal gegenüber den Kunden nach wie vor nicht klar genug als Makler zu erkennen, der für seine Vermittlungsarbeit Provisionen kassiert. „Wir pochen auf eine vollständige Gleichbehandlung von Online- und OfflineVermittlern“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Während stationäre Versicherungsmakler jedem Kunden zuerst ihre Visitenkarte überreichten und ihn auf ihre Vermittlertätigkeit hinweisen müssten, finde sich diese Information bei Check24 viel zu spät und zudem auch noch versteckt.
Diese sogenannte Erstinformation, in der unter anderem steht, dass Check24 als Versicherungsmakler tätig ist, hat das Unternehmen zwar inzwischen auf seiner ersten Dialogseite platziert. Als separates Dokument, wie es laut Versicherungsvermittlungsvertrag vorgeschrieben ist, wird es Kunden aber erst zur Verfügung gestellt, wenn diese sich für einen der im Vergleichsergebnis aufgelisteten Versicherer entschieden und ein Angebot eingeholt haben. Zu spät, argumentiert der BVK. Zu spät, urteilte auch das OLG München. Das Gericht ordnete damals an, dass Check24 diese Information schon vor dem Vergleichsergebnis zur Verfügung stellen muss. Nachgekommen ist dem Check24 aber bis dato nicht.
„Wir bewerten aktuell mögliche Varianten der Umsetzung, denn es kommt auf technische Feinheiten an, die alles andere als banal sind“, sagt Christoph Röttele, Geschäftsführer von Check24 im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Check24 spielt auf Zeit. Das ärgert uns, weil dadurch die aus unserer Sicht systematische Fehlberatung zu Lasten vieler Verbraucher länger andauert als es nötig wäre“, kontert Heinz, der dem Konkurrenten vorwirft, bewusst unter falscher Flagge zu segeln: „Das Unternehmen tritt nach außen hin als vermeintlich neutrales Vergleichsportal auf. Doch in Wahrheit ist Check24 kein Vergleichsportal, sondern eine reine Verkaufsmaschine.“ Immense Marktmacht Was Verbraucher wissen müssen: Vergleichsportale finanzieren sich über Vermittlungsprovisionen und Werbung. Das heißt, wer als Stromanbieter oder Versicherer mit seinen Tarifen auf dem Portal erscheinen möchte, muss bei einem Abschluss Geld bezahlen. Weil sich Check24 inzwischen zu einem mächtigen Spieler auf dem Markt gemausert hat, liegen die Provisionssätze, die an Check24 zu zahlen sind, mitunter deutlich höher als die Sätze für Makler aus Fleisch und Blut. Einige Versicherer wie etwa die Huk Coburg verzichten deshalb auf eine Zusammenarbeit. Informationen aus der Branche zufolge bekommt das Vergleichsportal für den Abschluss einer Kfz-Versicherung bis zu 100 Euro Provision, bei Stromtarifen etwa die Hälfte. Ein stationärer Makler bekommt beim Abschluss einer KfzVersicherung etwa 40 Euro – Beratung und Service im Schadensfall inklusive.
Das ist es auch, was die rund 12 500 im BVK organisierten Versicherungsvertreter Check24 absprechen: eine dem Verbraucherschutz angemessene Beratung beim Abschluss von Versicherungspolicen wie es Makler tun müssen. „Über ein Multiple-Choice-Verfahren – wie es bei Check24 üblich ist – die Kundendaten abzufragen, ist bei einfach strukturierten Versicherungsprodukten wie einer Hausratpolice schon problematisch. Bei einer Berufsunfähigkeitspolice, mit der sie elementare Lebensrisiken absichern, kann der Schaden für den Kunden immens sein. Wenn sie eine solche Police falsch abschließen und niemand diesen Fehler bemerkt geschweige denn korrigiert, können sie im Leistungsfall in existenzbedrohende Situation kommen, die ein ganzes Leben auf den Kopf stellen können“, sagt BVK-Präsident Heinz.
Verbraucherschützer hatten in der Vergangenheit wiederholt auf Schwächen von Vergleichsportalen hingewiesen. Im Frühjahr 2017 kam der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) nach zwei Studien zu dem Ergebnis: „Verbraucher können keinesfalls sicher sein, dass sie in der Standardsortierung an erster Stelle das beste Ergebnis erhalten.“Oftmals sei nicht einmal sichergestellt, dass die Verbraucher überhaupt für sie passende Produkte erhielten. Informieren allein reicht nicht Für Peter Grieble, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist das des Pudels Kern: Onlineportale, die den Status als Versicherungsmakler haben, stehen laut Gesetz auf der Seite des Versicherungsnehmers. Sie müssen deren spezifische Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigen – und das lässt sich oft eben nur im direkten Gespräch durch Hinterfragen ermitteln. Ein Beispiel: die Marderbissklausel in Kfz-Versicherungen. Wer einfach „Ja“klicke, wisse noch nicht, ob damit nur die Reparatur des angebissenen Schlauches abgedeckt sei oder auch die Folgeschäden eines Bisses. Bei den Folgeschäden wiederum gilt es zu beachten, bis zu welcher Höhe sie übernommen werden, sagt Grieble. „Als Makler muss ich beraten, informieren allein reicht nicht. Wie die Onlineportale das schaffen, ist die entscheidende Frage.“
Inzwischen untersucht auch das Bundeskartellamt Vergleichsportale wie Check24 auf mögliche Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften. „Wir müssen sicherstellen, dass sich Verbraucher auf die Zuverlässigkeit, die Objektivität und die Transparenz der Portale verlassen können“, begründete Kartellamtschef Andreas Mundt Ende Oktober 2017 die eingeleitete Sektoruntersuchung.
„Wir pochen auf eine Gleichbehandlung von Online- und Offline-Vermittlern.“Michael H. Heinz, BVK-Präsident