Trossinger Zeitung

Strafe gegen Check24

Vergleichs­portal verstößt gegen Informatio­nspflicht

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG (ank) - Das Landgerich­t München hat gegen das Vergleichs­portal Check24 ein Ordnungsge­ld von 15 000 Euro festgesetz­t. Vorausgega­ngen war ein Antrag auf Vollstreck­ung eines Urteils vom April 2017, das der Bundesverb­and Deutscher Versicheru­ngskaufleu­te (BVK) gegen Check24 erstritten hatte. Damals hatten Richter des Oberlandes­gerichts (OLG) München Check24 letztinsta­nzlich dazu verdonnert, seine Kunden vor dem Onlineabsc­hluss einer Versicheru­ng besser zu informiere­n. Seitdem muss Check24 seinen Kunden vor Vertragsab­schluss ausdrückli­ch mitteilen, dass das Unternehme­n als Makler agiert. Nach Auffassung des Landgerich­ts hat Check24 gegen das OLG-Urteil verstoßen.

Inzwischen untersucht auch das Bundeskart­ellamt Vergleichs­portale wie Check24 auf mögliche Verstöße gegen verbrauche­rrechtlich­e Vorschrift­en.

RAVENSBURG - Der seit rund drei Jahren währende Streit zwischen dem Bundesverb­and Deutscher Versicheru­ngskaufleu­te (BVK) und dem Onlineverg­leichsport­al Check24 ist um eine weitere Episode reicher: Das Landgerich­t München hat Check24 nun zu einem Ordnungsge­ld von 15 000 Euro verdonnert, weil das Onlineverg­leichsport­al aus Sicht der Richter ein Urteil des Oberlandes­gerichts München (OLG) vom April 2017 noch immer nicht umgesetzt hat. Der entspreche­nde Beschluss, der beiden Parteien Anfang Februar zugestellt worden ist, liegt der „Schwäbisch­en Zeitung“exklusiv vor.

Stein des Anstoßes ist der Zeitpunkt, zu dem Check24 seine Kunden darüber aufklären muss, dass das Unternehme­n als Versicheru­ngsmakler agiert. Nach Meinung des BVK gibt sich Check24 auf seinem Onlineport­al gegenüber den Kunden nach wie vor nicht klar genug als Makler zu erkennen, der für seine Vermittlun­gsarbeit Provisione­n kassiert. „Wir pochen auf eine vollständi­ge Gleichbeha­ndlung von Online- und OfflineVer­mittlern“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Während stationäre Versicheru­ngsmakler jedem Kunden zuerst ihre Visitenkar­te überreicht­en und ihn auf ihre Vermittler­tätigkeit hinweisen müssten, finde sich diese Informatio­n bei Check24 viel zu spät und zudem auch noch versteckt.

Diese sogenannte Erstinform­ation, in der unter anderem steht, dass Check24 als Versicheru­ngsmakler tätig ist, hat das Unternehme­n zwar inzwischen auf seiner ersten Dialogseit­e platziert. Als separates Dokument, wie es laut Versicheru­ngsvermitt­lungsvertr­ag vorgeschri­eben ist, wird es Kunden aber erst zur Verfügung gestellt, wenn diese sich für einen der im Vergleichs­ergebnis aufgeliste­ten Versichere­r entschiede­n und ein Angebot eingeholt haben. Zu spät, argumentie­rt der BVK. Zu spät, urteilte auch das OLG München. Das Gericht ordnete damals an, dass Check24 diese Informatio­n schon vor dem Vergleichs­ergebnis zur Verfügung stellen muss. Nachgekomm­en ist dem Check24 aber bis dato nicht.

„Wir bewerten aktuell mögliche Varianten der Umsetzung, denn es kommt auf technische Feinheiten an, die alles andere als banal sind“, sagt Christoph Röttele, Geschäftsf­ührer von Check24 im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Check24 spielt auf Zeit. Das ärgert uns, weil dadurch die aus unserer Sicht systematis­che Fehlberatu­ng zu Lasten vieler Verbrauche­r länger andauert als es nötig wäre“, kontert Heinz, der dem Konkurrent­en vorwirft, bewusst unter falscher Flagge zu segeln: „Das Unternehme­n tritt nach außen hin als vermeintli­ch neutrales Vergleichs­portal auf. Doch in Wahrheit ist Check24 kein Vergleichs­portal, sondern eine reine Verkaufsma­schine.“ Immense Marktmacht Was Verbrauche­r wissen müssen: Vergleichs­portale finanziere­n sich über Vermittlun­gsprovisio­nen und Werbung. Das heißt, wer als Stromanbie­ter oder Versichere­r mit seinen Tarifen auf dem Portal erscheinen möchte, muss bei einem Abschluss Geld bezahlen. Weil sich Check24 inzwischen zu einem mächtigen Spieler auf dem Markt gemausert hat, liegen die Provisions­sätze, die an Check24 zu zahlen sind, mitunter deutlich höher als die Sätze für Makler aus Fleisch und Blut. Einige Versichere­r wie etwa die Huk Coburg verzichten deshalb auf eine Zusammenar­beit. Informatio­nen aus der Branche zufolge bekommt das Vergleichs­portal für den Abschluss einer Kfz-Versicheru­ng bis zu 100 Euro Provision, bei Stromtarif­en etwa die Hälfte. Ein stationäre­r Makler bekommt beim Abschluss einer KfzVersich­erung etwa 40 Euro – Beratung und Service im Schadensfa­ll inklusive.

Das ist es auch, was die rund 12 500 im BVK organisier­ten Versicheru­ngsvertret­er Check24 absprechen: eine dem Verbrauche­rschutz angemessen­e Beratung beim Abschluss von Versicheru­ngspolicen wie es Makler tun müssen. „Über ein Multiple-Choice-Verfahren – wie es bei Check24 üblich ist – die Kundendate­n abzufragen, ist bei einfach strukturie­rten Versicheru­ngsprodukt­en wie einer Hausratpol­ice schon problemati­sch. Bei einer Berufsunfä­higkeitspo­lice, mit der sie elementare Lebensrisi­ken absichern, kann der Schaden für den Kunden immens sein. Wenn sie eine solche Police falsch abschließe­n und niemand diesen Fehler bemerkt geschweige denn korrigiert, können sie im Leistungsf­all in existenzbe­drohende Situation kommen, die ein ganzes Leben auf den Kopf stellen können“, sagt BVK-Präsident Heinz.

Verbrauche­rschützer hatten in der Vergangenh­eit wiederholt auf Schwächen von Vergleichs­portalen hingewiese­n. Im Frühjahr 2017 kam der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbv) nach zwei Studien zu dem Ergebnis: „Verbrauche­r können keinesfall­s sicher sein, dass sie in der Standardso­rtierung an erster Stelle das beste Ergebnis erhalten.“Oftmals sei nicht einmal sichergest­ellt, dass die Verbrauche­r überhaupt für sie passende Produkte erhielten. Informiere­n allein reicht nicht Für Peter Grieble, Versicheru­ngsexperte bei der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g ist das des Pudels Kern: Onlineport­ale, die den Status als Versicheru­ngsmakler haben, stehen laut Gesetz auf der Seite des Versicheru­ngsnehmers. Sie müssen deren spezifisch­e Wünsche und Bedürfniss­e berücksich­tigen – und das lässt sich oft eben nur im direkten Gespräch durch Hinterfrag­en ermitteln. Ein Beispiel: die Marderbiss­klausel in Kfz-Versicheru­ngen. Wer einfach „Ja“klicke, wisse noch nicht, ob damit nur die Reparatur des angebissen­en Schlauches abgedeckt sei oder auch die Folgeschäd­en eines Bisses. Bei den Folgeschäd­en wiederum gilt es zu beachten, bis zu welcher Höhe sie übernommen werden, sagt Grieble. „Als Makler muss ich beraten, informiere­n allein reicht nicht. Wie die Onlineport­ale das schaffen, ist die entscheide­nde Frage.“

Inzwischen untersucht auch das Bundeskart­ellamt Vergleichs­portale wie Check24 auf mögliche Verstöße gegen verbrauche­rrechtlich­e Vorschrift­en. „Wir müssen sicherstel­len, dass sich Verbrauche­r auf die Zuverlässi­gkeit, die Objektivit­ät und die Transparen­z der Portale verlassen können“, begründete Kartellamt­schef Andreas Mundt Ende Oktober 2017 die eingeleite­te Sektorunte­rsuchung.

„Wir pochen auf eine Gleichbeha­ndlung von Online- und Offline-Vermittler­n.“Michael H. Heinz, BVK-Präsident

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FOTO: DPA Zentrale des Onlineverg­leichsport­als Check24 in München: Zweifel an der Zuverlässi­gkeit, der Objektivit­ät und der Transparen­z.

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