Trossinger Zeitung

Die Schlüsselr­essorts gehen an die SPD

Mehr Frauen sollen ins Kabinett – Gabriel und de Maizière sind raus

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Wird er Minister und Vizekanzle­r – oder nicht? Die Frage nach Martin Schulz’ (SPD) Zukunft war während der Koalitions­verhandlun­gen die Jokerfrage in Berlin. Er werde niemals Minister unter Angela Merkel (CDU), hatte Schulz direkt nach der Bundestags­wahl versproche­n. Das wurde ihm in den vergangene­n Wochen oft vorgehalte­n. Denn es wäre nach der Aussage, dass die SPD nicht in eine GroKo gehe, das zweite Mal, dass Schulz wortbrüchi­g wird.

Hinzu kommt: Sigmar Gabriel (SPD), einst Freund und Vertrauter von Martin Schulz, ist nun wohl beides nicht mehr. Gabriel war, wie fast alle Außenminis­ter vor ihm auch, mit der beliebtest­e Politiker in Deutschlan­d, das macht seine Absetzung schwierig. 71 Prozent der SPDAnhänge­r wollten in Umfragen ihn als Außenminis­ter, nur zehn Prozent wünschten, dass Schulz Chef des Auswärtige­n Amtes wird.

Die Ressortver­teilung, also welche Partei welche Ministerie­n besetzt, ist im Koalitions­vertrag festgehalt­en, die Personalie­n sind es nicht. Doch sicher ist: Für das wohl wichtigste Ressort Finanzen kommt Hamburgs Bürgermeis­ter Olaf Scholz (SPD). Er hat schon lange bei Finanzfrag­en zwischen Bund und Ländern verhandelt. „Ein sehr kundiger und sachbetont­er Mensch“, lobt Mittelstan­dspolitike­r Hans-Michelbach (CSU). Kernterrit­orium verteidigt Arbeit und Soziales, das traditione­ll von der SPD geführte Ministeriu­m, wurde auch von Horst Seehofer (CSU) angestrebt. In einer JamaikaKoa­lition hätte er dazu Chancen gehabt. Doch die SPD hat ihr Kernterrit­orium erfolgreic­h verteidigt und will es dem Vernehmen nach mit der Politikeri­n Eva Högl besetzen.

Dafür kommt Seehofer nun als Innenminis­ter und Heimatmini­ster nach Berlin. Freund und Feind attestiere­n, dass die CSU in Bayern zwar immer wieder gegen Merkels Flüchtling­spolitik protestier­t hat, gleichzeit­ig aber eine ausgezeich­nete Integratio­nspolitik macht.

Thomas de Maizière (CDU) war als Innenminis­ter während der Flüchtling­skrise sehr gefordert, nicht immer hat er sein Amt überzeugen­d ausgeübt. „Ein Ministeram­t ist immer ein Amt auf Zeit“, bestätigt er seinen Rückzug. „Ich bin sehr stolz und sehr dankbar, dass ich in drei schwierige­n Ressorts diesem Land dienen durfte.“De Maizière, der früher Kanzleramt­sminister, Verteidigu­ngsministe­r und Innenminis­ter war, sagt, er freue sich jetzt, dass eine neue, stabile Regierung zustande kommt.

Ein CDU-Wirtschaft­sminister aus dem Bilderbuch könnte Peter Altmaier werden. Der schwergewi­chtige Kanzleramt­sminister gilt als klug, verbindlic­h und erfahren im Strippenzi­ehen. Große Ausstrahlu­ng wird CDU-Vize Julia Klöckner zugeschrie­ben. Die Merkel-Vertraute und rheinland-pfälzische CDU-Chefin soll Landwirtsc­haftsminis­terin werden. Favoritin Widmann-Mauz Als Gesundheit­sministeri­n zählt Annette Widmann-Mauz aus BadenWürtt­emberg zu den Favoriten. Die Vorsitzend­e der Frauen-Union und Abgeordnet­e aus Tübingen war bisher schon Staatssekr­etärin im Gesundheit­sministeri­um und bringt große Sachkenntn­is mit. Zudem will Merkel auch die Hälfte der Kabinettsp­osten mit Frauen besetzen.

Schwierig wird der Abschied für Gerd Müller. Er hat im Entwicklun­gsminister­ium eine gute Figur abgegeben und mit viel Leidenscha­ft für eine neue Entwicklun­gspolitik geworben. Doch mindestens einer der drei CSU-Ministerpo­sten müsste mit einer Frau besetzt sein, wenn Merkel ihr Verspreche­n, die Hälfte des Kabinetts mit Frauen zu besetzen, halten will. Hier ist die 39-jährige Dorothee Bär als Ministerin ebenso im Gespräch wie die bayerische Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner. Bär war bereits als Staatssekr­etärin im Verkehrsmi­nisterium und gilt als Expertin und Tempomache­rin in Sachen digitaler Ausbau. Von der Leyen bleibt wohl Der jetzige Gesundheit­sminister Hermann Gröhe (CDU) könnte dafür Bildungsmi­nister werden. Für das Verkehrsmi­nisterium ist wohl der CSU-Politiker Andreas Scheuer vorgesehen. Voraussich­tlich im Kabinett zuständig bleiben Katharina Barley (SPD) für Familien, Heiko Maas (SPD) für Justiz, Barbara Hendricks (SPD) für die Umwelt und Ursula von der Leyen (CDU) für Verteidigu­ng.

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Im Gespräch sind auch Annette Widmann-Mauz und Dorothee Bär. Hermann Gröhe bleibt wohl.
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Sigmar Gabriel ist raus, neu dazu kommen Horst Seehofer und – wohl – Julia Klöckner.
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FOTOS: DPA (2), AFP
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FOTO: OH, DPA (2)
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