Forscher: Wichtige Entscheidungen nicht bei Schlafmangel
BERLIN (AFP) - Rund 24 Stunden haben Union und SPD zuletzt um den Koalitionsvertrag gerungen. Der Schlafforscher Thomas Penzel warnt: „Es ist auf keinen Fall zu empfehlen, bei Schlafentzug wichtige Entscheidungen zu treffen.“Der wissenschaftliche Leiter des interdisziplinären schlafmedizinischen Zentrums der Berliner Charité weiß: „Wenn man über mehrere Tage zu wenig schläft, holt sich der Körper den Schlaf einfach.“Politiker dürften daher den gleichen Sekundenschlaf wie Autofahrer erleben. „Das heißt: Sie kriegen mitunter manche Nebensätze gar nicht mit.“Die Politiker würden mit offenen Augen abschalten.
Der Mediziner warnt zudem: „Bei Schlafentzug sind die Emotionen weniger kontrolliert.“Manche Menschen würden „aggressiver und sprunghafter, andere werden eher lethargisch und machen nichts mehr“. Für die gescheiterten Sondierungen zur Bildung einer JamaikaKoalition aus Union, FDP und Grünen macht Penzel daher auch den fehlenden Schlaf der Sondierer mitverantwortlich. „Ob man kompromissbereiter wird, hängt von der Persönlichkeit ab. Das hat man ja bei Jamaika gesehen – viele sagen in dem Zustand: Jetzt ist Schluss“, sagt der Mediziner. „Je mehr Schlafentzug, desto schlechter die Konzentrationsfähigkeit.“Genau diesen Zusammenhang gebe es bei Alkoholkonsum auch. Auch sei es ein Irrglaube, dass Menschen sich an wenig Schlaf gewöhnen könnten; auch nicht Politiker, die regelmäßig wenig schlafen. Zwar gebe es „begnadete Kurzschläfer“, die meisten bräuchten aber etwa siebeneinhalb Schlaf pro Nacht.